Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Unwiderstehliches Verlangen

Titel: Unwiderstehliches Verlangen
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
sich wohl nur den Kopf gestoßen. Vielleicht eine Platzwunde, sonst nichts.«
    »Na, dann bin ich bald wieder okay. Niemand hat einen so harten Schädel wie ich.« Der Mann hielt sie immer noch in den Armen und trug sie von der Maschine weg. Ihr Gewicht schien ihm nicht das mindeste auszumachen. Obwohl ihr schwindlig war, versuchte sie den Kopf zu heben, um ihn anzusehen. Im letzten Tageslicht sah er richtig grotesk aus. Er schien drei Köpfe und sechs Augen zu haben. Nun ja, niemand kann mitten in der Wildnis abstürzen und dann noch das Glück haben, von einem gutaussehenden Mann gerettet zu werden. Wahrscheinlich hatte sie einen Schädelbruch erlitten.
    Urplötzlich wurde sie sehr müde. »Wer sind Sie?« fragte sie mit belegter Stimme.
    »William Montgomery«, antwortete er.
    »Ein Montgomery aus Chandler?« Als er bejahte, schmiegte sich Jackie an seine breite Brust und seufzte erleichtert auf. Nun brauchte sie sich wenigstens keine Gedanken mehr darüber zu machen, daß er vielleicht unehrenhafte Absichten hätte, denn die Montgomerys aus Chandler waren durch die Bank ehrenwerte, unbescholtene Männer. Von denen würde niemals jemand ihre Lage zu seinen Gunsten ausnutzen. Den Montgomerys konnte man jederzeit Vertrauen schenken. Sie waren alle verläßlich.
    Eigentlich schade, dachte sie.
    In gehöriger Entfernung von ihrer Maschine setzte er sie nahe bei seinem Auto, das sie im Zwielicht gerade noch ausmachen konnte, sanft ab, hob ihr Kinn an und sah ihr in die Augen. »Sie bleiben hier liegen und warten auf mich. Ich hole nur ein paar Decken aus dem Wagen und mache dann ein Feuer. Wenn Sie nicht zum Flugplatz zurückkehren, wird doch wohl jemand nach Ihnen suchen?«
    »Nein«, flüsterte sie. Ihr gefiel seine Stimme. Sie strahlte Autorität aus, und sie spürte, daß er mit jeder Situation fertig werden würde.
    »Ich hatte sowieso vor, die Nacht hier zu verbringen«, sagte er. »Mich wird daher auch niemand vermissen. Wenn ich jetzt weggehe, müssen Sie unbedingt wach bleiben, verstehen Sie? Falls Sie einen Schädelbruch haben, dürfen Sie nicht einschlafen. Könnte sein, daß Sie dann nicht wieder aufwachen. Verstanden?«
    Jackie nickte benommen und sah ihm nach. Sehr gutaussehender Mann, dachte sie noch. Dann streckte sie sich auf der Erde aus und schlief prompt ein.
    Wenige Sekunden später schüttelte er sie. »Jackie! Jacqueline!« rief er sie immer wieder bei ihrem Namen, bis sie die Augen aufschlug und ihn ansah.
    »Woher wissen Sie, wer ich bin?« fragte sie. »Kennen wir uns? Es gibt so viele Montgomerys, daß ich sie gar nicht alle auseinanderhalten kann. Haben Sie gesagt, daß Sie mit Vornamen Bill heißen?«
    »William«, sagte er fest. »Ja, wir kennen uns von früher her. Aber Sie werden sich nicht mehr an mich erinnern. Es war keine Bekanntschaft von Bedeutung.«
    »Bekanntschaft von Bedeutung«, wiederholte sie und schloß erneut die Augen. Doch William richtete sie zum Sitzen auf, legte ihr eine Decke um die Schultern und massierte ihr die Hände.
    »Sie müssen wach bleiben, Jackie«, sagte er. Es klang wie ein Befehl, und es war auch einer. »Bleiben Sie wach, und unterhalten Sie sich mit mir! Erzählen Sie mir von Charley!«
    Als er den Namen ihres Ehemanns aussprach, wurde sie ernst. »Charley ist vor zwei Jahren gestorben.«
    William bemühte sich, Holz für ein Lagerfeuer zusammenzutragen, ohne sie dabei aus den Augen zu lassen. Es wurde jetzt schnell dunkel, und er hatte Schwierigkeiten, Reisig auf dem Boden zu finden. Er war oft mit ihrem Mann zusammengetroffen und hatte ihn sehr gemocht: ein großer, robuster, grauhaariger Mann, der viel lachte, viel redete und viel trank. Und er konnte alles fliegen, was sich fliegen ließ.
    Er sah sie wieder schläfrig werden und wußte, daß er sie warmhalten, ihr Nahrung einflößen und sie wachhalten mußte. Sie befand sich noch im Schockzustand, was in Verbindung mit ihrer Verletzung leicht dazu führen konnte, daß sie den nächsten Morgen nicht mehr erlebte.
    »Jackie!« sagte er scharf. »Was ist die größte Lüge gewesen, die Sie je erzählt haben?«
    »Ich bin keine Lügnerin«, sagte sie benommen. »Man würde mich immer dabei ertappen.«
    »Unsinn«, sagte er. »Natürlich lügen Sie auch. Jeder Mensch lügt mal. Man sagt zum Beispiel einer Frau, ihr Hut wäre hübsch, obwohl er in Wirklichkeit schrecklich aussieht. Es geht nicht darum, ob Sie eine Lügnerin sind oder nicht. Ich will wissen, welches die größte Lüge war, die Sie je
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher