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Unter Deutschen

Unter Deutschen

Titel: Unter Deutschen
Autoren: J Kennedy
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instinktiv abgestoßen von der Nazi-Sympathisantin und Hitler-Verehrerin: »Sie ist der denkbar glühendste Nazi«, schreibt er, »wahrscheinlich ist sie in Hitler verliebt.«
    Sein Bruder begegnet am Urlaubsort der Familie an der Côte d’Azur keiner englischen NS-Sympathisantin, sondern einer deutschenSchauspielerin, die in die USA ins Exil gegangen ist und sich nun in Begleitung des Schriftstellers Erich Maria Remarque (Autor des Antikriegsromans »Im Westen nichts Neues« von 1929) in Antibes aufhält: Marlene Dietrich erinnert sich in ihren Memoiren, dass sie im letzten Friedenssommer mit dem jungen Jack Kennedy tanzte.
    Dass Kennedys Reisen durch das »Dritte Reich« in den USA filmreife und erotische Phantasien auslösten, zeigt die zweiteilige Fernsehproduktion »JFK – Reckless Youth« (von Harry Winer, 1993, mit Patrick Dempsey). Eine besonders klischeedichte Episode inszeniert die Fahrt mit Torbert Macdonald durch Italien und Deutschland im Sommer 1939 (in die auch Elemente der Reise mit Lem Billings aus dem Jahr 1937 aufgenommen werden): Kennedys Verhältnis zum Faschismus wird hier konsequent sexualisiert. Gleich zu Beginn nehmen die Amerikaner eine deutsche Anhalterin mit, die rothaarige Beate, die das Verführerische und das Gefährliche ihres Landes in der klassischen Doppelrolle von Hure und Heiliger vereint. Sie taucht vor einer Marienstatue auf und landet in der nächsten Szene mit dem Helden im Bett, während draußen ein faschistischer Aufmarsch zu hören ist. Ein Kammerkonzert (Wagner) versetzt sie anschließend in eine Erregung, die offenbar nur Deutsche empfinden können. »You’re not German«, erklärt sie dem Amerikaner. Und dieser fragt sich: »Wie kann ein Land so viel Schönheit und zugleich so viel Gewalt hervorbringen?« Als er dieser Frage auf den Grund geht, nähert sich Kennedy im Film ausgerechnet erotisch auf sehr unheimliche Weise den Deutschen an. In einem Bierkeller kommt es, als das Horst-Wessel-Lied gesungen wird, zu einer sexuellen Rivalität mit Beates deutschemFreund, der dem Typus des eleganten Film-Nazis entspricht, eine schwarze Phantasieuniform (zwischen Tracht, SS und existentialistischem Dandy) sowie den pseudopreußischen Namen Joachim von Hildenstein trägt, aber in Oxford studiert hat und entsprechendes Englisch spricht. Kennedy wiederum sagt gerade hier einige Worte in deutscher Sprache, und zwar über das Bier, die Metapher des deutschen Rausches: »Das ist gut.«
    Das Verhältnis zu Deutschland ist ein untergründiges Leitmotiv des gesamten Films, der Kennedys Leben von der Kindheit bis zum ersten Wahlerfolg nacherzählt. So wird die NS-Diktatur scherzhaft mit dem Regime verglichen, das der Direktor seines Internats in Connecticut führte. Unverhohlen wird auf den Reiz insbesondere »deutscher Anhalterinnen« angespielt. Der Vater schickt Jack und Torb auf die Reise, indem er sie ironisch mit Adolf Hitler gleichsetzt, und zwar als rücksichtslose Verführer: »Wenn die Leute denken, Hitler sei übel, dann sollen sie mal abwarten, bis sie euch beide sehen.« Später gerät Kennedys blonde Geliebte Inga Arvad, obwohl sie Dänin ist, in den Verdacht, eine »deutsche Spionin« zu sein. Auch sie repräsentiert also eine deutsche Versuchung, die Schönheit und Faschismus verbindet. Da sie als Journalistin Adolf Hitler kennengelernt hat, fragt Kennedy, während ihn Inga verführt: »Hast du so Hitler interviewt?«
    In ähnlicher Weise inszeniert Francine Mathews Kennedys Verhältnis zum Nationalsozialismus in ihrem Spionagethriller »Jack 1939« (2012). Der Roman der ehemaligen CIA-Mitarbeiterin geht von der wenig glaubwürdigen Fiktion aus, dass Präsident Roosevelt den 22-jährigen Botschaftersohn im Frühjahr 1939 als Spezialagentenanheuert, um in Europa ein Nazi-Netzwerk auszuspähen, das mit Bestechungsgeldern die Präsidentschaftswahlen in den USA beeinflussen will – und in das beschämenderweise auch Kennedy senior verwickelt ist. Das Klischee des eleganten Sadisten (»ein Connoisseur – der Speisen, der Musik, der Gewalt«) und teuflischen Verführers (»seine Hand auf ihrem Rücken war berauschend«) erfüllt hier Reinhard Heydrich, der Chef der Gestapo. Mit ihm konkurriert Kennedy, während ihn seine Mission nach Berlin, Danzig, Moskau, Wien, Prag und Warschau führt, um dieselbe Frau. Der amerikanische Geheimagent verliert dabei die geheimnisvolle Geliebte an den deutschen Geheimpolizeichef. Geplagt von eifersüchtigen Phantasien, folgt er den beiden
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