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Verfuehrer und Rebell Horst Buchholz - Die Biographie

Verfuehrer und Rebell Horst Buchholz - Die Biographie

Titel: Verfuehrer und Rebell Horst Buchholz - Die Biographie
Autoren: Werner Sudendorf
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Polen den Krieg erklärt. Noch im selben Jahr musste der Vater zur Grundausbildung nach Berlin- Lankwitz, wurde vorerst aber noch nicht eingezogen.
    Im August 1940 bekam Maria eine Tochter; Christel Buchholz starb wenige Monate nach der Geburt. Die Arbeit in der Tiefbau AG hatte Maria Buchholz angesichts der bevorstehenden familiären Veränderungen gekündigt. Nachdem Horst 1940 eingeschult und Hugo Buchholz im Herbst zum Militär eingezogen war, nahm Maria im Februar 1941 in den Ford-Werken Johannisthal ihren alten Beruf als Stenotypistin wieder auf. Sie arbeitete dort aber nicht einmal ein Jahr. Am 26. Dezember 1941 wurde Heidi Buchholz geboren. Vater Hugo war noch immer in Stettin stationiert; Maria konnteauf die Unterstützung der Nachbarn zählen, aber ihre Sorge galt natürlich auch dem achtjährigen Sohn, der nun eine Zeitlang allein in der Wohnung lebte.
    In jeder Familie, in der der Sohn oder der Vater zum Kriegsdienst eingezogen war, blieb zu Hause ein Stuhl am Tisch leer. Horst Buchholz vermisste seinen neuen Vater. Hugo Buchholz schrieb an seine Frau, dass er jetzt bald an die Front geschickt werde. Ob es möglich sei, dass er Horst vorher noch einmal sehen könne? Die Mutter erzählte, dass Horst mit einem Proviantpaket in den Zug verfrachtet wurde; sein Vater sollte ihn am Bahnhof in Stettin abholen. 3 Aber die beiden verpassten sich, und Horst stand allein am Bahnhof. Er stieg in eine Strassenbahn und antwortete auf die Frage »Wo soll es denn hingehen« mit der simplen Antwort: »Ich will zu meinem Vati.« – »Und wo wohnt der Vati?« – »In der Kaserne.« So fand er mit Hilfe von Straßenbahnschaffnern selbst den Weg. Horst Buchholz erzählte die Geschichte anders: Er habe sein Sparschwein geplündert und sei auf eigene Faust nach Stettin gefahren. Dort habe der Vater ihn bei einer Bekannten untergebracht und eine Woche später wieder in den Zug nach Berlin gesetzt. 4
    Es gibt eine Reihe solcher Geschichten über die Streiche des jungen Horst Buchholz, über seine vielen positiven Eigenschaften und putzigen Einfälle als Kind und Jugendlicher. In den fünfziger Jahren stellten die Publikumszeitschriften solche Ereignisse, die nahezu jede Mutter über ihre Kinder erzählen kann, als charakteristisch für die vielfältigen Begabungen des jungen Stars dar. Und die Familie bestätigte in der Regel das, was in den Illustrierten stand, brav als Wahrheit. Banalitäten wurden ausgeschmückt und Kinderkrankheiten dramatisiert, aber die interessanten Fragen blieben ausgespart. Alle Kinder mussten ihre Lehrer statt mit »GutenMorgen« mit »Heil Hitler« begrüßen. Wann kam der Junge zum ersten Mal mit dem Hitler-Gruß aus der Schule zurück? Oder kannte er ihn schon von zu Hause? Freute er sich auf die Uniform der Pimpfe, die er dann doch nicht mehr in Berlin tragen sollte? Und was dachte eigentlich Mutter Buchholz, als ihr Mann vor seiner Verlegung an die Front den Jungen, aber nicht sie sehen wollte?
    Im Herbst 1940 fielen die ersten Bomben auf Berlin. In der Siedlung waren wie überall in Berlin die Keller zu Luftschutzräumen ausgebaut worden. Mit den Luftangriffen veränderte sich auch der Alltag. In den Schulen wurden Klassenzimmer geräumt, um ausgebombte Familien unterzubringen; nach nächtlichen Bombardierungen begann der Schulunterricht später – sowieso wusste man nie genau, welche Lehrer und welche Mitschüler heute fehlen würden. Es war ein Leben mit Angst, Gewalt und den Geräuschen der heulenden und einschlagenden Bomben. Viele legten sich in ihrer Kleidung ins Bett, damit sie bei Alarm schneller in den Keller kamen. Neben der Tasche mit persönlichen Papieren und Kleidungsstücken für den Notfall wurde noch eine weitere Tasche mit Proviant gepackt. Beides stand griffbereit in der Wohnung; im Luftschutzkeller hockte man auf Stammplätzen, auf dem Kopf einen Kochtopf als Helmersatz.
    Im Sommer 1943 starteten die Alliierten schwere Angriffe auf Berlin. Alle Bewohner, die keine kriegswichtige Arbeit leisteten, wurden zum Verlassen der Stadt aufgefordert. Schulen wurden zu Lazaretten und Beschaffungsstellen; Unterricht fand, wenn überhaupt, nur noch gelegentlich statt. Viele Eltern schickten ihre Kinder zu Verwandten aufs Land; für die anderen Kinder organisierte der Staat die Kinderlandverschickung. Ursprünglich war die Kinderlandverschickung eine Wohlfahrtsaktion für bedürftige Stadtkinder gewesen,deren Eltern sich keine Urlaubsreise leisten konnten. Solche Aktionen gab es unter
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