Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Titel: Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)
Autoren: Kira Gembri
Vom Netzwerk:
Ihn so zu sehen, erschreckte mich noch mehr,
als es die plötzliche Wandlung von Sam getan hatte: Der Rasmus, den ich kannte,
war niemals passiv oder resigniert oder ratlos gewesen … und auf einmal begriff
ich, dass es diesmal an mir war, einen Ausweg zu finden.
    Ganz
langsam, um niemand anderen als Rasmus auf mich aufmerksam zu machen, drehte
ich den Kopf so weit zur Seite, wie ich konnte; dann zog ich den verletzten Arm
über meine Kehle. Als ich fühlte, wie das Blut auf mein Schlüsselbein tropfte,
sah ich an Sams Rücken vorbei wieder zu Rasmus, und ich hoffte, dass er
mitspielen würde, dass er verstand … bitte …
    Rasmus
stieß einen Schrei aus, der so echt und so entsetzt klang, dass ich ein
schmerzhaftes Ziehen in der Brust spürte. Sam fuhr herum. Im selben Moment ließ
ich meine Beine einknicken und fiel gegen den Mann hinter mir. Mein Kopf kippte
zur Seite, sodass mir die Haare über das Gesicht rutschten und in der warmen
Nässe auf meinem Hals kleben blieben.
    „Was“,
begann Sam dumpf, doch nach einem heftigen Atemzug wurde seine Stimme beinahe
schrill: „Was hast du getan?!“
    Die
Worte des Gehilfen waren verschwommen und schwer zu verstehen, als er
beteuerte: „Ich weiß nicht, was passiert ist, ich hab gut aufgepasst, ich weiß
nicht, ihr Hals … ich hab nicht …“
    „Hat
sie einen Puls?“, unterbrach Sam ihn schneidend. Der Mann bemühte sich zu
antworten, brachte allerdings keinen kompletten Satz mehr heraus. Plötzlich
ließ er mich los, sodass ich unsanft auf dem Boden landete, und ich erkannte,
dass Sam ihn aus dem Weg gestoßen hatte. Ich versuchte, nicht auf das Brennen
in meinem rechten Arm zu achten und außerdem ganz flach zu atmen, doch Sam
schien ohnehin zu aufgebracht, um das Heben und Senken meines Brustkorbs zu
bemerken. Er umfasste mein Handgelenk und bohrte seine Finger in meine Haut,
aber sie zitterten so stark, dass er nichts fühlen konnte. Fluchend wich er
wieder zurück und begann auf seinen Gehilfen einzureden, die Stimme verzerrt
vor Panik.
    Ich
öffnete meine Augen einen Spalt breit und spähte zu Rasmus hinüber, der sich
inzwischen auf die Knie aufgerichtet hatte. Ein frisches Rinnsal Blut sickerte
durch sein T-Shirt, als sich seine Muskeln anspannten. Mit einem kräftigen Ruck
zog er das Seil nach oben, er griff mit der anderen Hand nach – Sam war immer noch
damit beschäftigt, seinem Gehilfen Verwünschungen an den Kopf zu werfen – dann
tauchte die Frau am Rand des Abgrunds auf. Teilnahmslos wie eine Puppe ließ sie
es mit sich geschehen, dass Rasmus sie auf den festen Boden hievte und seine
Hände um ihr Gesicht legte. Es war nichts zu hören; ich wusste nicht, ob Rasmus
überhaupt laut gesprochen oder ob Sams wütende Stimme seine Worte übertönt
hatte, aber kaum mehr als zwei Sekunden später kam plötzlich Leben in die Frau.
Im selben Augenblick, als Sam sich zu Rasmus umwandte, stürzte sie an ihm
vorbei und entlang der Felskante davon. Reflexartig setzte Sam sich in
Bewegung, um sie zu stoppen. Sein Fehler wurde ihm bereits bewusst, nachdem er
nur wenige Meter hinter sich gebracht hatte, aber das genügte.
    Rasmus
hatte mich gepackt und lief mit mir auf den Weg zu, der von der flüchtenden
Frau weg und ins Tal führte. Nach wenigen Serpentinen verließ er den Pfad und
rannte über das lose Geröll steil bergab. Ich befürchtete schon, dass wir
zusammen in die Tiefe stürzen würden, als er abrupt bremste. Er schob mich in
eine Furche in der Felswand und legte die Arme um mich, als könnte er mich mit
seinem Körper von jeglicher Gefahr abschirmen. Eine Weile vernahm ich nur seine
mühsam gedämpften, hastigen Atemzüge, während wir beide in die Finsternis
lauschten.
    „Kannst
du ihn hören?“, formte ich schließlich mit den Lippen.
    Rasmus
schüttelte den Kopf. „Er zögert noch“, antwortete er fast lautlos. „Einer
seiner Sklaven ist fort, und die Polizei kann jeden Augenblick hier sein. Die
Chancen stehen nicht allzu gut für ihn.“
    „Dann
lass uns von hier verschwinden!“, drängte ich, doch Rasmus hielt mich zurück.
    „So
einfach ist das nicht. Wir können ihm wahrscheinlich für heute entkommen, aber
was dann? Samael wird nicht aufgeben, das liegt nicht in seiner Natur.
Irgendwann wird er einen neuen Versuch starten, und dann gelingt es mir
vielleicht nicht, dich zu befreien. Und wer weiß schon, was er mit der Frau
anstellen wird, falls er sie erwischt? Oder mit dem Mann, der immer noch unter
seinem Einfluss steht? Nein,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher