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Unwiderstehliches Verlangen

Titel: Unwiderstehliches Verlangen
Autoren: Jude Deveraux
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einem Ochsenfrosch wie ihm zusammen irgendwo sehen lassen. Dabei wollte sie nur nicht zugeben, daß sie sich kein neues Kleid leisten konnte.
    Ja, sie war in Chandler aufgewachsen. Als ihr Vater starb, war sie zwölf. Ihre Mutter, die sich für eine Schönheit des Südens hielt, hatte eine Ohnmacht vorgetäuscht und war auf eine Couch gesunken, von der sie sich in den nächsten sechs Jahren kaum je erhob. Sie bekamen Geld von der Versicherung, und auch der Bruder ihrer Mutter schickte ihnen Geld. Doch es reichte kaum aus. Ihre Mutter hatte es Jackie überlassen, dafür zu sorgen, daß ihnen das baufällige alte Haus am Stadtrand nicht eines Tages auf den Kopf fiel. Während andere Mädchen lernten, mit dem Lippenstift umzugehen, verbrachte Jackie ihre Wochenenden hämmernd und sägend auf dem Hausdach. Sie hackte Holz, baute einen Zaun, reparierte die Veranda und zimmerte eine neue Vortreppe, als die Stufen der alten Treppe einzubrechen drohten. Mit Hammer und Säge konnte sie umgehen, wußte aber nicht, wie man eine Nagelfeile gebraucht.
    Als Jackie achtzehn war, flog eines Tages ein Flugzeug über sie hinweg. Am Heck flatterte ein langes Spruchband, auf dem für den folgenden Tag eine Luftshow angekündigt wurde. Jackies Mutter, die in Wirklichkeit so gesund wie ein Fisch im Wasser war, fiel an diesem Tag wieder einmal in Ohnmacht. Sie wollte nicht, daß Jackie sie allein ließ. Doch Jackie ging zu dem Flugtag, und hier lernte sie Charley kennen. Als er drei Tage später die Stadt verließ, ging sie mit ihm, und eine Woche später waren sie verheiratet.
    Daraufhin war ihre Mutter nach Georgia zurückgegangen. Ihr Bruder lehnte es ab, sich mit einer eingebildeten Kranken herumzuplagen, und trug ihr auf, sich um seine sechs Kinder zu kümmern. Aus den Briefen, die Jackie nach dem Tod ihrer Mutter vor ein paar Jahren erhielt, ging hervor, daß dies für die »Schönheit des Südens« das beste gewesen war, was ihr hatte zustoßen können, denn nachdem ihre Mutter Chandler verlassen hatte und zu ihren Verwandten gezogen war, war sie eine glückliche Frau geworden.
    »Zwanzig Jahre«, flüsterte Jackie.
    »Was ist?«
    »Es ist zwanzig Jahre her, daß ich mit Charley auf und davon gegangen bin. Manchmal kommt es mir vor, als wäre es erst gestern gewesen, und manchmal so, als wäre es schon drei Lebensalter her.« Sie blickte an ihm hoch. »Haben wir uns kennengelernt, bevor ich mit Charley loszog?«
    »Ja«, sagte er lächelnd. »Damals kannten wir uns schon. Ich habe Sie angebetet, aber Sie hatten kaum einen Blick für mich übrig.«
    Sie lachte. »Das will ich gern glauben. Ich war so voller jugendlichem Stolz.«
    »Das sind Sie immer noch.«
    »Stolz vielleicht ja, aber nicht mehr jugendlich.«
    Darauf sah William sie über das Feuer hinweg an, und Jackie dachte schon, er wäre ärgerlich auf sie. Sie wollte ihn gerade fragen, was los sei, als er schnellen Schritts um das Feuer herumkam, sie in die Arme schloß und fest auf den Mund küßte.
    Jackie hatte in ihrem Leben nur zwei Männer geküßt: ihren Ehemann Charley und einen Piloten, der gerade zu einem Flug aufsteigen wollte, von dem er vielleicht nie wiederkehren würde. Aber jene Küsse ließen sich nicht mit diesem jetzt vergleichen. Es war ein Kuß, der ihr sagte: Ich will mit dir schlafen, ich will jede Nacht mit dir verbringen, ich will dich streicheln und festhalten.
    Als William Jackie losließ, um auf seinen alten Platz zurückzugehen, plumpste sie wieder auf den Erdboden.
    »Ich finde, du bist noch ganz schön jung«, sagte William heiter und schob einen Ast ins Feuer.
    Jackie war sprachlos, aber nun ließ sie ihn nicht mehr aus den Augen. Wie in aller Welt war es möglich, daß sie sich nicht an ihn erinnern konnte? Sie hatte mit mindestens einem halben Dutzend Montgomerys die Schulbank gedrückt, aber an einen William konnte sie sich nicht entsinnen. Nun ja, die Montgomerys hatten alle fünf, sechs Vornamen. Vielleicht hatten sie ihn anders gerufen, möglicherweise Flash oder Rex, oder vielleicht hatten ihn die Mädchen auch einfach Wunderknabe genannt.
    Nachdem William sie geküßt hatte, herrschte ein beklommenes Schweigen zwischen ihnen, bis er es schließlich brach. »Okay, wenn du drei Wünsche frei hättest, was würdest du dir wünschen?« fragte er.
    Sie öffnete schon den Mund, um zu antworten. Aber dann klappte sie ihn wieder zu und sah ihn nur verlegen an.
    »Na, raus mit der Sprache!« sagte er. »So schlimm können deine Wünsche ja nicht
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