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Unterwirf dich

Unterwirf dich

Titel: Unterwirf dich
Autoren: Molly Weatherfield
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auf sie. Neugierig auf bestimmte Besonderheiten (obwohl er wusste, dass er von ihr Antwort auf seine Fragen verlangen konnte), aber auch auf … er war sich nicht sicher, worauf noch. Aber sie war ein Jahr lang fort gewesen, unter anstrengenden Umständen, und in ihrem Alter änderten die Menschen sich …
    Bleib ruhig, sagte er sich. So distanziert wie möglich beobachtete er, wie der Schatten der Blätter auf ihrer blassen Wange spielte. Er machte keine Anstalten aufzustehen, weil sie wohl auch dann nicht rechtzeitig mehr dorthin gelangten, wenn sie sich beeilten.
    Sie zuckte erneut und blickte ihn misstrauisch an. »Ich bin nicht sehr hungrig.«
    »Dann machen wir einen Spaziergang«, sagte er. »Okay? Und danach vielleicht ein Picknick oben auf dem Hügel – auf dem Rochers des Doms. Neben dem Papstpalast. Damit ich dich im Sonnenschein betrachten kann, Carrie.« Und ein bisschen ausquetschen …
    Er war wieder im Vorteil. Entspann dich, Jonathan, dachte er zufrieden. Es ist für alles genug Zeit.
    Carrie
    Es hätte eine Fotoserie sein können. »Gewinnen Sie ein Traum-Date in der Provence« mit Fotos von ihm, wie er mich lächelnd die breite Steintreppe zu diesem Park emporführt, oder beim Anblick der skurrilen Skulpturen zwischen den Rosen. Essen, Baguette und Weinflasche hat er unter den Arm geklemmt, für unser pique-nique , wie er der Frau in der charcuterie anvertraut hat. Oh, und natürlich gibt es auch ein Foto von ihr, wie sie ihn anstrahlt, als sie sich die Hände an der Schürze abwischt und darauf besteht, dass er alle spécialités de la région probiert, bevor er wählt. Als ob sie ihm wirklich pâté zu schmecken geben wollte.
    Die Leute versuchen, ihm zu gefallen, jeder wird bei ihm zum Händler, unterwürfig, ehrerbietig. Er merkt es kaum, lächelt abwesend, wählt das Beste, geht weiter. Und ich habe nur mich selbst anzubieten – ich klinge lächerlich, plappere idiotisches Zeug über den Blick auf die Rhône, die Brücke, die von einer Stadtmauer umgebene Stadt auf der anderen Seite des Flusses. Das Gras ist immer grüner in der anderen mittelalterlichen Stadt.
    Hier in Avignon hat Petrarca Laura das erste Mal gesehen, bei der Messe in der Kirche von St-Claire. Die Familie de Sade behauptete, das Mädchen, das den Dichter inspiriert hat, sei Laure de Noves gewesen, die Frau von Hugues de Sade, der 1355 zweitausend Goldflorins herausgerückt hat, um die Brücke reparieren zu lassen.
    Damals wurde das Wappen der Familie in den Pfeiler gemeißelt, sieben Jahre nachdem Laure an der Pest gestorben war. Sie hatte elf Kinder und gehörte zu einem Hof mit gebildeten Damen, die provenzalische Verse schrieben; diese beiden Tatsachen finde ich viel interessanter als die Frage, ob sie tatsächlich Petrarcas blonde, blutleere Laura war. Natürlich verfocht die Familie de Sade diese These voller Leidenschaft, aber wirklich bewiesen worden ist sie nie.
    Das Wappen kann man von hier aus sehen, allerdings kommt man nicht näher heran – außerhalb der Saison ist der Zugang durch ein verschlossenes Tor versperrt. Hübscher Name, Laure. Am dem Morgen, bevor ich das erste Mal zu Jonathans Haus ging, habe ich über sie gelesen. Wahrscheinlich habe ich deshalb alle Daten und Details ihres Lebens wie besessen auswendig gelernt. Ich wollte mich ablenken, weil ich wusste, worüber er und ich an jenem Nachmittag reden würden. Über die Arrangements und Verhandlungen. Grundregeln, Verordnungen und administrative Details, vereinfacht formuliert für die Novizin, die ich damals noch war. Drei Nachmittage in der Woche. Komm unbekleidet an die Seitentür, knie dich auf eine bestimmte Stelle, gefesselt und wartend. Bereit – das ist der einfache Teil, hatte er gescherzt –, absolut alles zu tun, was er mir befahl.
    Er sagte mir, ich solle ihn alles fragen, was ich wissen musste. Und danach (abgesehen von einer gelegentlichen Auszeit, in der er mir erklärte, wie er die Regeln strenger und herausfordernder gestaltete und ob ich noch Fragen hätte) redete ich nur noch, wenn ich angesprochen wurde. Meistens sagte ich Ja, Jonathan. Oder, unter Tränen, Es tut mir leid, Jonathan , und dann versprach ich, es beim nächsten Mal besser zu machen, schneller zu reagieren, seine Wünsche vorauszuahnen. Manchmal gab es Befragungen – ich errötete, stammelte, verzog den Mund, um unaussprechliche Antworten auf seine unmöglichen Fragen zu geben: Wie fühlst du dich dabei? Beschreibe es für mich. Und später, als er mich mit
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