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Unter Deutschen

Unter Deutschen

Titel: Unter Deutschen
Autoren: J Kennedy
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Kriegsgefangener im Keller eines Schlachthofs überlebt hatte, mit seinem Roman »Slaughterhouse-Five« (1969). Nicht lange nach Kennedys Aufenthaltdrehte der italienische Regisseur Roberto Rossellini im zertrümmerten Berlin einen halbdokumentarischen Spielfilm mit deutschen Laiendarstellern, der die materielle und seelische Verheerung vor Augen führt, indem er von einem verwahrlosten und verblendeten Jugendlichen erzählt, der in der Not seinen eigenen Vater umbringt: »Germania anno zero« (1947).
    Kennedys Fazit zum Luftkrieg fällt negativ aus: »die Bombardierung hat die deutsche Rüstungsproduktion nicht aufhalten können«. Aber die Schäden, die sie hinterließ, sind beträchtlich – und sie werden noch lange sichtbar bleiben. Für die Stadt, die er achtzehn Jahre später als Präsident wiedersehen wird, stellt er eine pessimistische Prognose: Berlin könne »eine ruinierte, unproduktive Stadt bleiben.«
    Wenige Tage nachdem er dies aufgeschrieben hat, sollte der Bombenkrieg ein nie dagewesenes Ausmaß erreichen. Als Kennedy in Potsdam eintraf, hatte Präsident Truman dort den Befehl zum Einsatz von Atomwaffen gegeben. Als Kennedy mit Minister Forrestal in die USA zurückfliegt, wird die japanische Stadt Hiroshima vernichtet.
    In Frankfurt besucht JFK das IG-Farben-Gebäude, die Zentrale des Konzerns, der in großem Stil von der Zwangsarbeit in Auschwitz profitiert und das Zyklon B für die Gaskammern hergestellt hatte. Aber nur an einer Stelle erwähnt der Reporter die deutschen Verbrechen. Als er eine deutsche Frau zitiert, fällt das Wort »Konzentrationslager«: »Die Menschen begriffen nicht, was in den Konzentrationslagern vor sich ging.« Er selbst scheint das verfügbare Wissen um den Völkermord zu vernachlässigen und sich weniger für moralische Fragen als für militärische Technologie zu interessieren (etwa für die12 000-Pfund schwere bunkerbrechende »Tallboy«-Bombe, die »Willow Run«-Fabrik zur Serienproduktion von Langstreckenbombern oder die »Schnorchel«-Technik der deutschen Unterseeboote).
    Dabei hatte Martha Dodd, die bereits vorgestellte Tochter des Botschafters der USA in Berlin, in ihrem vielgelesenen Buch noch vor Kriegsbeginn gewarnt, Hitler sei versessen auf die »Auslöschung« des jüdischen Volkes. Und Edward Murrow hat noch vor Kriegsende Buchenwald besichtigt und im Radioprogramm von CBS aus dem befreiten KZ berichtet. »Für das meiste«, gestand der erfahrene Kriegsreporter, »fehlen mir die Worte.«
    Allerdings ahnt Kennedy, dass ein gewisses Obrigkeitsdenken (»geradezu willfährig im Entgegennehmen von Befehlen«) und eine Bereitschaft (»äußerst beflissen«), mit großer Gründlichkeit (»effizient«, »leidenschaftlich exakt«) beliebige Aufgaben auszuführen, fatale Konsequenzen haben können: »Die Fügsamkeit der deutschen Beamten macht deutlich, wie einfach es in Deutschland wäre, die Macht an sich zu reißen.« Was den Ausschlag geben kann, ist eine mitreißende Führerpersönlichkeit.
    Zum Ende seiner deutschen Reise versucht John F. Kennedy, die dunkle Faszination auszuleuchten, die von Adolf Hitler auch nach dessen Tod noch ausging. Im Ausland hatte man sich schon lange vor der Machtübernahme für den »Führer« der NSDAP interessiert und allmählich einen Hitler-Mythos geschaffen, der diese zugleich biedere und gefährliche, lächerliche wie diabolische Figur umgab. Dieser Mythos reicht weit zurück: Er entstand, nachdem Karl Henry von Wiegand als erster US-amerikanischer Korrespondent den MünchenerAgitator interviewt und als »deutschen Mussolini« dargestellt hatte (1922); ihn nährte Dorothy Thompsons Porträt-Buch »I Saw Hitler!« (1932); und eine bebilderte Reportage über »Hitler’s Mountain Home« in der englischen Zeitschrift Homes & Gardens (1938) machte ihn anschaulich, indem sie das angeblich gemütliche Heim am Obersalzberg verklärte, das der Vegetarier als »sein eigener Architekt« entworfen habe und das »die schönste Aussicht in ganz Europa« gewähre.
    Kennedy sucht zunächst die Ruine der Reichskanzlei auf. Er begibt sich hinab in den Führerbunker. Dort beschreibt er den Raum, in dem Hitler Selbstmord beging und wo noch Brandspuren zu sehen sind. Zum Abschluss seiner Reise fährt er zum Obersalzberg bei Berchtesgaden. Er besichtigt den aus dem »Haus Wachenfeld« entstandenen »Berghof«, Hitlers Landhaus am Hang, und das zusätzlich erbaute »Kehlsteinhaus« auf dem Gipfel, das die Amerikaner »Adlerhorst« nennen.
    Am Ende
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