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Unter die Haut: Roman (German Edition)

Unter die Haut: Roman (German Edition)

Titel: Unter die Haut: Roman (German Edition)
Autoren: Susan Andersen
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erst die Aufwärmübung war. Wenn sie erst einmal richtig loslegten, waren sie kaum noch zu bremsen. Sherry hatte ihm erzählt, dass sie schon immer miteinander gesungen hatten, meistens a cappella, und er musste zugeben, dass sie ziemlich gut waren. Es war unterhaltsam – gar kein Zweifel, aber es konnte einen auch aus der Fassung bringen, wenn die Leute, mit denen man sich in einem Raum befand, plötzlich lauthals zu singen anfingen.
     
    Singen? Fingen die etwa auch noch an zu singen? Jetzt war das Maß voll. Vincent D’Ambruzzi schleuderte die Bettdecke zur Seite und sprang aus dem Bett.
    Seit gut zwei Stunden kam aus der Wohnung nebenan ein nervtötendes Getrampel und Geklopfe. Noch nervtötender war das laute Gelächter, das durch die Wände drang und durchs ganze Treppenhaus hallte. Er hatte sich damit abgefunden und seinen Ärger im Zaum gehalten, aber genug war genug. Gerade als er gedacht hatte, dass sie jetzt endlich Ruhe geben würden, hatten sie mit ihrer Singerei angefangen und es damit endgültig geschafft, dass ihm der Geduldsfaden riss. Er hatte an diesem Vormittag gerade mal lausige vier Stunden geschlafen und war nicht in der Stimmung für solchen Quatsch.
    Vincent griff nach dem Erstbesten, was ihm zwischen die Finger kam, kurze rote Shorts, die er zum Joggen trug, und stöhnte auf, als er sich nach unten beugte, um sie über seine Beine zu streifen. Er verspürte einen starken Druck hinter den Augen, und er wusste aus Erfahrung, dass dies der Vorbote unerträglicher Kopfschmerzen war. Mit genügend Schlaf ließen sie sich vertreiben, aber Schlaf schien genau das zu sein, was ihm die lärmende Bande nebenan nicht gönnen wollte.
    Denen würde er es zeigen.
    Erst als er bereits wütend gegen die Tür der Nachbarwohnung gehämmert hatte, fiel ihm etwas anderes ein. Scheiße, warum hatte er sich nicht einfach das Kissen über den Kopf gezogen? Wahrscheinlich ging es schon gegen Mittag – er hatte nicht auf die Uhr gesehen. Und so laut sangen sie eigentlich auch nicht. Aber nachdem ihm zuvor schon das laute Gepolter den Schlaf geraubt und dazu geführt hatte, dass er sich in dem vergeblichen Versuch, ein paar Stunden ungestörter Ruhe zu finden, von einer Seite auf die andere wälzte, hatte ihm die Singerei gerade noch gefehlt. Vincent fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und wollte gerade wieder gehen. Aber es war zu spät. Die Tür hinter ihm öffnete sich.
    »Ja?«
    Er holte tief Luft und drehte sich um, die Hand noch in seinen dichten Haaren vergraben.
    Ivy ertappte sich dabei, wie sie ihn mit offenem Mund anstarrte, und es kostete sie eine gewisse Anstrengung, ihren Mund wieder zu schließen. Als sie das Klopfen gehört hatte, war sie automatisch aufgesprungen, um zur Tür zu gehen. Ohne lange darüber nachzudenken, wer da wohl so herrisch Einlass begehrte, hatte sie sie geöffnet, und als sie jetzt den Mann auf ihrer Schwelle anstarrte, dachte sie leicht benommen, dass ihr das auch nicht weitergeholfen hätte. Niemals hätte ihre Fantasie gereicht, um sich jemanden vorzustellen, der auch nur im Entferntesten diesem feindselig wirkenden, halb nackten Mann ähnelte.
    Er war vielleicht zehn Zentimeter größer als sie, allein das war schon ungewöhnlich, weil sie selbst fast eins achtzig maß und deshalb den meisten Männern, denen sie begegnete, Auge in Auge gegenüberstand. Und er wirkte dunkel – sehr dunkel. Daran musste es liegen, dachte sie, dass sie ihre Augen nicht von ihm lösen konnte – sie war einen Moment lang wie gebannt von dem Anblick des schwarzen Haarbüschels in seiner Achselhöhle, den dichten schwarzen Haaren auf seinem Kopf, den breiten schwarzen Augenbrauen. Seine Augen waren ebenfalls schwarz und seine dunklen Wimpern waren so dicht, dass sie sich im äußeren Augenwinkel ineinander verfingen. Der bläuliche Schatten auf Kinn und Wangen sah so aus, als wäre er immer da, seine Arme waren von den Ellbogen bis zum Handgelenk mit feinen schwarzen Härchen bedeckt, und auf seiner Brust zog sich dichter schwarzer Flaum als Dreieck von den Schulterblättern bis zum Bauch, verjüngte sich zum Nabel hin zu einem seidig schimmernden Streifen und verschwand schließlich unter dem Bund dieser knappen roten Shorts.
    Sie rief sich im Stillen zur Räson. Mein Gott, Ivy, es ist Sommer – um diese Jahreszeit ist Sonnenbräune nicht unbedingt etwas Ungewöhnliches . Aber irgendwie wusste sie, dass die Bräune dieses Mannes nicht daher rührte, dass er Stunden am Strand gelegen
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