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Verflixtes Blau!

Verflixtes Blau!

Titel: Verflixtes Blau!
Autoren: Christopher Moore
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versuchte, Ratten und Mäuse so abzurichten, dass sie Wagenrennen aus dem Roman Ben Hur nachstellten. Der Roman erschien erst 1880, und Renoirs Bericht bezieht sich auf die 1890er Jahre, als Renoir mit Frau und Familie wieder auf dem Montmartre wohnte, aber ich habe die Rattenrennen von Le Professeur nach 1870 vorverlegt, damit sie mit dem Deutsch-Französischen Krieg zusammenfielen.
    Briefe waren zum Verständnis der einzelnen Persönlichkeiten weniger hilfreich, als man annehmen sollte. Die meisten Briefe aus dieser Zeit sind förmlich und scheinen mit den Berichten der Künstler, die sie schrieben, nicht übereinzustimmen. Cézannes Briefe zeigen einen rücksichtsvollen, gebildeten Mann, fast zu höflich,während alle Berichte über ihn von seinem Drang berichten, sich selbst als Landei darzustellen, ungehobelt, unkultiviert, ohne Benehmen, der seine Suppe schlürfte und einen grellen, roten Gürtel trug, um herauszustellen, dass er ein Provenzale war. Die Vermutung liegt nah, dass er diese Rolle spielte, um die Erwartungen der Pariser zu erfüllen. Während die Briefe zwischen Vincent van Gogh und seinem Bruder Theo den tiefen, analytischen Ansatz zeigen, mit dem Vincent die Malerei betrachtete, eine kalkulierte Methode, die auf der Leinwand wie Wahnsinn wirkte, zeigen sie doch auch den Schmerz, den Vincent litt und den er mit seiner Arbeit zu verdrängen suchte, als er fern von Paris weilte.
    In den Briefen von Henri Toulouse-Lautrec findet sich absolut überhaupt nichts, was auf einen sittenlosen Lebenswandel in Paris hindeuten würde. Er war ein ernster und pflichtbewusster Sohn und Enkel, der stets nach Hause berichtete, wie hart er arbeitete, dass seine Gesundheit Fortschritte machte und wann er das nächste Mal nach Hause kommen wollte. Und doch galt er in Paris als Inbegriff des bon vivant: Es gibt Fotos von ihm, auf denen er den Clown mimt, als Geisha verkleidet, als Chorknabe, als Samurai, oder wenn er seine Gemälde im Atelier einer splitternackten Prostituierten namens Mireille vorführt (die er tatsächlich am liebsten hatte, vermutlich weil sie tatsächlich kleiner war als er). Er wohnte wochenlang in Bordellen und war eine Institution in den Tanzsälen und Cabarets von Montmartre und Pigalle, einschließlich des berühmten Moulin Rouge. Der Bericht darüber, dass er jemanden zum Duell forderte, weil dieser Vincent van Goghs Malerei kritisiert hatte, entspricht der Wahrheit und wurde von mehreren anwesenden Freunden bestätigt. Er besuchte tatsächlich mit Vincent das Atelier Cormon, gemeinsam mit Émile Bernard, und sie alle bewunderten die Impressionisten. Jean Renoirs Biografie seines Vaters spricht sehr liebevoll von Toulouse-Lautrec. Gabrielle, Jean Renoirs Kindermädchen und Modell seines Vaters, nannte Lautrec stets den » kleinen Gentleman«. Nirgends jedoch fand ich das depressive, liebeskranke Opfer, das John Huston in seinem Film Moulin Rouge aus dem Jahr 1952 zeigt. Henri Toulouse-Lautrec trank tatsächlich exzessiv und starb im Alter von sechsunddreißig Jahren an Komplikationen infolge seines übermäßigen Alkoholkonsums, aber es scheint, als hätte er nicht getrunken, weil er deprimiert war oder sich selbst bemitleidete, sondern weil er einfach gern betrunken war. Angesichts seiner Vorlieben kann es wohl als kleines Wunder gelten, dass er nicht an der Syphilis starb. Apropos– Manet, Seurat, Theo van Gogh und Gauguin starben alle tatsächlich wie beschrieben an der Syphilis, wobei sich offenbar keine ihrer Ehefrauen mit der Krankheit ansteckte und alle ein stattliches Alter erreichten. Es war Johanna van Gogh, Theos Frau, die Vincents Bilder förderte, verteidigte und wild entschlossen hütete, und wahrscheinlich ist sie dafür verantwortlich, dass wir überhaupt schon mal von diesem Maler gehört haben, wenn es auch nicht den Anschein hat, als wäre sie mit Vincent zu Lebzeiten gut ausgekommen.
    Während die meisten Szenen in diesem Buch meiner Phantasie entsprungen sind, einschließlich all dessen, was zwischen Lucien und Henri geschieht, sind doch viele Szenen von realen Ereignissen inspiriert. Monet ging tatsächlich zum Gare Saint-Lazare, stellte sich als » der Maler Monet« vor und überredete den Bahnhofsvorsteher, alle Lokomotiven gleichzeitig unter Dampf zu setzen, damit er sie malen konnte. Und er hat seine Frau Camille tatsächlich auf ihrem Totenbett gemalt, um diesen ganz bestimmten Blauton einzufangen, den sie annahm. Fährt man nach Giverny und besucht das Lichtlabor,
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