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Unschuldig

Titel: Unschuldig
Autoren: Andrea Vanoni
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abschließe.«
    »Nun, der Täter würde sich wohl kaum bemerkbar gemacht haben, sollte er sich hinten versteckt haben.«
    Die Aufnahmeleiterin begriff und schwieg betroffen.
    »Wer hat einen Schlüssel für das Restaurant?«
    Verena Köster überlegte kurz. »Soweit ich weiß, der Besitzer, die Produzentin, ich und natürlich Michaela. Dazu noch jemand von der Produktionsleitung. Keine Ahnung, wie viele Schlüssel es insgesamt sind. Ich schätze, es gibt sechs oder sieben davon.«
    »Zeigen Sie mir bitte Ihren Schlüssel?«
    »Bitte schön.« Verena Köster legte einen Schlüssel auf den Tisch vor Paula, die ihn in die Hand nahm und sofort erkannte, dass es kein Sicherheitsschlüssel war. Somit hätte ihn jeder ohne Einverständnis des Besitzers nachmachen lassen können.
    Das Handy der Aufnahmeleiterin klingelte. Sie nahm den Anruf an, machte kurz »Hm …« und unterbrach die Verbindung gleich wieder, ohne ein Wort zu sagen.
    Paula schaute sie fragend an.
    »Die Presse wartet draußen. Und mehrere Fernsehteams.«
    Paula seufzte. »Wir verhängen erst mal Nachrichtensperre bis zur Pressekonferenz. Sagen Sie das Ihren Leuten bitte?«
    Verena Köster nickte und griff sofort wieder zum Handy.
    »Wie lange drehen Sie eigentlich schon in dem Restaurant?«
    »Seit drei Tagen. Heute wäre der vierte Drehtag gewesen.«
    »Und wie lange haben Sie noch hier zu arbeiten?«
    »Morgen wäre der letzte Tag in diesem Motiv gewesen, Sonntag ist drehfrei, und Montag ziehen wir um in eine neue Location, eine Villa in Potsdam.«
    »Würden Sie Ihren Teamleuten bitte auch Bescheid sagen, dass sie sich vorerst für die Befragungen der Polizei in der Nähe aufhalten sollen?«
    »Sicher.«
    Ein Praktikant erschien in der Tür und fragte, ob er in der Küche mit den Vorbereitungen beginnen dürfe. Verena Köster erklärte Paula, dass der Drehplan umgestellt werden müsse. Heute sollte nicht gedreht werden, aber wenn die Kommissarin damit einverstanden sei, würde die Produktion die Szenen, die in der Küche spielten, morgen abdrehen.
    Paula wunderte sich zwar, dass das Team gleich am Samstag weiterarbeiten wollte – oder musste –, obwohl die Chefin erst wenige Stunden zuvor auf dem Filmset einen gewaltsamen Tod gefunden hatte. Aber sie konnte sich durchaus vorstellen, dass bei Filmarbeiten ein hoher wirtschaftlicher Druck herrschte, der keine langen Trauerzeiten während der Dreharbeiten erlaubte. Daher hatte sie nichts dagegen einzuwenden, dass die Vorbereitungen in der Küche fortgesetzt wurden. Sie konnte die Befragungen des Filmteams auch an einem anderen Ort vornehmen. Die Aufnahmeleiterin wollte noch wissen, wann das komplette Restaurant wieder zum Drehen freigegeben würde.
    »Ich denke, wir sind bis morgen früh fertig.« Paula dankte Verena Köster und verabschiedete sich. Sie zog ihren Schutzanzug aus, verließ das Gelände und ging ein Stück den Ku’damm hinunter, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Der sogenannte »Buletten-Boulevard« mit seiner wechselvollen Vergangenheit hatte sich immer wieder neu erfinden müssen. Sie erinnerte sich noch gut an den Niedergang in den Achtzigerjahren, als Billigläden, Fast-Food-Lokale und Unterhaltung für Schulklassen aus Westdeutschland das Bild der Konsummeile prägten. Dann fiel die Mauer, und alle Blicke richteten sich auf den Ostteil der Stadt, nach Mitte. Aus diesem Tief hatte sich der Kurfürstendamm erst in den letzten Jahren langsam wieder aufgerappelt. Mittlerweile hatten Galerien und kleine Läden in den Seitenstraßen eröffnet, und auch Investoren hatten den Westen erneut entdeckt. Am elegantesten zeigte er sich heute südlich vom Adenauerplatz, zwischen Knesebeck- und Giesebrechtstraße: teure Schuhe, Juwelen, Kunst und edle Designerkleidung, bevor die internationalen Kettenläden der Mode- und Schuhhäuser auf dem Abschnitt der Gedächtniskirche und des Europacenters die Massen lockten. Bei wichtigen Fußballspielen diente der Kurfürstendamm als Jubelmeile für die Fans und den obligaten Autokorso. Die Jüngeren fanden seine Atmosphäre angestaubt, die Älteren konservativ, im besten Sinne.
    Als sie sich auf Höhe des Olivaer Platzes befand, rief Paula Herbert an, ihren Vertreter im Kommissariat. Er wartete bereits auf ihren telefonischen Bericht, um sich sofort an die Erledigung ihrer Aufträge zu machen. Seit seiner Scheidung schob er mehr Überstunden als jeder andere im Team vor sich her. Paula informierte ihn knapp über die wichtigsten Fakten und bat ihn,
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