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Unsterbliches Verlangen

Unsterbliches Verlangen

Titel: Unsterbliches Verlangen
Autoren: Katryn Smith
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Schwester sie nicht verstehen würde. »Ja.«
    Carolines hübsches Gesicht unter dem Reithut verfinsterte sich vor Sorge. »Meine Liebe, greifst du nicht nach Strohhalmen?«
    Womöglich verstand Caroline sie doch besser, als Pru zunächst geglaubt hatte.
    Sie blinzelte im Sonnenlicht, denn diese albernen Reitkappen schirmten die Augen nicht ab, und erwiderte trotzig: »Mag sein.«
    Beide kamen aus dem Dorf, Caroline auf einer grauen Stute, Pru auf einem kastanienbraunen Wallach. Die Männer waren auf der Jagd und ihre Schwestern mit ihrer Nadelarbeit beschäftigt, weshalb Caroline und Pru dringend etwas brauchten, um sich die Zeit zu vertreiben - etwas, das frische Luft und Bewegung mit einschloss. Ohne diesen Zeitvertreib wäre Pru nur wieder ins Grübeln verfallen, und das vermied sie dieser Tage tunlichst.
    Es war ein warmer Nachmittag, zu warm für ein samtenes Reitkostüm, so schön ihr dunkelgrünes auch sein mochte. Und Caro hatte sich noch einen letzten Ausritt gewünscht, ehe ihr die Schwangerschaft solcherlei körperliche Betätigung verbieten würde. Pru fühlte, wie ihr der Schweiß zwischen die Korsettstangen lief, was ein unangenehmes jucken zur Folge hatte. Wenn es irgend helfen könnte, würde sie sich ja kratzen, doch sie wusste, dass es nichts nützte. Also biss sie die Zähne zusammen und trieb ihren Wallach an.
    Zu ihrem Verdruss schwieg ihre Schwester. Dabei wusste Caroline doch, wie wenig Pru Stille ertragen konnte. Sie fühlte sich dann sofort genötigt, sie zu füllen. »Würde es sich denn nicht auszahlen, falls der Gral dort ist?« Pru dachte nicht nur an ihren eigenen Nutzen, sondern an den für die Welt.
    »Nur sofern er tut, was die Legende behauptet.« Caroline schüttelte den Kopf, so dass ihr kupferrotes Haar buchstäblich aufflammte. »Ach, Pru, der Gral ist ebenso unauffindbar wie die Arche Noah! Meinst du nicht, es hätte ihn längst jemand gefunden, wenn es ihn wirklich gäbe?«
    Doch. Nein. »Vielleicht hat noch niemand am richtigen Ort nach ihm gesucht.« Vielleicht griff sie tatsächlich nach Strohhalmen, aber was blieb ihr anderes übrig?
    Carolines grüne Augen ruhten auf ihr. »Ich sorge mich um dich.«
    Sie bezog sich nicht bloß auf die Jagd nach dem Gral.
    Pru wandte den Blick ab. Natürlich sorgte ihre Schwester sich. jeder in ihrer Familie sorgte sich. Und sie würden sich weiter sorgen, bis ... bis sie nicht mehr da war, um ihnen Sorgen zu bereiten.
    Mit einem besonders strahlenden Lächeln sah sie wieder zu ihrer Schwester. »Mir geht es gut, Caro.«
    Caroline fuhr zusammen, als hätte Pru sie angespuckt. »Dir geht es nicht gut! Du bist ...« Ihre Stimme versagte. 0 nein, sie würde doch nicht weinen, oder? Arme Caroline! Sie war die Gefühlvollste von ihnen allen, die mit dem freundlichsten Wesen und dem angenehmsten Naturell. Ihr Haar und ihre Augen leuchteten ebenso wie ihr Gemüt. Prus kastanienbraunes Haar und ihre braunen Augen wirkten neben ihr dunkel und schattig. Vor allem aber weinte Caro bei jeder Gelegenheit, und jedes Mal brach es Pru das Herz.
    Pru riskierte, aus dem Damensattel zu stürzen, als sie sich zu ihr beugte und ihrer Schwester den Arm tätschelte. »Mir geht es gut, Caro. Ganz gleich, was geschieht, es wird mir gut gehen.« Das glaubte sie fest, auch wenn sie sich dadurch nicht unbedingt leichter mit der Wahrheit abfand.
    Caroline nickte und schniefte ihre Tränen weg. Während sie in den Weg zum Anwesen ihres Vaters einbogen, richtete Prudence sich wieder im Sattel auf. Den Rest des Rittes plauderten sie und Caroline über Belangloses - Bücher, die sie beide gelesen hatten, und die neue Schreibmaschine, die Carolines Ehemann Walter ihr mitgebracht hatte. Dennoch schwebte das vorherige Gespräch wie eine dunkle Wolke über ihnen.
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