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Verführerische Julia

Verführerische Julia

Titel: Verführerische Julia
Autoren: KATE CARLISLE
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er wieder sprechen konnte. „Weißt du, ich hatte eine ziemlich grauenhafte Kindheit. Ich will nicht jammern, aber mein Vater war …“ Er verstummte.
    „Was war dein Vater?“, fragte Julia sanft.
    „Ein schrecklicher Mensch“, erwiderte er heftig. „Gewalttätig. Bösartig. Meine Mutter hat sehr unter ihm gelitten.“
    Camerons Stimme klang so schmerzerfüllt, dass Julia unwillkürlich zusammenzuckte. „Und du? Hat er dir auch wehgetan?“
    Er lachte bitter auf. „Kam schon vor. Hatte aber keine Bedeutung. Meistens hat er seine Wut an meiner Mutter ausgelassen. Und darauf bin ich nicht besonders stolz.“
    „Aber was hat das denn mit Stolz zu tun?“
    „Dass ich sie hätte beschützen müssen!“
    „Cameron, wie alt warst du damals?“
    Er zuckte mit den Achseln. „Sechs, vielleicht sieben. Ist doch auch egal. Ich konnte ihn nicht aufhalten. Und jedes Mal, wenn er sie geschlagen hat, hat er gebrüllt, dass er das nur aus Liebe tut.“
    In diesem Augenblick begriff Julia, warum Cameron seine Liebe nicht in Worte fassen konnte. „Wie schrecklich“, flüsterte sie.
    „Ich glaube, er hat sie wirklich geliebt“, sagte Cameron. In seinen Augen spiegelten sich Schmerz und Ekel wider. „Leider konnte er seine Gefühle aber nur durch Schläge zeigen.“
    „Oh, Cameron“, sagte sie leise und streckte die Hand aus, um ihm sanft über die Schulter zu streichen.
    Doch er zuckte zurück. „Nein, bitte lass das.“
    „Aber …“
    „Begreifst du es etwa immer noch nicht?“ Er wich weiter zurück. „Irgendwo tief in mir schlummert dieses gewalttätige Erbe. Ich weiß genau, dass ich es in mir trage. Deswegen darf ich niemals loslassen! Ich darf nicht lieben! Glaub mir, ich habe es versucht, aber es hat nicht gut geendet. Ich bin wie eine tickende Zeitbombe. Verstehst du mich jetzt endlich?“
    „Aber du bist überhaupt nicht wie dein Vater“, sagte sie leise.
    „So einfach ist das nicht.“ Verzweifelt fuhr er sich durchs Haar. „Ich weiß, dass du diese Worte gerne hören willst, aber ich kann sie einfach nicht sagen. Weil ich keine Liebe für dich empfinde. Du bist mir unendlich wichtig, und genau deswegen will ich dich nicht verletzen. Damit könnte ich nicht leben.“
    „Erinnerst du dich noch an unsere Hochzeitsnacht?“, fragte sie.
    Der Themenwechsel schien ihn zu irritieren, doch er nickte. „Natürlich.“
    „Damals war ich sehr wütend auf dich.“
    Er verzog das Gesicht. „Klar, ich weiß. Dazu hattest du auch allen Grund.“
    „Ich bin rausgestürmt, und du hast die Nacht auf dem Sofa verbracht“, erzählte sie weiter. „Wenn ich mich recht erinnere, habe ich dich mitten im Streit sogar geschlagen.“
    „Du hast mich nur geknufft, und du warst stinksauer auf mich.“
    „Aber es ist nichts passiert. Ich habe dich angeschrien. Ich weiß, dass du genauso wütend warst wie ich. Aber du hast dich nicht einmal gewehrt, als ich dich angegriffen habe. Also, wenn du so bist wie dein Vater, warum hast du mich dann nie geschlagen?“
    Er runzelte die Stirn. „Warum sollte ich dich schlagen?“
    „Ganz genau, darauf will ich hinaus! Du kommst nicht mal auf die Idee, mich zu schlagen, weil du kein bisschen gewalttätig bist!“
    „Aber das stimmt nicht“, murmelte er und wandte sich ab. „Ich habe dich nicht geschlagen, weil ich dich nicht liebe.“
    Einen Augenblick lang sah Julia ihn einfach nur verblüfft an. Ganz gegen ihren Willen amüsierte sie seine verdrehte Logik, und sie lachte leise auf.
    „Genau so ist es, Julia, lach nicht“, sagte er und warf ihr einen warnenden Blick zu.
    Doch sie lief direkt auf ihn zu und schubste ihn, so fest sie konnte. Cameron rührte sich nicht. Kopfschüttelnd schlang Julia die Arme um ihn und flüsterte: „Wie viele Beweise brauchst du denn noch dafür, dass du nie eine Frau schlagen würdest?“
    Sie lehnte den Kopf an seine Brust und hielt einen Augenblick lang ganz still, um an den traumatisierten kleinen Jungen zu denken, der er früher gewesen war. All das machte seine Stärke, seine Großzügigkeit nur noch liebenswerter. Ja, sie liebte diesen sturen, wunderbaren Mann, der die Liebe nicht einmal dann erkannte, wenn sie direkt vor ihm stand.
    Nach einer Weile hob sie den Kopf und sah zu ihm auf. „Ich habe dir noch nie erzählt, warum ich so gerne Törtchen backe. Im Haus meiner Eltern gab es einen Koch, der mir zu meinem Geburtstag immer ein Törtchen gemacht hat. Er fand, dass es Verschwendung wäre, einen ganzen Kuchen nur für ein
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