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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen
Autoren: Werner Legere
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einen Vertrag unterschreiben.
    Etwas hatte ich aber bereits gelernt. Ich erkannte, daß man mich brauchte. Und ich habe mich nicht billig verkauft. Einverstanden, habe ich gesagt, zugleich aber die Hand ausgestreckt, wenn ihr mir eine gewisse Summe dafür zahlt.’ Was ich nicht zu glauben wagte, geschah.
    Der Betrag wurde bewilligt. Ich unterschrieb – und war danach reich.«
    »Und was besagt der Vertrag? Wozu mußtest du dich verpflichten?« fragt Pietro.
    »Ich verpflichtete mich, da mir kein anderer Weg blieb, auch wenn meine Forderung abgelehnt worden wäre, dem Dey von Algier alle Schiffe zu melden, die Segel nach dem südlichen Mittelmeer setzen würden.«
    Pietro springt auf. »Und du hast es getan, Vater? Du –
    hast – es getan? Hast den Korsaren die Beute in die Hände gespielt?«
    »Ja!« Jetzt erst hebt Gravelli die Augen von der kostbaren Tischdecke, deren Muster er die ganze Zeit stumpf betrachtet hat. Hart und fest bohren sie sich in die des Sohns. Diesem zwingenden Blick weicht der Jüngere aus.
    »Was weiter?« fragt Pietro.
    »Mit dem Gold des Deys als Grundstock habe ich meine großen Geschäfte angebahnt und ein Vermögen zu-sammengebracht, dessen Umfang du noch nicht kennst.
    Ich werde dir dann vielleicht mein Geheimbuch zeigen.
    Für jetzt aber wisse: Es ist aus mit deinen Tändeleien, mit deinem Nichtstun. Ich brauche dich. Man hat mir den Tod angedroht, wenn ich den Vertrag nicht weiter einhalte. In der letzten Zeit habe ich nur noch selten Meldungen gesandt. Der Dey und vor allem dieser Mann«, Gravelli deutet mit einer Kopfbewegung an, daß er von Benelli spricht, »sind jedoch keine Partner, die sich betrügen lassen. Ich muß meinem Versprechen wieder voll nachkommen. Das macht mir keine Sorgen, aber etwas anderes: Ich traue ihnen nicht mehr. Man hat mich in der Hand. Sollte es ihnen einfallen, mich zugrunde richten zu wollen, dann gilt es größten Kampf; denn ich werde mich wehren. Und dabei mußt du mir beistehen.«
    Beängstigende Stille liegt über dem Raum. Nur das Ticken der Uhr, Schlag um Schlag, kündet das Fort-schreiten der Zeit. Viele Male schwingt das Pendel.
    Pietro schweigt.
    Gravelli hat sich im Ohrensessel zurückgelehnt. Die rechte Hand liegt auf dem Herzen, wohl um das heftige Pochen zu dämpfen. Pietro schweigt.
    »Pietro!«
    Der Angerufene richtet sich schwer aus seiner zusam-mengesunkenen Haltung auf.
    »Es ist furchtbar! Wie viele Menschen mögen durch deinen…«, er spricht das Wort »Verrat« nicht aus,
    »durch deine Nachrichten in den Tod oder in die nicht minder grausame Sklaverei bei den Barbaresken geraten sein?«
    »So verurteilst du mich, Sohn?« Die Worte des Bankiers klingen hart; dennoch spürt Pietro den ausgeprägten Familiensinn des Alten.
    »Ich verwerfe eine Zusammenarbeit mit den Seeräubern!«
    »Die uns reich gemacht hat!«
    »Die Unglück sät!«
    »Die uns zur Macht führte! Nur dadurch war es möglich, dich auf die Hochschule zu schicken. Nur dadurch konntest du deinen kostspieligen künstlerischen Neigun-gen nachgehen. Nur dadurch vermochtest du, große Reisen zu unternehmen, allen Liebhabereien zu frönen. Nur dadurch fandest du Zugang zu den reichsten und angese-hensten Familien des Landes. Nur dadurch errangst du die Liebe der schönsten Tochter eines der ersten Häuser Italiens. Nur dadurch! Und durch mich, durch meine Verbindung mit dem Dey von Algier!«
    »Und dennoch tatest du unrecht!«
    »Ist das dein letztes Wort?« fragt Gravelli lauernd.
    »Wenn ich es nicht noch durch ,Verrat’ verstärken soll!«
    Der Alte ist wie umgewandelt.
    »Ich verfluche meine Liebe zu dir. Sie hat mich verführt, dir ein Leben zu bereiten wie keinem anderen jungen Mann in Genua und weit und breit. So bist du unfä-
    hig zu erkennen, daß jeder Tag Kampf heißt, und undankbar. Wieviel besser wäre es gewesen, dich zur Arbeit heranzuziehen, wie es der hochnäsige Andrea Parvisi mit seinem Sohn Luigi getan hat. Der junge Parvisi ist ein tüchtiger Kaufmann geworden, einer, der fähig ist, unter Umständen auch mir die Kreise zu stören. Luigi, den ich hasse wie keinen sonst, ist der Sohn seines Vaters. Er wird den Alten nicht verraten. Sein Mund spricht bestimmt niemals solche Worte, wie du sie eben für mich hattest. Luigi Parvisi, der dich und mich tödlich beleidigte, muß ich über den eigenen Sohn stellen. Das ist hart! Aber das Leben ist oftmals unbarmherzig hart mit mir umgesprungen. Es wird mich auch jetzt nicht beugen, selbst wenn ein Mitglied
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