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Verbannte der Ewigkeit

Verbannte der Ewigkeit

Titel: Verbannte der Ewigkeit
Autoren: Robert Silverberg
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mit Geräten ausgestattet, die man zur Diagnose oder zur Behandlung brauchte. Die Leute Oben kümmerten sich nicht sonderlich um die Verbannten, aber sie wollten denen gegenüber, die ihnen ungefährlich geworden waren, nicht inhuman erscheinen und schickten hin und wieder Dinge wie Betäubungsgas, chirurgische Instrumente und Zellkulturen. Zu Anfang, als hier erst wenige Hütten standen, war jemand, der sich verletzte oder erkrankte, oftmals in ernsten Schwierigkeiten.
    »Er hat schon eine Alkoholdosis bekommen«, sagte Barrett. »Nur, daß du es weißt.«
    »Das sehe ich«, brummte Quesada. Er fuhr sich durch seinen kurzen roten Schnauzbart. Der kleine Diagnostat hatte bereits begonnen, Ergebnisse auszuspucken: Hahns Blutdruck, Blutzuckerspiegel, Respiration und anderes mehr. Quesada schien keine Schwierigkeiten zu haben, die Informationen zu behalten und sofort zu verarbeiten. Nach ein paar Sekunden wandte er sich an Hahn. »Du bist nicht wirklich krank, wie? Nur ein wenig durcheinander. Hier ist ein Beruhigungsmittel. In Kürze bis du wieder okay wie jeder von uns.«
    Er setzte eine Druckluftpistole an Hahns Halsschlagader an, ein leises Zischen, dann war das Medikament durch die Haut hindurch in der Blutbahn verschwunden. Hahn zuckte zusammen und schlief Sekunden später ein.
    Quesada sagte zu Barrett: »Lassen wir ihn noch eine Weile liegen, dann ist er bald über den Berg.«
    Die beiden Männer verließen die Krankenstation. »Er ist jünger als die anderen, die wir in den letzten Jahren hatten«, sagte Quesada.
    »Ich habe auch schon darüber nachgedacht; zudem ist er der erste Neue seit Monaten.«
    »Du meinst, Oben geht irgend etwas Seltsames vor?«
    »Nein, nicht unbedingt. Aber ich werde mich ausführlich mit ihm darüber unterhalten, wenn er wieder auf den Beinen ist.« Barrett sah auf den kleinen Arzt hinunter. »Wie geht es übrigens Valdosto?«
    Valdosto war vor einigen Wochen psychisch zusammengebrochen, und Quesada hielt ihn seitdem unter Drogen, während er versuchte, ihn langsam wieder in die Realität des Hawksbill-Lagers zurückzuholen. »Ich habe ihm heute morgen keine Drogen gegeben, und als er zu sich kam, war er immer noch der alte.«
    »Wird er sich wieder erholen?«
    »Ich bezweifle es. Oben könnte man ihm besser helfen, und er würde wohl auch gesund werden …«
    »Wenn er eine Möglichkeit gesehen hätte, nach Oben zu kommen, wäre er auch nicht durchgedreht«, sagte Barrett. »Laß ihn träumen, solange es geht. Wenn er schon nie wieder normal werden kann, soll es ihm wenigstens gut gehen.«
    »Die Sache mit Valdosto bereitet dir Sorgen, Jim?«
    »Natürlich. Er und ich sind seit der ersten Stunde zusammen, nicht nur hier. Wir hatten unsere Partei, kämpften für unsere Ideen, und Valdosto war sehr von seiner Sache überzeugt. Wir hatten in New York gemeinsam ein Appartement …«
    »Aber der Altersunterschied«, warf Quesada ein.
    »Ja, er war vielleicht achtzehn, ich knapp dreißig. Aber er schien immer älter zu sein, als er wirklich war. Wir lebten zusammen, hatten unzählige Mädchen, die manchmal wochenlang bei uns blieben. Auch Hawksbill kam oft vorbei, wir wußten damals nur noch nicht, daß der Bastard an etwas arbeitete, für das wir alle büßen sollten. Wir saßen nächtelang zusammen und diskutierten. Valdosto schlug immer wieder Terroranschläge vor, und wir hatten Mühe, ihn zur Vernunft zu bringen …« Barrett runzelte die Stirn. »Zur Hölle damit! Die Vergangenheit ist tot, vielleicht wäre es auch für Valdosto besser …«
    »Im …«
    »Wechseln wir das Thema«, sagte Barrett. »Was ist mit Altmann und seinen Schüttelfrösten?«
    »Er ist immer noch damit beschäftigt, sich eine Frau zu basteln.«
    »Das hat Charley Norton mir schon gesagt. Was benutzt er? Knochen, Lumpen?«
    »Ich gab ihm ein paar Chemikalienabfälle, die er wohl nur wegen der Färbung genommen hat. Er hat etwas Erde zusammengetragen, nimmt Muschelfleisch und formt sich eine weibliche Gestalt, von der er hofft, daß er sie eines Tages von einem Blitz zum Leben erwecken lassen kann.«
    »Mit anderen Worten: er ist verrückt geworden«, sagte Barrett.
    »Das kann man sicher sagen. Aber immerhin belästigt er seine Mitmenschen nicht mehr. Du hast sicher auch nicht geglaubt, daß seine homosexuelle Phase so schnell vorübergehen würde.«
    »Nein, ich hoffte allerdings auch, daß er sie nicht negativ beenden würde. Wenn jemand damit anfängt, sich aus stinkendem Abfall eine Frau zu bauen, ist er
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