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Verdammnis der Lust (Band 1)

Verdammnis der Lust (Band 1)

Titel: Verdammnis der Lust (Band 1)
Autoren: Caroline Grey
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waberte. Frierend verkrampften sich meine Zehen, während ich mühevoll den Saum meines dicken Wintermantels nach oben schob, um einen Blick auf meine Armbanduhr zu erhaschen. Wunderbar! Ich würde zu spät kommen, wenn das so weiterging!
    Seufzend zog ich den gestrickten Schal enger um meinen Hals, bevor ich die Mütze tiefer ins Gesicht und über meine Ohren zog. Nachdem der November extrem kalt gewesen war, hatte sich der Dezember beinahe frühlingshaft angefühlt. So hätte es meiner Meinung nach weitergehen können, doch nur wenige Tage nach Neujahr hatte eine Kältewelle eingesetzt, die nun auch London erreicht hatte. Deshalb war ich heute Morgen schon sehr früh aufgestanden und in den Keller gewankt, um die dreißig Jahre alte Heizung anzustellen, die leider sehr lange brauchte, um in Gang zu kommen. Auch das Wasser war eiskalt gewesen, als ich mich für die Arbeit fertiggemacht hatte. Auf dem Weg zur Arbeit war ich auf einer glatten Straße ausgerutscht und hatte mich unsanft auf den Hintern fallen gelassen. Bei der Arbeit war alles schief gegangen, weil ich in Gedanken bei dem fremden Kunden gewesen war, der sich heute nicht hatte blicken lassen. Zwei zerbrochene Tassen, ein verbrühter Daumen sowie eine Rüge von meinem Chef, da ich drei Fehlbons fabriziert hatte, waren das Resultat dieses wunderbaren Arbeitstages gewesen.
    Zu allem Überfluss war nun auch noch die U-Bahn-Strecke, die ich eigentlich nehmen musste, wegen Gleisarbeiten gesperrt.
    So würde ich es niemals pünktlich nach Hause schaffen, obwohl Sheila heute früher gehen musste, da sie mit ihrem Sohn einen Termin beim Kinderarzt hatte. Wohl oder übel müsste ich sie anrufen und ihr sagen, dass sie einfach schon einmal gehen sollte, auch wenn ich noch nicht zuhause war. Mir gefiel das nicht wirklich, weil ich Tante Maggie nicht gerne allein ließ, aber leider ging es nicht anders. Hastig rechnete ich nach, wie lange ich für meinen Heimweg benötigte, wenn ich mit einem Bus zu einer anderen Haltestelle fuhr und dort eine andere Strecke nahm. Normalerweise musste ich dreimal umsteigen, um ins East End zu gelangen, doch nun nahm ich einen Umweg in Kauf und bräuchte sicher länger, zumal die Busse um diese Uhrzeit oft in einen Stau gerieten.
    Ich schob die Mütze wieder etwas höher, da sie mir in die Augen fiel, und kramte in meinem Rucksack nach meinem Handy herum. Normalerweise hatte ich eine Engelsgeduld, doch beim Anblick des ausgeschalteten Handys fluchte ich auf. Schon wieder war mein Akku leer.
    „Scheiße!“
    Gerade als ich aufsah und mein Handy zurück in den Rucksack stopfte, hielt ein Auto neben mir an.
    „Kann ich Sie mitnehmen, Annabelle?“
    Verdattert starrte ich in das Gesicht meines fremden Kunden, der mich durch das geöffnete Rückfenster eines Bentleys ansah und keine Miene verzog. Anders als sonst konnte ich ihm nicht in die Augen sehen, da er eine Sonnenbrille trug.
    „Kommen Sie schon und steigen Sie ein“, plötzlich stieg er aus und hielt mir die Hintertür auf.
    Ich wusste überhaupt nicht, wie mir geschah, als meine Augen über seine Gestalt wanderten und ich benommen über den grauen Matsch hinwegtrat, um in sein Auto zu steigen. An den Rat älterer Generationen, nicht zu fremden Menschen ins Auto zu steigen, dachte ich nicht einmal, als ich mich auf das warme Leder der Rückbank setzte und meinen Rucksack wie ein Schutzschild vor meiner Brust umklammerte. Alles, was ich bemerkte, war die heimelige Wärme innerhalb des noblen Autos, der Geruch nach Leder und männlichem Aftershave sowie den Fahrer, der mich kurz durch den Rückspiegel musterte, bevor er wieder auf die Straße sah.
    Links neben mir wurde die Tür zugeschlagen und kurz darauf öffnete sich die rechte Tür des Autos.
    Während er sich neben mich auf die Rückbank schälte, wurde mir bewusst, wie ich mit meiner blauen Pudelmütze aussehen musste, und riss sie schnell von meinem Kopf. Hastig fuhr ich mir durch mein zerzaustes blondes Haar und steckte die Mütze in meinen Rucksack. Gleichzeitig fragte ich mich ganz ernsthaft, was ich hier tat. Ich kannte den Mann überhaupt nicht und war dennoch ohne irgendeinen Anflug von Protest in sein Auto gestiegen – als wäre ich ein Lamm, das ahnungslos zur Schlachtbank geführt würde. Als ob ...
    „Wohin können wir Sie fahren, Annabelle?“
    Mit trockener Kehle und geistiger Umnachtung antwortete ich. „Canary Wharf.“
    Kaum hatte ich die Adresse genannt, fuhr das Auto an und ich leckte mir unbewusst
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