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Vater, Mutter, Tod (German Edition)

Vater, Mutter, Tod (German Edition)

Titel: Vater, Mutter, Tod (German Edition)
Autoren: Siegfried Langer
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genau auf Echos Körper. Manthey hatte den Eindruck, Hinz ziele auf ihn selbst.
    Einen Herzschlag lang fror für Manthey die Zeit ein. Zur Untätigkeit verdammt, verharrte er.
    Geräuschlos und wie von Zauberhand erschien plötzlich ein Loch auf der Stirn von Thorsten Hinz.
    Sekundenbruchteile später schossen hinter Hinz Teile seines Gehirns und Blut durch den Raum und bespritzten Boden, Wände und den immer noch auf der Matratze sitzenden Jungen.
    Zuerst erschlaffte Hinz’ Waffenhand, dann sackte der gesamte Körper in sich zusammen.
    Die Kamera schwenkte über den nun bewegungslos am Boden Liegenden. Kein Zweifel, Thorsten Hinz war tot.
    »Hier Echo, Situation unter Kontrolle.«
    Manthey atmete auf.
    »An alle: Einsatz beendet.«
    Er hastete aus dem Einsatzwagen.
    »Rufen Sie den Krankenwagen, Schultheiss, und schildern Sie die Situation.«
    Beim Verlassen des Fahrzeugs prellte er sich die Schulter. Es kümmerte ihn nicht.
    Er lief zum Kellerabgang, die Stufen hinab und den Weg entlang, den er von der Übertragung kannte.
    Den verstörten, mit Blut und Hirnmasse besudelten Jungen leibhaftig vor sich zu sehen berührte ihn deutlich mehr als das verwackelte Bild auf dem Monitor eben.
    Lukas’ Augen blickten fassungslos zum Leichnam von Thorsten Hinz, dessen Kopf in einer roten Lache lag, die immer größer wurde.
    Über den Kopfhörer vernahm Manthey leises Stöhnen.
    Er blickte auf den vor ihm liegenden Polizisten. Kein Blut. Äußerlich schien er unverletzt, doch krümmte er sich immer noch vor Schmerzen. Der Kollege, der den Codenamen ›Echo‹ getragen hatte, kümmerte sich bereits um ihn.
    Unmittelbar nach Manthey waren auch die beiden Beamten aus dem Erdgeschoss eingetroffen.
    »In den oberen Räumen befindet sich niemand mehr«, sagte einer der beiden leise.
    Manthey stieg über den Verletzten und ging hinüber zu Lukas.
    Vorsichtig setzte er sich neben ihn und versuchte, ihn zu berühren.
    Ohne den Blick von Thorsten Hinz zu wenden, wich Lukas zurück.
    »Hier Schultheiss, Krankenwagen ist unterwegs«, hörte Manthey übers Headset.
    »Wir brauchen auch einen Kinderpsychologen«, antwortete Manthey.
    »Verstanden.«
    Erst jetzt bemerkte Manthey, dass Lukas einen Gegenstand in der Hand hielt. Eine Kunststofffigur.
    Manthey kannte sie aus den Trickfilmen, die sich seine Frau immer ansah.
    SpongeBob.
    Die Figur, die Lukas umklammerte, trug eine kampfbereite Harpune.

37. Kapitel
    Katharsis
     
    I n der oberen Hälfte der Krankenzimmertür war eine durchsichtige, schlagsichere Kunststoffscheibe eingelassen. Durch sie konnten Ärzte und Pfleger die Patienten beobachten.
    Rakowski stand davor und sah in den Raum. Er wirkte hochkonzentriert, und Manthey hatte das Gefühl, Rakowski habe gar nicht bemerkt, wie er neben ihn getreten war.
    Manthey folgte Rakowskis Blick.
    Jacqueline Hinz’ neues Zimmer war deutlich spartanischer eingerichtet als das vorherige: lediglich ein Bett und ein kleiner Beistelltisch. Nichts, was sie hätte als Waffe einsetzen können.
    Keine Duschkabine – nur ein Waschbecken, das in die Wand eingelassen war.
    Jacqueline trug ein weißes Kliniknachthemd und ging im Raum auf und ab. Ihre Lippen bildeten Worte.
    Manthey bemerkte erstaunt, dass Jacquelines Gesichtsausdruck glücklich und zufrieden wirkte.
    »Und? Haben Sie erreicht, was Sie wollten?«
    Manthey wandte sich Rakowski zu, doch dieser starrte weiterhin reglos durch die Scheibe.
    »Ja«, antwortete Manthey leise. »Wir haben den Jungen.«
    »Ist er am Leben?«
    »Ja, am Leben und unverletzt.«
    »Gut.«
    Der vorwurfsvolle Tonfall, der in den beiden Fragen noch mitgeschwungen hatte, war verschwunden.
    Ob und wie sehr Manthey selbst durch seine ungestüme Art für Jacquelines Schicksal mitverantwortlich war, konnte er nicht beurteilen. Selbst wenn, die Rettung des Jungen war den Preis wert gewesen. Im tiefsten Inneren seines Herzens musste dies auch Rakowski klar sein.
    Jacqueline beugte sich nach vorn und tätschelte einem imaginären Kind die Wange. Dann drehte sie sich zur Seite und flirtete mit der Wand. Ihre Wangen röteten sich, ihr Mund formte sich zu einem Kuss. Als Nächstes tat sie so, als würde sie sich eine Handtasche über die Schulter hängen.
    »Wollen wir ein paar Schritte übers Gelände gehen?«, fragte Rakowski.
    Noch immer sah der Psychologe Manthey nicht an.
    »Gerne.«
    Rakowski schritt voran, den Gang entlang, die Treppen hinunter; gemeinsam erreichten sie den klinikeigenen Park.
    Keiner der beiden Männer
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