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Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)

Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)

Titel: Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)
Autoren: Kirsten Greco
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Gähnend schlüpfte sie in ihre Lederhose und folgte ihr. Anna hatte die braune Kerze auf die Ladentheke gestellt, drei weitere in leere Flaschen gesteckt auf die Fensterbänke verteilt.
    »Und was genau suchen wir?«, stöhnte Erin.
    Anna räumte das Spielzeug aus den spärlich bestückten Regalen, wobei sie jedes Teil sorgfältig untersuchte. »Scheiß Stromsperre«, schimpfte sie ein weiteres Mal, sah kurz auf und grinste. »Entschuldigung, ich wollte nicht fluchen. Ich weiß nicht, wonach ich suche, Erin, aber ich denke, wenn wir es finden, wissen wir es.«
    Erin zuckte mit den Schultern. Seufzend folgte sie Annas Beispiel.
    Sie arbeiteten gründlich und systematisch. In einer Ecke auf dem Boden stapelten sich Puppen, Bauklötze und Spiele. Jeweils den Regalen entnommen, gedreht und gewendet, und schließlich beiseitegelegt. Nach gut zwei Stunden waren die Regale leer und zwei Augenpaare gerötet. Die Kerzen spendeten nur wenig Licht und Anna wollte sichergehen, dass ihr nichts entging.
    »Sch…«
    »Ich weiß, Anna, blöde Stromsperre. Also in den Regalen ist nichts, was irgendwie auffällig ist. Vielleicht war es nur ein Traum«, versuchte Erin es behutsam, doch Anna schüttelte den Kopf.
    »War es nicht, Erin. Wir stellen uns einfach nur zu blöd an. Vielleicht …«, sie zitterte wieder, »vielleicht in Papas Werkstatt.«
    »Dann müssen wir wohl dort nachsehen.« Erin holte tief Luft. »Komm, Anna. Es ist nur ein Keller.«
    War es kälter geworden? Sie ging wirklich nicht gern dort hinunter. Wenn möglich nahm ihr jemand den Gang in den Keller ab. Hin und wieder nutzte Peter die einfache Werkstatt, um Spielzeug auszubessern. Außerdem bewahrten sie dort Milch oder andere Lebensmittel auf. Für sie war es ein Ort, der sie an die schlimmste Nacht ihres Lebens erinnerte. Anna rieb sich ihre Arme und folgte Erin schließlich. Mit wackligen Beinen stieg sie die wenigen Stufen, die in den Raum unter dem Sonneneck führten, hinunter. Erin lächelte ihr aufmunternd zu, als sie eine Kerze auf die Werkbank stellte. Anna fuhr mit dem Finger über die raue Arbeitsplatte. Peter schien schon längere Zeit nicht mehr hier gewesen zu sein, an ihrem Finger klebte mehr Staub als Sägespäne. In einer Ecke stand ein Krug mit einer Pfütze Milch neben drei schrumpligen Äpfeln. Vorsichtig schob Anna die Kanne zur Seite und hob die Äpfel hoch, während Erin das Werkzeug aus dem Regal räumte, untersuchte und schließlich enttäuscht auf die Werkbank legte.
    »Anna, bist du sicher?«, fragte sie.
    Anna seufzte. »Ich bin mir ganz sicher, Erin.« Sie ließ sich auf dem kleinen Schemel nieder, auf dem sie ihren Vater so oft hatte sitzen sehen, und rieb sich die müden Augen. Ihr wurde einfach nicht warm. Sie wusste, was sie tun musste, schon längst hätte tun müssen. Sie konnte nicht länger davonlaufen, sonst würden die Sirenen niemals aufhören zu heulen, das Echo der Bomben nie verhallen.
    »Vielleicht suchst du oben noch einmal, Erin. Ich muss nachdenken, allein befürchte ich.«
    Erin sah Anna erstaunt an. »Hier?«
    Anna hob die Hände zu einer Geste der Hilflosigkeit. »Ich befürchte gerade hier.«
    In Ordnung, Anna.« Erin seufzte. »Ich bin genau über dir, ruf einfach wenn … wenn du mich brauchst.«
    Anna hörte sie nicht mehr, sie hatte ihren Kopf gesenkt und ihre Hände im Schoß gefaltet.
     
    Sie hatte Angst, große Angst. Von draußen war das Heulen der Sirenen, das Dröhnen der nahenden Bomberverbände zu hören. Sei so gut, Anna, hol mir eins der kleinen Holzautos. Papa hatte gelacht, als er die Bitte aussprach. Ich denke, wir haben noch einige im Regal stehen. Moritz hat morgen Geburtstag, er soll wenigstens ein Geschenk bekommen. Er wollte ihm eine Freude machen, ihn lachen sehen. Papa brauchte das. Dann hatte er ihr das zerkratzte Feuerzeug in die Hand gedrückt. Mach dir dort eine Kerze an, es ist schon fast dunkel. Falls es Stromsperre gibt. Anna sah sich um, die braune Kerze stand flackernd auf der Werkbank. Papa, du kannst doch nicht alles verschenken … Er lächelte immer noch, küsste sie auf die Stirn und schickte sie mit einer flüchtigen Umarmung los. Doch, mein Kind, das kann ich. Uns geht es doch gut. Beeil dich. Uns geht es doch gut … Er hatte es so gemeint, ihm ging es gut. Er und Mama waren glücklich, trotz des Krieges, trotz des Hungers, trotzdem …
    Sie erinnerte sich an den Tag, als Alexander ihr das erste Mal von seinen Träumen und Visionen erzählt hatte. Sie waren gerade in
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