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Unsanft entschlafen

Unsanft entschlafen

Titel: Unsanft entschlafen
Autoren: Carter Brown
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und warum.«
    »Kein Problem.«
    »Gut.« Er richtete sich in
seinem Stuhl auf und zerdrückte seinen Zigarettenstummel. »Haben Sie jemals
etwas von Irene Mandell gehört?«
    »Irgendwie kommt mir der Name
bekannt vor. Was ist mit ihr?«
    »Das sollen Sie herausfinden«,
sagte er brüsk. »Irene Mandell ist — oder war — Schauspielerin.«
    »Jetzt erinnere ich mich«,
sagte ich. »Hat sie nicht vor ein paar Jahren in einem Broadway-Erfolg
gespielt?«
    »Die zweite weibliche
Hauptrolle«, nickte Hurlingford. »In einem Stück mit dem Titel The Dream Is Deadly , so einem psychologischen Thriller, in dem die Seelen miteinander schlafen statt
der Körper. Kennen Sie die Sorte?«
    »Ich persönlich bin ja mehr für
was Reales wie My Bare Lady .«
    Hurlingford schloß die Augen
und schauderte leicht. »Sie passen wirklich haargenau zu meiner Empfangsdame«,
murmelte er. »Setzen Sie sie morgen bloß früh genug an die Luft, damit sie
pünktlich im Büro erscheint.«
    »Ich werde es mir notieren«,
versprach ich.
    »Irene Mandell«, sagte er, zum
Thema zurückkehrend, »spielte ihre Rolle von der Premiere bis zur elften Woche,
dann verließ sie das Ensemble. Aus gesundheitlichen Gründen, wie der Produzent
der Presse mitteilte. Die Rolle war sehr anspruchsvoll. Sie spielte eine Frau,
die im Verlauf des Stücks allmählich wahnsinnig wird — sechs Abende in der
Woche und zwei Nachmittagsvorstellungen. Er sprach es nicht klar aus, aber der
Presseerklärung war zu entnehmen, daß sie einen kleinen Nervenzusammenbruch
gehabt hatte und ein paar Wochen ausspannen mußte. Zwei Tage später erschien
eine kurze Meldung, daß Miss Mandell sich auf einen unbekannten Ort auf dem
Lande zurückgezogen habe, um sich zu erholen. Innerhalb eines Monats würde sie
ihre Rolle vermutlich wieder übernehmen.«
    »Das hat sie aber nie getan?«
    »Es sind jetzt zwei Jahre
vergangen, Boyd. Soweit ich feststellen kann, hat niemand sie seither gesehen.
Keiner weiß, wo sie ist, was mit ihr geschehen ist, ob sie überhaupt noch
lebt.«
    »Wird ganz schön schwierig
sein, da jetzt noch eine Spur zu finden«, sagte ich trübe.
    »Es gibt einen Ansatzpunkt«,
erwiderte er lebhaft. »Unser Reporter hat mit Leuten gesprochen, die sie gut
gekannt haben — ihrem Agenten, dem Regisseur, dem ehemaligen Verlobten, der
besten Freundin —, und immer kam dieselbe Reaktion.« Er unterbrach sich einen
Augenblick, seine dunkelbraunen Augen glänzten erregt. »Keiner ist an Irene
Mandell interessiert. Niemand will wissen, was mit ihr geschehen ist, oder auch
nur mithelfen, etwas über ihren Verbleib zu erfahren. Es ist, als hätte sie nie
existiert.«
    »Und nun glauben Sie, ich
könnte mit meiner ganz speziellen Boyd-Methode — zuckersüß oder knallhart —
etwas erreichen?«
    »Ich möchte gar nicht wissen,
auf welche Weise Sie zu Ihren Informationen kommen, Boyd«, sagte er vorsichtig.
»Hauptsache, Sie haben Erfolg. Übrigens, noch etwas: Sie hatte nur eine
Verwandte, ihre Schwester Eva Mandell. Auch über deren Verbleib ist nichts
bekannt außer der vagen Vermutung, sie lebe in New York, oder habe in New York
gelebt, oder sei möglicherweise auch nur zu Besuch in New York gewesen. Das
eine kann ich Ihnen sagen, Boyd, ich habe ein Gespür für interessante Themen.
Ich spüre es in den Knochen — hinter diesem Verschwinden von Irene Mandell
steckt eine Bombenstory.«
    »Na prima«, sagte ich ohne
Enthusiasmus.
    »Verstehen Sie das nicht?«
Seine Stimme bebte vor innerer Begeisterung. »Irene Mandell war eine bekannte
Schauspielerin. Kein Star, aber eine Künstlerin, und damit eine Persönlichkeit
des öffentlichen Lebens. Jetzt ist sie seit zwei Jahren verschwunden, und kein
Hahn kräht nach ihr. Was mit ihr geschehen ist, kann auch jedem anderen
passieren. Das ist der Aufhänger, der unsere Story so wichtig macht. Wenn sich
nicht mal jemand für Irene Mandells Schicksal
interessiert, wen kümmert es dann, wenn ein Durchschnittsbürger verschwindet?
Sehen Sie, worauf ich hinaus will? Niemand ist mehr sicher.«
    »Ich muß mir eine neue
Erkennungsmarke besorgen«, sagte ich gedankenvoll. »Meine ist schon ganz
abgenützt.«
    »Miss Soong hat die komplette
Akte. Sie können die Unterlagen mitnehmen.« Seine Stimme klang plötzlich wieder
normal. »Berichten Sie mir, sobald Sie eine Spur gefunden zu haben glauben — so
unwichtig sie Ihnen auch scheinen mag. In der Akte finden Sie alle nötigen
Angaben, wo Sie mich tagsüber oder zur Nachtzeit erreichen
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