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Verführerische Unschuld

Verführerische Unschuld

Titel: Verführerische Unschuld
Autoren: Cathleen Galitz
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denn, sie hätte in einem Kloster gelebt. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine so schöne Frau mit zwanzig noch Jungfrau war, war ebenso groß wie die, dass er schon morgen auf eine Ölquelle stieß und damit Paddys marode Bohrgesellschaft von ihren Schwierigkeiten erlöste.
    Grant wischte sich den Nacken mit einem roten Tuch trocken und beobachtete die rührende Wiedersehensszene. Wie es aussah, würde der heiße Tag für ihn gleich noch heißer werden. Nach Caitlyns heftigen Gesten zu schließen, beschrieb sie ihrem Vater wohl gerade, wie brutal sein Angestellter sie behandelt hatte. Ein Lächeln umspielte Grants Lippen. Er fragte sich, wie sie auf die Neuigkeit reagieren würde, dass er kein einfacher Angestellter war. Wenn er nicht befürchten müsste, dass ihre Darstellung der Situation sehr gut Unfrieden zwischen ihm und dem Mann stiften könnte, den er wie einen Vater liebte, hätte er sich über ihr theatralisches Getue amüsiert. “Die Prinzessin und der Heißsporn” hätte man das Stück nennen können.
    Er stopfte sein Tuch zurück in die Gesäßtasche und fand, dass es sinnlos war, das Unvermeidliche hinauszuzögern. Sosehr er es auch bedauerte, diese rührende Szene zu unterbrechen, es war an der Zeit, offiziell die Bekanntschaft Ihrer Königlichen Bockigkeit zu machen.
    Caitlyn war so gerührt, ihren Vater wiederzusehen, dass sie für einen Moment die abscheulichen Männer und ihren Anführer vergaß. In der sicheren Umarmung ihres Vaters dachte sie nur, wie glücklich sie war, wieder bei ihm zu sein. Jetzt, nachdem sie endlich ihr Studium abgeschlossen hatte, konnte sie tun und lassen, was sie wollte. Und mehr als alles andere auf der Welt wünschte sie sich, die verlorene Zeit mit ihrem Vater, den sie vergötterte, aufzuholen.
    Sie hatte natürlich wie die meisten einen Einführungskurs in Psychologie belegt und wusste, dass die meisten Töchter ihre Väter idealisierten. Sie wusste auch, dass eines Tages das grelle Licht der Wirklichkeit ihren kindlichen Glauben in einen unbesiegbaren Vater zerstören würde. Aber was sie niemandem begreiflich machen konnte war, dass ihr eigener Vater wirklich all das war, was John Wayne in den alten Western symbolisierte. Er war der ehrenhafteste, gütigste, heroischste Mann, den es gab.
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als sie die Wange an seine Brust lehnte. Sie fühlte sich, als ob sie wieder zehn Jahre alt wäre – beschützt, sicher und glücklich. Caitlyn war entschlossen, sich durch nichts je aus dieser Geborgenheit reißen zu lassen.
    “Ich hasse es, diesen rührenden Moment zu unterbrechen, aber hier gibt es noch eine Menge Arbeit zu erledigen.”
    Grants Stimme klang barsch und unfreundlich, aber er konnte nichts dagegen tun. Er kam langsam näher, damit Paddy und Caitlyn Zeit hatten, sich voneinander zu trennen. Ihr Anblick verursachte Grant Schmerzen. Himmel, was würde er nicht alles geben, um seinen Vater noch ein einziges Mal umarmen zu können!
    Der schmerzliche Ausdruck auf seinem Gesicht wurde von Caitlyn als Missbilligung ausgelegt, und sie warf ihm einen verächtlichen Blick zu. Sie wandte sich wütend an ihren Vater. “Daddy, ich wäre dir dankbar, wenn du diesem ungehobelten Klotz erklären könntest, wer hier das Sagen hat.” Das selbstgefällige Lächeln, das sie Grant schenkte, sollte wohl ein Wink sein, dass es an der Zeit für ihn war, sich zu entschuldigen.
    “Ja, Daddy”, äffte Grant sie spöttisch nach. Er verschränkte die muskulösen Arme vor der Brust und fuhr fort, als ob sie nicht da wäre: “Da deine Tochter nicht bereit ist, auf mich zu hören, würdest du ihr bitte klarmachen, wer in dieser Firma für Einstellungen und Entlassungen zuständig ist?”
    Paddy schüttelte grinsend den Kopf. “Wenn ihr Kinder aufhören könntet, euch zu streiten, würde ich euch gern einander vorstellen. Und danach können wir vielleicht alles zu eurer Zufriedenheit klären.”
    Caitlyn und Grant fühlten sich durch das Wort “Kinder” beschämt. Statt sich wie erwachsene Menschen zu benehmen, lagen sie sich wie verzogene Kinder in den Haaren. Um sich als Erste reumütig zu zeigen, tätschelte Caitlyn den Arm ihres Vaters. “Du hast natürlich recht. Und wenn ein ganz gewisser Jemand sich für einen Moment beruhigen könnte, bin ich sicher, dass du ihn zur Vernunft bringen kannst.”
    Sie achtete nicht auf Grants giftigen Blick, sondern stellte zum ersten Mal fest, wie blass ihr Vater aussah. Er wirkte sehr viel älter, als sie ihn
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