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Unter deinem Stern

Unter deinem Stern

Titel: Unter deinem Stern
Autoren: Victoria Connelly
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acht?«
    »Vielleicht lieber um Viertel vor?«
    »In Ordnung.« Er lächelte. »Viertel vor.«
     
    Simon lag hellwach im Bett. Natürlich wusste er genau, warum er nicht wieder einschlafen konnte. Weil er es ihr unbedingt sagen musste.
    Stöhnend richtete er sich auf und stauchte sein Kopfkissen zurecht. Es war Samstagnacht, die Nacht des Trubels, die Nacht der Liebe und des Vergnügens und – der Geständnisse?
    Das Kleid war doch sicherlich ein Signal gewesen. Claudie hätte bestimmt nicht ein so knallrotes Kleid angezogen, wenn sie seine Gefühle nicht erwiderte. Andererseits hatte sie für ein Wochenende in Paris mit Kristen gepackt – nicht mit ihm. Sie hatte das Kleid garantiert nicht gekauft, um ihm ein Zeichen zu geben.
    Sie wollte sich eine Viertelstunde früher mit ihm zum Frühstück treffen. Das zumindest war ein gutes Zeichen. Oder sollte er dieser Viertelstunde lieber keine Bedeutung beimessen? Vielleicht wollte sie einfach möglichst viel von dem Tag haben.
    Er stand auf, trat ans Fenster und spähte auf die dunkle Straße hinunter. Na ja, ganz dunkel war es nicht da unten, wie Claudie bemerkt hatte, es war eher das Halbdunkel der Großstadt.
    Es war fast vier Uhr. Bald würde ihr letzter Tag in Paris anfangen, und Simon hatte das Gefühl, als hätte jemand eine Sanduhr umgedreht und ihm rieselte nun die Zeit davon. Ob Claudie wohl tief und fest schlief? Oder konnte es sein, dass sie auch keine Ruhe fand, dass sie wie er auf die Straße hinunterschaute und nicht wusste, was sie tun sollte?
    Plötzlich wurde ihm ganz heiß vor Aufregung. Ihm schien, als hätte das Schicksal gewollt, dass seine Beziehung mit Kristen nur ein Vorspiel gewesen war für diesen Augenblick.
    Er kratzte sich am Kinn. Es scheuerte wie ein Reibeisen. Dann, ohne darüber nachzudenken, nahm er sein Hemd von der Stuhllehne, zog es über und knöpfte es zu. Er stieg in seine Hose, zog seine Socken an und schlüpfte in seine Schuhe. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals.
    Dann schnappte er sich seinen Zimmerschlüssel, trat in den Korridor hinaus und klopfte vorsichtig an Claudies Tür. Wenn sie wach war, würde sie ihn hören. Wenn sie schlief, wollte er sie nicht wecken. Oder doch? Er klopfte noch einmal und wartete.
    Eine Ewigkeit schien zu vergehen. Simon schaute nach rechts und links, hoffte, dass niemand ausgerechnet jetzt aus seinem Zimmer kam. »Was fällt Ihnen ein, die arme Witwe in aller Herrgottsfrühe zu belästigen?«, würde man ihn am Ende noch fragen, wenn auch auf Französisch. »Können Sie das arme Ding nicht in Frieden lassen?«
    Simon schüttelte den Kopf. Nein. Er konnte sie nicht in Frieden lassen. Er musste sie unbedingt sprechen.
    Er fuhr zusammen, als er hörte, wie der Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Dann ging die Tür einen Spaltbreit auf.
    »Simon?«, fragte Claudie verschlafen. »Was machst du denn hier?«
    »Ich – äh – ich«, stammelte er. Er brachte es einfach nicht über die Lippen. »Ich konnte nicht schlafen.«
    »Ach so.« Sie gähnte und hielt sich eine Hand vor den Mund.
    »Und es ist noch furchtbar lange bis Viertel vor acht.«
    Ein Lächeln huschte über Claudies Gesicht. »Verstehe«, sagte sie und betrachtete seine Schuhe. Er fragte sich, was sie wohl dort sehen mochte. »Hast du vor, irgendwohin zu gehen?«
    Er starrte nun ebenfalls auf seine Schuhe. »Keine Ahnung. Warum? Würdest du mitkommen?«
    Ihre Augen weiteten sich. »Es ist vier Uhr früh.«
    »Nach der Uhrzeit hab ich dich nicht gefragt.«
    »Ich weiß.«
    Sie schauten einander an, als versuchten sie, die Gedanken des anderen zu lesen.
    Schließlich sagte Claudie: »Dann ziehe ich mir am besten was Warmes an.«
     
    Zehn Minuten später standen sie unter den Arkaden der Place des Vosges, und die Nachtluft hüllte sie ein wie ein kaltes Tuch. Aber es war immer noch nicht dunkel. Die Straßen waren so hell, als würden sie von tausend Sternen erleuchtet.
    Und es waren jede Menge Leute unterwegs. Nur von der Heiterkeit und der Hektik, die sie tagsüber erlebt hatten, war nichts mehr übrig. Die Farben waren verschwunden und die Geräusche und Gerüche gedämpft.
    Simon und Claudie schlenderten schweigend durch die Straßen. Ist es ein freundschaftliches oder ein verlegenes Schweigen?, fragte sich Simon. Immer wieder schaute er verstohlen zu ihr hinüber, zu gern hätte er gewusst, was in ihr vorging.
    »Das ist nicht das, was du erwartet hast, stimmt’s?«, sagte er schüchtern, als sie eine breite Straße
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