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Verbannte der Ewigkeit

Verbannte der Ewigkeit

Titel: Verbannte der Ewigkeit
Autoren: Robert Silverberg
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auf ein sich verschärfendes politisches Klima Oben hindeutete. Von dort hatte man lange kein Baumaterial mehr geschickt, und so mußten die Neuankömmlinge mit älteren Bewohnern zusammenziehen. Barrett und einige andere, deren Exil vor dem Jahr 2014 begonnen hatte, besaßen das Privileg, allein wohnen zu können, wenn sie wollten. Einige Männer verzichteten darauf, Barrett war der Meinung, daß seine exponierte Stellung im Lager es ihm gebot.
    Wenn neue Leute ins Lager kamen, wurden sie mit denen zusammengelegt, die zur Zeit allein wohnten. Die meisten Verbannten des Jahres 2015 hatten bereits jemanden aufnehmen müssen, und noch ein Dutzend Deportierter, und der Jahrgang 2014 war ebenfalls dran. Natürlich starb hin und wieder jemand, was die Sache etwas erleichterte, und außerdem gab es kaum jemanden, der unbedingt allein wohnen wollte.
    Barrett war allerdings der Meinung, daß ein zu lebenslänglicher Verbannung Verurteilter das Recht hatte, allein zu leben, wenn er es wünschte. Eines der größten Probleme im Lager war, daß man kein ausreichendes Privatleben führen konnte.
    Norton deutete auf die schimmernde Kuppel des Hauptgebäudes. »Altmann ist gerade hineingegangen, Rüdiger und Hutchett auch. Da ist bestimmt etwas los.«
    Barrett beschleunigte seinen Schritt etwas. Einige der Männer, die gerade das Hauptgebäude betreten wollten, sahen ihn kommen und winkten ihm zu. Barrett grüßte zurück. Er spürte, wie Spannung in ihm aufkam. Es war ein großes Ereignis im Lager, wenn ein Neuer ankam – es war praktisch das einzige, was sich hier ereignete. Ohne hin und wieder einen Neuankömmling zu erhalten, wären die Lagerinsassen völlig von Oben abgeschnitten, bekamen keine Nachricht über das, was dort vor sich ging. Seit sechs Monaten war niemand gekommen, und man hatte schon vermutet, daß niemand mehr verbannt wurde.
    Das wäre dann das Ende, denn die Neuen waren das einzige, das die Männer daran hinderte, verrückt zu werden. Neue Leute brachten Nachrichten aus der Zukunft, Nachrichten aus einer Welt, die für immer verloren war. Und sie brachten mit ihrer Persönlichkeit neues Leben in die Gruppe, die immer in Gefahr war, abzustumpfen.
    Natürlich – das war Barrett klar – hofften einige, daß man einmal eine Frau schicken würde.
    Deshalb versammelte sich also jedesmal alles im Hauptgebäude, wenn der Hammer zu glühen begann. Barrett erreichte den Eingang, gerade als der Regen aufhörte.
    Im Innern des Gebäudes hatten sich etwa siebzig Menschen versammelt – es waren alle die gekommen, die körperlich und geistig noch in der Lage waren, aktiv am täglichen Geschehen teilzunehmen. Als Barrett eintrat, begrüßte man ihn lautstark und bestürmte ihn mit Fragen, die er freundlich lächelnd mit einer Handbewegung zurückwies. Auch er wußte ja nicht, wer oder was jetzt ankam.
    »Wer wird es diesmal sein, Jim?«
    »Vielleicht ein Mädchen, he? Etwa neunzehn Jahre alt, blond, gebaut wie …«
    »Hoffentlich kann er wenigstens Schach spielen.«
    »Seht, das Glühen wird intensiver!«
    Dichtgedrängt standen die Männer um den Hammer und beobachteten jede Veränderung an der Zeitreisemaschine. Die gigantischen, unzähligen Instrumente zeigten den Verbrauch ungeheurer Energie an, die am anderen Ende der Verbindung, Oben, hineingegeben wurden. Gespannte Erwartung lag in der Luft. Das Glühen erreichte jetzt den Amboß, auf dem die Gegenstände aus der Zukunft – oder besser: Gegenwart – abgesetzt wurden. Wenige Augenblicke später …
    »Karmesinrot!« schrie jemand. »Er kommt!«

 
2.
     
    Eine Milliarde Jahre in der Zukunft wurde ein zusätzlicher Energieschub in den Sender gegeben – der Hammer des Lagers war nur eine unvollständige Kopie davon. Im Zentrum des wirklichen Ambosses stand jetzt ein Mensch, oder nur eine Ladung Nachschub, und Barrett wußte, was für ein Gefühl es war, auf die letzten Sekunden zu warten, in denen man dann ins späte Paläozoikum zurückgeschleudert wurde. Kalte Augen, in denen ein sadistischer Triumph glühte, starrten einen an – froh darüber, wieder einen unliebsamen Zeitgenossen losgeworden zu sein. Der Effekt der Zeitreise war für den Betroffenen auch buchstäblich mit einem Hammerschlag zu vergleichen, der einen durch die Wände des Kontinuums schleuderte – daher stammten wahrscheinlich auch die etwas bildhaften Benennungen der dabei verwendeten Maschinen.
    Alles im Hawksbill-Lager war durch den Hammer gekommen. Der Aufbau des Lagers war eine
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