Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Untitled

Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
Vom Netzwerk:
in der Sojourner Truth arbeitete. Anschließend fuhr sie mit Alex in ihre Wohnung in Mitchellville. Christine brauchte das.
    Ich betrat das Schulgebäude durch eine Metalltür an der Seite der Turnhalle und hörte die vertrauten Geräusche von Basketbällen, die auf dem Hartholzboden aufprallten, Kinderlachen und fröhliches Geschrei. Christine saß in ihrem Büro über den Computer gebeugt. Sie ist die Rektorin der Sojourner Truth School. Jannie und Damon sind dort Schüler.
    »Alex?«, sagte Christine, als sie mich an der Tür sah. Ich las das Schild an der Wand: Lobe laut, tadle leise. War Christine auch bei mir dazu imstande? »Ich bin gleich fertig. Gib mir nur noch ein, zwei Minuten.« Zumindest schien sie wegen Kyle Craigs Erscheinen bei der Taufe nicht mehr sauer zu sein. Sie warf mich nicht gleich raus.
    »Ich wollte dich von der Schule nach Hause begleiten. Ich trag dir sogar die Mappe«, sagte ich und lächelte. »Ist dir das recht?«
    »Ja, ist gut«, sagte sie, lächelte aber nicht zurück und schien immer noch unendlich weit weg zu sein.
     
    A ls Christine fertig war, schlossen wir gemeinsam die Schule ab und schlenderten über die School Street zur Fünften. Wie versprochen trug ich Christines Aktenmappe, in der bestimmt ein Dutzend Bücher steckten, so schwer war das Ding. Ich versuchte es mit einem kleinen Scherz. »Du hast nicht gesagt, dass du deine Bowling-Kugel auch eingepackt hast.«
    »Ich habe dir doch gesagt, dass die Bücher schwer sind. Wissen wiegt nun mal schwer. – Alex, ich bin froh, dass du heute Abend vorbeigekommen bist.«
    »Ich konnte einfach nicht wegbleiben.« Ich sagte die Wahrheit. Ich wollte Christines Arm nehmen oder zumindest ihre Hand, hielt mich jedoch zurück. Aber es kam mir ungewohnt und falsch vor, ihr so nah und gleichzeitig so fern zu sein. Ich sehnte mich danach, sie in die Arme zu schließen.
    »Ich möchte etwas mit dir besprechen, Alex«, sagte sie schließlich und schaute mir fest in die Augen. An ihrem Gesichtsausdruck erkannte ich, dass mich keine guten Neuigkeiten erwarteten.
    »Ich habe gehofft, es würde mir nichts ausmachen, dass du wieder an einem neuen Mordfall arbeitest, Alex, aber es macht mir etwas aus. Es bringt mich um den Verstand. Ich habe Angst um dich. Ich habe Angst um das Baby. Und ich habe Angst um meine eigene Sicherheit. Ich kann es nicht ändern – nach dem, was auf den Bermudas geschehen ist. Seit ich wieder in Washington bin, habe ich nicht mehr richtig geschlafen.«
    Es zerriss mich, Christine so sprechen zu hören. Ich hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen wegen der schrecklichen Dinge, die ihr zugestoßen waren. Christine hatte sich sehr verändert. Und ich schien nichts tun zu können, um ihr zu helfen. Seit Monaten gab ich mir alle Mühe, aber nichts hatte gewirkt. Ich hatte Angst, nicht nur Christine, sondern auch den kleinen Alex zu verlieren.
    »Ich kann mich an einige meiner Träume der letzten Zeit erinnern. Sie waren sehr gewalttätig, Alex. Und leider sehr real. In einem dieser Träume hast du wieder das Wiesel gejagt, und er … hat dich getötet. Er stand ganz ruhig da und schoss auf dich, immer wieder. Und dann brachte er das Baby und mich um. Ich bin schreiend aufgewacht.«
    Jetzt nahm ich ihre Hand. »Geoffrey Shafer ist tot, Christine«, sagte ich.
    »Das weißt du doch gar nicht. Nicht mit Sicherheit«, widersprach sie und riss ihre Hand los. Sie war wütend.
    Stumm gingen wir am Ufer des Anacostia River entlang. Nach einer Weile erzählte sie mir von ihren Träumen. Doch sie wollte nicht, dass ich diese Träume deutete; das konnte ich spüren. Ich sollte nur zuhören. Die Träume waren von Gewalt erfüllt – Menschen, die Christine kannte und liebte, wurden verstümmelt und ermordet.
    Schließlich blieb sie an der Ecke der Fünften Straße in der Nähe meines Hauses stehen. »Alex, ich muss dir etwas sagen. Ich gehe zu einem Psychiater. Dr. Belair in Mitchellville. Er hilft mir.«
    Christine blickte mir fest und entschlossen in die Augen. »Ich möchte dich nicht mehr sehen, Alex. Ich habe seit Wochen darüber nachgedacht und es auch mit Dr. Belair besprochen. Du kannst mich nicht mehr umstimmen. Ich wäre dir dankbar, wenn du es gar nicht erst versuchen würdest.«
    Christine nahm mir die Aktenmappe aus der Hand und ging davon, bevor ich auch nur ein Wort hervorbrachte. Aber es wäre mir ohnehin schwer gefallen, darauf zu antworten. Ich hatte die Wahrheit in Christines Augen gesehen. Sie liebte mich nicht mehr.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher