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Urmels toller Traum

Urmels toller Traum

Titel: Urmels toller Traum
Autoren: Max Kruse
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Das waren spannende Minuten.
Aber es waren keine langen Minuten, denn es gab ja nur sehr wenige Wähler auf
Titiwu.
    Die Tür ging also bald wieder
auf. Der Traumkobold im grauen Gehrock schwenkte ein Papier und bat um Ruhe in
all dem Geschnatter, Geplapper, Gebrumme und Gebelle. »Ich gebe das Ergebnis
der Wahl bekannt«, sagte er. »Wahlberechtigt waren acht Bürger. Abgegebene
Stimmen acht. Ungültige Stimmen keine.«
    »Sag uns läber, wer gewonnen
hat!«, klapperte Schusch.
    Der Traumkobold ließ sich nicht
beirren. »Eine Enthaltung, das heißt, ein leerer Stimmzettel wurde abgegeben.«
    »Nanu, von wem denn wohl?«
    »Auf Wutz entfielen zwei
Stimmen!«
    »Hurra, hurra, bravo«, rief
Wutz, »öfföff, ist das nicht fabelhaft?«
    »Für das Urmel wurden fünf
Stimmen abgegeben. Damit ist das Urmel mit überwältigender Mehrheit zum König
von Titiwu gewählt.«
    »Wieso? Betrug! Schiebung!«,
grunzte Wutz. Sie war sehr niedergeschlagen.
    Das Urmel warf die Ärmchen in
die Höhe. »Sieger! Du musst mir gratulieren, Wutz, jeder muss mir gratulieren!«



Sechstes
Kapitel
In
dem das Urmel träumt,
wie
es ein Schloss bekommt
und
zu regieren beginnt
     
    Jedermann besann sich auf
seinen Anstand. Alle gratulierten dem Urmel-König, sogar Wutz überwand sich,
streckte ihm die Klaue hin und murmelte: »Ich wünsche dir Glück für eine
segensreiche Regierung zu unser aller Wohl. Hoch lebe unser geliebtes Titiwu!«
    Da klatschten viele Beifall.
Nur Seele-Fant saß mit traurigem Gesicht da. Sehr tief waren seine Kummerfalten.
    »Habe ich dir nicht gesagt,
dass er Wutz wählen würde?«, flüsterte Ping Pinguin Wawa zu.
    »Ja«, antwortete dieser. »Wo er
doch eine heimliche Liebe für sie hat. Du weißt schon: ›Oh rosarote Wolke
Wutsch...‹« Er trällerte die Melodie, so gut er es eben konnte. »Nun wird er
wohl wieder nur noch traurige Lieder singen. Aber sag mal, wer mag sich der
Stimme enthalten haben?«
    »Das war Tim Tintenklecks!«,
meinte Ping Pinguin.
    Plötzlich schien alles eine
neue Wendung zu nehmen. Wutz bemerkte nämlich: »Die Wahl ist ungültig! Öfföff!«
    »Was? Wieso bitte?«
    »Weil der Professor nicht
mitgewählt hat.«
    »Aber er ist doch gar nicht
da!«
    »Und die Krabbe war sogar nicht
einmal aufgefordert worden.«
    »Macht nichts«, sagte der
kleine Herr im grauen Gehrock, der Traumkobold. »Selbst wenn diese beiden für
Wutz gestimmt hätten, stünde es noch immer fünf zu vier für das Urmel. Und das
genügt.«
    Da drehte Wutz allen ihren
runden Po zu und verzog sich in die Schlummertonne. Wie konnten die anderen nur
so undankbar sein, wo sie doch so viel für sie tat, immer und immer wieder.
    Es war in gewissem Sinne ganz
gut, dass sie in der Schlummertonne lag und den Vorhang zugezogen hatte. Auf
diese Weise erlebte sie nicht so hautnah mit, wie sich alle um das Urmel
drängten und ihm huldigten. Es war wirklich seltsam, zu sehen, wie jeder sich
veränderte, als ob das Urmel nun ein höheres Wesen geworden wäre. Am meisten
aber änderte sich das Urmel selbst. Sein Gesichtsausdruck wurde hochmütig. Es
reckte das Kinn und blickte auf die anderen wie aus unendlicher Höhe herab. Und
dann sagte es auch noch: »Jetzt müsst ihr mir gehorchen und mich mit ›Majestät‹
anreden.«
    »Ich dachte, du hattest uns nur
Freude und Vergnügen versprochen«, erlaubte sich Tim Tintenklecks zu sagen.
    »Das war vor der Wahl!«, meinte
das Urmel. »Und jetzt will ich ein tolles, herrliches Schloss haben!«
    »Sofort, Majestät«, antwortete
der Traumkobold im grauen Gehrock, machte eine sehr tiefe Verbeugung und hatte
plötzlich einen Zauberstab in der Hand. Damit klopfte er dreimal an die Balken
des Blockhauses, und wo eben noch des Professors gemütliche braune Holzhütte
gestanden hatte, erhob sich jetzt ein gewaltiges weißes Schloss: mit spitzen
Türmen, einem Dach, das mit bunten, im Licht glänzenden Kacheln gedeckt war,
mit zierlichen Balkonen, mit Fenstern, die in der Sonne blitzten, und mit einer
breiten, geschwungenen Treppe. Das Portal öffnete sich weit, ganz von alleine,
und König Urmel schritt in sein Schloss, als sei dies die natürlichste Sache
der Welt.
    Wawa blinzelte ungläubig. »Was
wird jetscht noch alles passieren?«
    »Mir genügt’s«, antwortete Ping
Pinguin. »Von mir aus kann bald wieder Pfluss sein mit dem ganzen Zauber.«
    »Du meinst, es ist ein
Tschauber?«, flüsterte Wawa.
    »Irgendjemand träumt«,
überlegte Ping Pinguin. »Aber wer?«
    Das wusste wohl niemand.
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