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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern
Autoren: Tanja Kinkel
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er s i ch zu Heinrich Fehr.
    »Verzeihung, Herr Fehr, das Essen war so gut, daß m ein Vater und Dr. Gold m a nn offenbar vergessen haben, was sie m einer Tante versprochen hatten. Meine Tante Gisela besucht uns nä m lich gerade, und sie ist…«
    »…krank«, fiel Rainer König ein, der an diesem Abend noch wach genug war, um zu erkennen, worauf sein Sohn hinauswollte. »Dr. Gold m ann behandelt sie. Ja, Hei n rich, du m u ßt uns wirklich entschuldigen, tut m i r leid…«
    »Mir auch«, sagte Carlas Vater. Er rührte sich nicht. »Schon gut, ich verstehe. Du und ich, wir wissen ja beide, wie schwer es ist, Dr. Gold m ann von einer Da m e in Not f e rnzuhalten, nicht wahr?«
    Dies m al brachen der Hohn und die Verbitterung in seiner Stim m e aus jeder mißverständlichen Höfli c hkeit heraus. Carla wartete auf einen ähnlichen Ausbruch Dr. Gold m anns, aber der Arzt, der im Vergleich zu ihrem V a ter klein und fast zierlich wirkte, s agte n u r traurig und ruhig:
    »Ich wollte, es wäre so, Herr Fehr. Ich wollte, es wäre so.«
    Als die Königs und Dr. Gold m ann verschwunden waren, entspannte sich die A t m osphäre etwas, und Heinrich Fehr bat Marianne, auf dem Klavier vorzuspielen, was sie m it sichtlicher Freude und Erleichterung tat. Angeberin, dachte C arla m it dem Neid, der bei solchen Gelegenheiten auto m atisch in ihr hochkroch; Marianne konnte nä m lich wirklich g u t K l avi e r s p ielen, nicht nur pflichtge m äß wie Käthe Brod. Außerdem intonierte Marianne nicht irgend etwas, sondern ein Lied, das ihr Vater selbst ko m poniert hatte, in seiner Jugend, ehe er heiratete, die Le d erfabr i k übernahm und den Gedanken an ein Künstlerleben endgültig hinter sich ließ. Dennoch blieb er sehr stolz auf seine wenigen Kompositio n en, und darin lag das Bestehen auf eine m usikalische Erziehung seiner T öchter begründet.
    Marianne hatte m it ihrem Versuch, den Vater zu besänftigen, so lange E r folg, bis die arglose A nni, die von den Ereignissen des Abends weniger als jeder andere verstanden hatte, m einte: »So ein gescheites Mädel, und was du all e s kannst! G ell, da hast du gewiß schon viele Verehrer?«
    Marianne unterbrach ihr Spiel und erwiderte mit spröder Stim m e:
    »Ich küm m e re m i ch nicht um solche Dinge, gnädige Frau.«
    »Das solltest du aber«, knurrte Heinr i ch Fehr, erneut schlecht gelaunt und mit einer Verärgerung, die beiden galt. »So, wie es aussieht, bleibt ein Schwiegersohn m e ine letzte Hoffnung für die Fabrik! Mädchen, nichts als überflüssige Mädchen.«
    Das riß Carla aus d e m Be m ühen, in Gedanken das Puzzle des heutigen Aben d s richtig zu s ammenzusetzen. Sie b allte die Hände, so daß sich ihre Nägel, die m an längst h ä tte schneiden sollen, sc h m erzhaft in die Hand f lächen gruben, schaute zu Marianne und stellte fest, daß ihre Schwe s ter trotz des sechzehn J ahre härteren Schutzsc h ildes genau das gleiche getan hatte. Ihre Blicke k reuzten sich. Es war einer der Mo m ente, in denen die Kluft zwischen ihnen keine Rolle m ehr spielte.
    Anni m ochte weder gebildet no c h klug sein, aber diese Art von Verletzung verstand a u ch sie. Sie versuchte, der Be m erkung ihres Mannes eine andere W endung zu geben.
    »Natürlich, jeder stolze Vater wün s cht s i ch, s ei n e Tochter z u m Altar zu führen.«
    Dann fiel ihr ein, daß H einrich ja aus der Kirche ausgetreten war, und sie setzte hastig das erste hinzu, was ihr einfiel: »Und daß du viele Vere h r er h ast, Marianne, das ist doch k lar. W eißt, der Dr. Gold m ann heut’ abend hat auch kaum wegschauen können und…«
    Marian n e stand so abrupt auf, daß der Klaviersche m el umfiel. »Ich wäre Ihnen dankbar, gnädige Frau«, sagte sie eisig, »wenn Sie es zukünftig unterließen, diesen Herrn in m einer Gegenwart zu erwähnen. Und ich bin sicher, daß m ein Vater für ein ähnliches Taktgefühl…«
    Ihre Selbstbeherrschung brach zusammen, und sie rannte aus d e m Zimmer. Heinrich Fehr stand auf, griff Anni beim Ellenbogen und zog sie e b e n falls fort. Nur Car l a und Käthe Brod blieben zurück.
    »Fräulein B r od«, begann Carla, a b er zu ihrer großen Überraschung stand es um die Contenance ihrer Erzieherin ebenfalls nic h t zum besten.
    »Gute Nacht, Carla«, sagte Fräulein Brod und klang so ungewöhnlich, daß Carla ihr nachging und sie am Ä r m el be r ührte. Ihre Erzieherin fuhr heru m , und Ca r l a war ers c hreckt und fasziniert zugleich von dem leidenscha f tlic
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