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Urmels Lichterbaum im Eismeer

Urmels Lichterbaum im Eismeer

Titel: Urmels Lichterbaum im Eismeer
Autoren: Max Kruse
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und trat vor. Die junge
Mutter schaute ihn mit ihrem lieben, ovalen Gesicht herzlich an. Ihre Augen
waren wie Schlitze, es sah aus, als ob sie lächelte. Sie hob ihm das Bündel mit
dem Kind entgegen. Der Professor zog seinen Pelzhandschuh aus und legte seine
Hand sanft auf die Stirn des Säuglings. »Schön, dass du jetzt da bist, kleiner
Habakuk«, sagte er. »Du sollst es gut haben auf dieser schönen Welt. Wenn du
größer bist, besuchst du uns auf Titiwu. Du bist uns immer willkommen!« Er
beugte sich etwas vor, fasste Angakoras Schultern und küsste sie erst auf die
eine, dann auf die andere Backe.
    »Öfföff!
Das hat er mit mir noch nie gemacht«, grummelte Wutz leise.
    Der
Professor wünschte auch Angakorok viel Glück.
    Dann
drängten alle zu der jungen Mutter und ihrem Kind.
    Da
rief Angakorok: »Angakorok hat auch etwas mitgebracht!«
    »Wie?«,
fragte der Professor besorgt. »Hoffentlich kein Geschenk?«
    Angakorok
lachte, er griff hinter sich und zog einen sonderbaren Gegenstand hervor.
    »Nun,
das wäre doch nicht nötig gewesen, öfföff«, grunzte Wutz.
    Der
Eskimo lachte noch herzlicher. »Angakorok bringt euch kein Geschenk, das man
anfassen kann. Er bringt euch ein Geschenk mit, das die Seele erfreut. Sein
Freund Hamersuk Distelbong hat es Angakorok vor langer Zeit selbst geschenkt
und Angakorok will es wieder mitnehmen in seine lange Winternacht, wenn
Haferschluck Stiefelrock ihn mit seinen sprechenden Tieren wieder verlassen
hat. Angakorok hat es nur mitgebracht zu dieser Lichterfeier.«
    Der
Kasten war bunt bemalt, auf seiner Vorderseite blitzten silberne Röhrchen. Seitlich
ragte eine Kurbel heraus.
    »Ach,
die Drehorgel!« Das Urmel klatschte in die Pelzhandschuhe.
    »Ja«,
antwortete Angakorok. »Die Musik! Man kann sie nicht anfassen, aber sie erfreut
das Herz!«
    Wutz
grunzte: »Der Leierkasten, den du ihm bei unserem letzten Besuch geschenkt
hast, Professor, öfföff! Aber ich erinnere mich, dass er nur das Lied ›O du
lieber Augustin‹ spielen konnte.«
    Das
Urmel hatte sich zu Angakorok vorgedrängelt. Der Eskimo hielt den Leierkasten
im Arm. Das Urmel drehte einmal an der Kurbel, da erklangen die ersten Takte
von »O du lieber Augustin«.
    »O
du löbör Augustön...«, brummelte Seele-Fant sofort erfreut mit und rollte die
Augen nach oben.
    »Nun
ja«, grunzte Wutz. »Das passt doch nun wirklich nicht zu Weihnachten, denn es
geht doch weiter: ›... alles ist hin‹, öfföff!«
    »Ja...
Oder nein!«, rief der Eskimo. »Angakorok kennt dieses Lied so gut, so gut!
Angakorok hat es wohl viele tausend Male gespielt, immer wenn er an seinen
Freund Haderschlump Timaklong und seine Tiere gedacht hat. Dann wurde
Angakoroks Herz fröhlich. Und Angakorok hat dazu seinen eigenen, einen ganz
anderen Text gesungen.«
    »Eunön
eugönön Töxt?« Seele-Fant spitzte die See-Elefantenohren.
    »Diesen
hier«, rief Angakorok.



Ein neuer
Text für eine alte Melodie
     
    Angakorok
drehte die Kurbel, die Melodie vom »Lieben Augustin« erklang und Angakorok sang
mit dröhnender Schamanenstimme:
     
    » Hagaruk
Stiefelsong, Stiefelsong, Stiefelsong,
    Hagaruk
Stiefelsong ist Angakoroks Freund.
    Bald
kommt er zu ihm her,
    Durch das
Eis, durch die Nacht,
    Araruk
Tiefergong ist Angakoroks Freund .«
     
    Angakorok
hörte auf zu singen und zu orgeln. Er sagte: »Der Leierkasten, wie ihr ihn
nennt, flötet doch nur die Melodie. Man kann viele
verschiedene Worte dazu singen. Wir werden noch ein ganz anderes, ganz neues
Lied dazu singen, Worte, die zu diesem Lichterfest passen. Angakorok hat sie
schon gedichtet. Kommt nur hinaus!«
    Alle
traten ins Freie, denn im Zelt wurde es zu eng. Nur die junge Mutter mit dem
Kind blieb an ihrem Platz.
    Angakorok
schaute auf den Weihnachtsbaum. Er hatte ihn zwar selbst geschmückt und die
Kerzen angezündet, aber jetzt sah er ihn doch noch einmal mit anderen Augen.
»Angakorok glaubt zu träumen«, murmelte er. »Wie schön kann die Nacht sein,
wenn die Lichter brennen. Angakorok sieht, wie die Kerzen sich in euren Augen
spiegeln...«
    Er
drehte sich Wutz zu und guckte sie an: »...in den Augen der besten Köchin der
Welt...«
    »Ach,
nicht doch...«, grunzte Wutz gerührt. Ganz gegen ihren Willen entschlüpfte ihr
ein leises »Öff!«.
    Angakorok
schaute das Urmel an: »...in den Augen des allereinzigsten Urmels der Welt...«,
sah dann Ping Pinguin an und rief: »...in den Augen von Flink Flinkuin...«
    Und
dann nahm er den Professor bei den Schultern und zog ihn zum
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