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Unnatural History

Unnatural History

Titel: Unnatural History
Autoren: Jonathan Green
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zum letzten Mal von Uriah Wormwood oder Kitty Hawke gehört.«
    Steif streckte der erfahrene Staatsmann den Arm aus und legte eine Hand auf Kittys Schulter.
    »Gewiss nicht, Vater.«
    Wormwood blickte weiter aus der zerschmetterten Pilotenkanzel, die Augen zusammengekniffen gegen den hereinströmenden Luftzug. Unter ihnen wich das Victoria Embankment der Themse, in der sich die Lichter der schlaflosen Stadt spiegelten.
    »Es scheint, wir verlieren an Höhe, mein Liebes«, sagte er schließlich, als das Flutlicht des Wachturmes der Tower Bridge bereits den Großteil seines Blickfeldes ausfüllte.
    »Das ist der Ballon«, meinte Kitty. Sie klang erschöpft. »Er hat zu viel Schaden genommen. Ich habe die Kontrolle über das Ruder verloren, nun sinken wir wohl.«
    »Wie ärgerlich. Dann wird es wohl Zeit für ein Ausweichmanöver, Liebes, würdest du mir da zustimmen?«
    »Ja, Daddy, obwohl ich glaube, dass es dafür bereits zu spät ist.«
    »Es ist niemals zu spät, Liebling, Vergiss das nicht. Es ist nie zu spät.«
     
    Ulysses klammerte sich fest, seine Arme schmerzten, seine rechte Schulter war taub vor Schmerz. Er wünschte, er hätte einen Plan. Alles, was er jetzt tun konnte, war durchhalten und zu hoffen, an den flüchtigen Premier heranzukommen, sobald das Luftschiff endlich auf dem Boden aufkommen sollte. Und es schien, als landeten sie wohl früher als später.
    Vor ihnen ragte die Tower Bridge auf und anstatt an Höhe zuzulegen, um über das offensichtliche Hindernis, welches das Bauwerk darstellte, hinweg zu gleiten, sank der Zeppelin darauf zu. Nur wenige hundert Meter unter ihnen floss die schwarze Themse auf das offene Meer zu.
    Ulysses überdachte seine Optionen und kam schnell darauf, dass er nicht wirklich welche hatte. Ein Sturz aus dieser Höhe in das reißende Wasser wäre nicht weniger fatal als eine Kollision mit den Steinmasten der Brücke.
    Loslassen oder hängenbleiben.
    »Verdammt, wenn du es tust und genauso verdammt, wenn nicht« dachte er laut. »Komm schon, Quicksilver, du bist in der Vergangenheit schon aus Schlimmerem rausgekommen.« Seine Gedanken schweiften zurück zu seinem Sturz durch die eisige Luft über dem Mount Manaslu. Er war dem Tod entkommen – dank einer Laune des Schicksals und den gütigen Mönchen von Shangri-La – doch konnte er das nochmal? Hatte er seine letzten Chancen bereits aufgebraucht?
    Dann wurde ihm diese Entscheidung abgenommen.
    Der Bug des Zeppelins streifte den nördlichen Turm der Brücke und wurde dagegen gedrückt. Kurz darauf kollidierte die Gondel mit der zinnernen Kuppel. Das Geräusch von Metall, das über Mauerwerk schabte, erklang, und Bruchstücke des Gemäuers bröckelten hinab.
    Dann war da plötzlich ein Funke. Der Ballon ging in Flammen auf, eine ganze Armada von Explosionen fegte ihn geradezu hinweg. Der Zeppelin war nur mehr eine einzelne prachtvolle Fackel, die den ganzen Stadtteil und auch Southwarks Mietskasernen hell erleuchtete. 
    Ulysses fiel, das Tau lose in seinen Händen, die Augenbrauen von der Explosion versengt, der brennende Körper des Luftschiffes über ihm absackend.
    Ein stechender Schmerz schoss durch seine rechte Schulter, als eine Kralle nach ihm grapschte. Das dumpfe Schlagen lederner Schwingen drang durch die Luft, und Ulysses wurde über das Wasser hinfortgetragen, fort von dem stürzenden Zeppelin.
    Ulysses blickte auf. Der Pterodaktylus über ihm, welcher in ihm wohl einen leckeren Snack sah, mühte sich damit ab, selber an Höhe zu gewinnen. Ulysses wurde klar, dass das Reptil ihn jeden Moment fallenlassen würde und er so wieder das gleiche Schicksal wie vorab vor Augen hatte. Nun war es an ihm, hängenzubleiben, indem er nach den schuppigen Beinen des Pterodaktylus griff – genau in dem Moment, als dieser den Griff um seine schmerzende Schulter löste.
    Ulysses Absturz ging also doch weiter, diesmal nur in einer deutlich bizarreren Art und Weise. Erst, nachdem seine Füße die Wasseroberfläche berührten, ließ er los und der Pterodaktylus krächzte und flatterte zurück zu seinem Schlafplatz auf der Tower Bridge.
    Ulysses zog sich aus dem Fluss und erklomm die Eisenstreben, die am Kai eingelassen waren, gerade als der Silver Phantom aus einer angrenzenden Straße geschossen kam.
    »Es scheint, als hätten Sie erneut die Oberhand behalten, Sir«, bekundete Nimrod stoisch, während er aus dem Automobil stieg und die hintere Wagentür öffnete.
    »Allerdings«, gab Ulysses zurück.
    »Wenn ich mir eine
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