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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE
Autoren: Paul Preuss
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Thermometer sein, dachte er, nicht das Kühlsystem – er mußte in Betracht ziehen, daß die Elektrik des alten Rover von Lucas stammte, und nicht ohne Grund bezeichneten die Briten Lucas als den Höllenfürsten.
    Er fuhr an die Seite, kletterte heraus und starrte in den Motorraum. Er hörte das gewöhnliche Knistern und Zischen, aber nichts, das überkochte. Er suchte nach einer undichten Leitung, klopfte auf den Schaft der Wasserpumpe, um zu überprüfen, ob sie wackelte; schlug gegen das Thermostat, für den Fall, daß es eingerostet war. Nichts. Trotzdem war es sicherer, das klapprige Ding abkühlen zu lassen.
    Bereits vor einiger Zeit hatte er seine Gesteinsschicht aus den Augen verloren; er dachte daran, den nächsten Wadi ein wenig hoch zu schlendern und zu sehen, ob er sie nicht wieder finden könnte. Ein kleiner beiläufiger Erkundungsgang. Er trug Shorts und Sandalen; für das, was er vorhatte, lohnte es sich nicht, Hosen und Stiefel anzuziehen. Wenn der Wind nicht auffrischen sollte, wäre es in der Sonne warm genug. Er nahm lediglich seine Brieftasche aus dem kleinen Handschuhfach, für den Fall, daß ein neugieriger Ziegenhirte vorbeiwandern sollte.
    Er stapfte über den weißen Sand zum Eingang des Wadi. Diese nackten Felsfalten waren durch die Kollision von Afrika und Europa aufgeworfen worden. Die Erosion hatte alles Weiche von ihren Spitzen und Klippen abgetragen und dort abgelagert, wo es nun lag, unter Leidys Füßen. Auch wenn er gewollt hätte, er hätte sich nicht schneller bewegen können; bei jedem Schritt sammelten sich in seinen schlappenden griechischen Sandalen Sand und Kiesel unter den Zehen. Das war okay. Ein schöner Augenblick, der in seinem Terminkalender nicht vorgesehen war.
    Er sah zu seinem Wagen zurück und weiter, in die sich windende Schlucht in diesiger Ferne – und sah den Mercedes-Laster, der sich um eine Kurve arbeitete. Leidy drückte sich an die Wand des Arroyo und beobachtete den Laster, der anhielt. Die beiden graugekleideten Männer sprangen ab. Wie ein Heuschreckenschwarm fielen sie über seinen Land Rover her, durchwühlten Toilettenpapier und Zahnpasta, Büchsen mit Motoröl, seinen Schlafsack und Unterwäsche, und warfen alles auf den Boden. Sie blickten in den Motorraum.
    Der Fahrer trat zu ihnen, und die drei Männer begannen eine lebhafte Diskussion; er konnte in der dünnen, trockenen Luft selbst aus dieser Entfernung einige arabische Silben vernehmen. Sie ließen den Motor in Ruhe. Vielleicht war er zu alt oder zu britisch, um für sie und ihren deutschen Schlitten von Wert zu sein.
    Sie suchten den Sand ab. Leidy sah, wie sie seine Fußspuren fanden. Sie blickten in seine Richtung und deuteten mit den Fingern. Eine leidenschaftlichere Diskussion entspann sich. Sie machten sich in seine Richtung auf.
    Leidy wartete nicht auf sie. Er betrat den Wadi. Sein Bett wand sich, mäanderte; bald war er von dem tief ausgewaschenen Flußbett umgeben, altertümliche Geröllschichten, die über Millionen von Jahren abgetragen worden waren und sich tief eingeschnitten hatten. Er ging um eine weitere Windung. Ein dunkles Felsenband, seine Struktur, trat an den Felsen über dem Flußbett ans Licht; es zog sich nach Westen hin. Von seinem Standort aus war es nicht zu erreichen; alles, was er tun mußte, so schien es, war weiterzugehen. Nach wenigen hundert Metern mußten sich, bei einigem Glück, das Felsenband und er treffen.
    Was sollte er mit den Typen machten, die ihm folgten?
    Er nahm die Sandalen ab, hielt sie in den Händen und begann zu laufen.
    Der Wadi verengte sich, bis der Himmel über ihn ein leuchtend blauer Streifen zwischen gelben, roten und rosaroten Erdwällen war. Was wie ein leichter Pfad schien, wurde durch eine Schicht harten roten Sandsteins unterbrochen, eine Wand, die sich über den sandigen Boden erstreckte.
    Er zog sich einige Meter den trockenen Wasserfall hoch. Wieder hinunterzukommen würde einen guten Sprung erfordern.
    Einige Schritte hinter dem trockenen Katarakt weitete sich der Wadi zu einem natürlichen Amphitheater, aus dem es keinen leichten Ausgang gab. Überall um ihn herum kamen Nebenrinnsale in Miniaturterrassen aus Kies und rotem und gelbem Lehm von den Wänden herab. Ein hübscher Ort, mit freistehenden Sandsteinzinnen, die Märchenschlössern glichen, ihre Schatten diffundierten im reflektierten Sonnenlicht; weiche Farben, die, je länger er sie beobachtete, sich veränderten und intensiver wurden.
    Ein hübscher Ort, aber eine
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