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Unheilige Gedanken auf dem Heiligen Weg, mein Jakobsweg quer durch Spanien

Unheilige Gedanken auf dem Heiligen Weg, mein Jakobsweg quer durch Spanien

Titel: Unheilige Gedanken auf dem Heiligen Weg, mein Jakobsweg quer durch Spanien
Autoren: Laura Milde
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geschäftlichen Pannen berichten lasse. Was war nur los mit mir? Warum war mein emotionales Gleichgewicht im Moment so labil? Ich besinne mich darauf, wie wenig es braucht, um glücklich zu sein. Das war doch eine der wichtigsten Botschaften des Pilgerweges. Ich würde meinen Lebensstil überdenken. In meiner Ehe hatte ich mich dem Streben nach Luxus meines Mannes hingegeben und es auch genossen. Aber brauchte ich wirklich den ganzen Schnickschnack? Wie glücklich war ich auf dem Jakobsweg, zu Fuß quer durch Spanien! Wie wohl fühlte ich mich in den Herbergen, jedenfalls in den meisten. Wie köstlich schmeckte ein einfaches Essen nach einem anstrengenden Marsch.
    Aber ich weiß, warum ich so dünnhäutig bin. Ich habe Angst, anzukommen. Habe Angst vor dem Ende meines Weges, der mir so viel gegeben hat. Natürlich mischt sich auch Vorfreude auf das Ankommen in der Kathedrale in Santiago de Compostela in mein Gefühl. Ja, es würde großartig sein, an diesem großen Ziel anzukommen, meine Pilgerurkunde abzuholen und in der Zeremonie die glückliche, gesunde Ankunft mit all den Pilgern zu feiern. Und ich freue mich auch darauf, nach Hause zu kommen, allen von meiner unglaublichen Reise zu berichten, meine Wauzis und Miezen wieder zu sehen und wieder in meinem herrlichen Bett, mit frischer Bettwäsche, zu schlafen.

Endspurt
    Ich habe herrlich geschlafen und bin dankbar, dass mir die dunklen Gedanken von gestern nicht in die Nacht gefolgt sind. Ich fühle mich frisch und heiter. Rundherum jammern Pilger über die allmorgendlichen Schmerzen der überstrapazierten Gliedmaßen. Ich denke: "Hurra, ich lebe noch!", denn sonst würde ich ja nichts spüren. Ich habe meinen Humor wiedergefunden. Santiago sei Dank! Die meiste Zeit gelingt es mir, mich auf das Positive, das Schöne zu konzentrieren, was mir besonders bewusst wird, wenn Pilger über alles Mögliche jammern und da und dort etwas auszusetzen haben. Ich glaube, dass wir Menschen eine zu große Erwartungshaltung haben. Wir verlangen, dass alles genau so abläuft, wie wir es uns vorstellen. Wir sind verwöhnt von der modernen Technik, die scheinbar alles möglich macht, und vergessen, dass Menschen keine Maschinen sind. Ich bemerke, je mehr ich mir selbst meine Schwächen und Fehler verzeihen kann, umso großzügiger kann ich auch gegenüber anderen sein. Es macht ja auch Druck und Stress, sich selbst abzuverlangen immer, und nach Möglichkeit auch noch perfekt, zu funktionieren. Und diesen Druck geben wir dann auch an andere Menschen weiter. Eine unglücklich machende Spirale.
    Der Weg bringt mich auf andere Gedanken. Meine vorletzte Etappe! Es ist ein Traumweg heute. Ich gehe durch eine Wiese, die im Wind wogt wie das Meer. Die Gräser schillern silbrig in der Sonne. Es ist angenehm warm und das leise Lüftchen streichelt zart mein Gesicht. "Ich bin glücklich", denke ich, "und wie wenig es dazu braucht." Achtsamkeit braucht es und Fokus auf die Geschenke des Lebens. Je nachdem, worauf ich meine Aufmerksamkeit richte, davon bekomme ich mehr, mehr vom Gleichen. Es ist wie vor Jahren, als mir mein Mann einen roten BMW bestellt hatte. Meiner Wahrnehmung nach fuhren zu dieser Zeit der Vorfreude Mengen roter BMWs in den Straßen. "Und dann ließ er mich das Auto selbst bezahlen", kommt es mir in den Sinn und schon will sich eine andere Stimmung einstellen. Ich bemerke es und kann lächelnd wieder umschwenken. So schnell wandeln sich die Gefühle mit unseren unsteten Gedanken. Das hat jedoch auch etwas Gutes: denn auch in der schlechtesten Stimmungslage kann ich durch die Konzentration auf etwas Angenehmes wieder positiv denken und fühlen. Es bedarf nur der Achtsamkeit, um sich selbst sozusagen "auf frischer Tat" zu ertappen und gegenzusteuern. In NLP (Neurolinguistisches Programmieren) wird genau dies zur Ankerung positiver Erlebnisse genutzt, um aktiv und bewusst in positive Bewusstseinszustände gelangen zu können. Ein Lehrer und eines meiner Vorbilder sagte einmal: "Nichts strengt Menschen mehr an, als bewusst zu denken." Es muss wohl so sein, sonst würden mehr Menschen ihre Gedanken bewusst auf Positives, Angenehmes und Schönes richten.
    Darüber hinaus gibt es für mich jedoch noch einen anderen Aspekt, nämlich den der göttlichen Führung. Fällt es mir einmal besonders schwer, mich aus dunklen, negativen Gedanken zu befreien, hilft mir ein "Stoßgebet" gen Himmel mit der Bitte, doch gerade mal das Steuer für mich zu übernehmen. Ja, ich wurde geführt auf
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