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Unsterbliches Verlangen

Unsterbliches Verlangen

Titel: Unsterbliches Verlangen
Autoren: Katryn Smith
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geschah - zumindest nichts, gegen das seine Gefährten kämpfen könnten.
    Eine plötzliche Benommenheit befiel ihn wie ein Hieb mit einer Schwertbreitseite. Seine Knie gaben nach, und Severian wurde übel. Was zum Teufel war das? Am Blutverlust konnte es nicht liegen, da er so viel Blut gar nicht verloren hatte.
    Nun brach ihm auf der Stirn und der Oberlippe kalter Schweiß aus. Zugleich wurde die Übelkeit stärker, ihn schwindelte, und er fing an zu frösteln.
    Ja, er war fürwahr töricht gewesen. Von einer Schnittwunde konnte er genesen, aber für das hier würde es keine Heilung geben.
    »Dreux, sag Marie, dass ich sie liebe«, keuchte er schwach.
    Entsetzt wandten sich seine Freunde gerade rechtzeitig zu ihm, um ihn auf die Knie sinken zu sehen, den Kelch in den entkräfteten Händen.
    Dreux kniete sich neben ihn. »Mon ami, was ist dir?«
    »Gift.« Schüttelfrost packte ihn, seine Zähne klapperten, und seine Muskeln krampften so stark, dass er sich zusammenkrümmte.
    Er starb, starb für einen König, der überglücklich sein würde, einen Mann weniger bezahlen zu müssen. Er starb für einen Schatz, an dem er nie teilhaben sollte. Vor allem starb er, ohne die Frau, die er liebte, ein letztes Mal gesehen zu haben.
    Severian blickte hinab auf das befremdlich warme Gefäß, das ihm immer noch nicht aus den kraftlosen Fingern geglitten war. Fast wollte es ihm scheinen, als hielte es sich ebenso sehr an ihm fest wie er sich an dem Kelch. Alles wurde unscharf, als er in die dunkle Schale starrte. Das Silber konnte doch nicht heller werden, oder? Nein, das Gift verwirrte seinen Geist und machte ihn halluzinieren. Und das Gift musste schuld sein, dass er meinte, der Kelch würde sich bis zum Rand mit kräftigem Rotwein füllen. Es war erstaunlich und wäre ein Wunder wäre es denn wahr.
    Durch das Summen in seinen Ohren hörte er die aufgeregten Rufe seiner Gefährten. War es möglich, dass er sich die magische Verwandlung des Kelchs doch nicht einbildete? Könnte es sein, dass er den Kelch Christi in Händen hatte? Ein Gefäß, das nicht bloß die Wunde in seiner Hand hellen, sondern ihm darüber hinaus Unsterblichkeit verleihen konnte?
    Der Kelch war beinahe an seinem Mund, bis er begriff, was vor sich ging - bevor sich Dreux Beauvrais Stimme über die anderen erhob. » Sev , trink!«
    Severian raffte alles zusammen, was ihm noch an Mut und Entschlossenheit verblieb, klammerte sich an die Hand, die ihm den Kelch an die Lippen hob, und trank. Eine dickliche süße Flüssigkeit floss ihm über die Zunge. Das war kein Wein, aber was dann? Warm und erdig. Weiter hinten im Hals schmeckte er Salz. Er schluckte gierig.
    Blut. Als es ihm klar wurde, würgte er vor Ekel. Er trank Blut.
    Angewidert fiel er zurück, wobei er den restlichen Inhalt auf sich und den Boden verschüttete. Die warme Flüssigkeit tropfte von seinem Kinn auf seinen verletzten Arm.
    Gott im Himmel, was hatte er getan?
    Noch während er jedoch im Stillen für seine Seele betete, spürte er, wie die Wirkung des Gifts nachließ. Der Nebel in seinem Kopf lichtete sich, und der Schmerz in seinem Körper wurde weniger.
    Benommen entfernte er die schmutzige Binde von seiner Hand und wischte das Blut von der Wunde. Dann reckte er den Arm ins Fackellicht, und Severian wie seine Gefährten beobachteten in stummem Erstaunen, wie sich der klaffende Schnitt zu schließen begann. Das war keine Einbildung. Er fühlte, wie sich das Gewebe im Handinnern wieder zusammenfügte. Überall, wo das Blut aus dem Kelch sie berührt hatte, schloss sich die Wunde.
    Nein, das konnte nicht sein. Es musste sich um eine Sinnestäuschung handeln.
    »Mein Freund.« Dreux fasste ihn bei der Schulter, sein jungenhaftes Gesicht sorgenvoll. »Geht es dir gut?«
    »Blut«, konnte Severian nur antworten, wobei seine Stimme heiser und weit weg klang.
    »Der Gral.« Dreux bekreuzigte sich mit großen Augen. »Das Blut Christi.«
    Dreux hob den Kelch vom Boden auf, und gläsernen Blickes sah Severian, wie sein Freund das Gefäß an seine Lippen hob. Er wollte ihn aufhalten, brachte aber kein Wort heraus. Und dann wurde alles schwarz und stumm.
    Er fiel seitlich auf den dreckigen Boden. Das Letzte, was er noch bemerkte, war, dass sein Arm nicht mehr schmerzte, bevor er in tiefer Dunkelheit versank.
     

Kapitel 1
    Tintagel, Cornwall 1899

    Du hast Papa beschwatzt, ein Stück Land zu kaufen, nur weil du glaubst, dort wäre der Heilige Gral versteckt?«
    Prudence Ryland wusste, dass ihre
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