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Unheil

Unheil

Titel: Unheil
Autoren: James Herbert
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plötzlich Herzklopfen, als eine dunkle, undeutliche Gestalt auf ihn zukam.
    Sie war groß, nicht so groß wie er, aber massiger. Und stumm.
    Sie schien aufgehängt im Nebel auf ihn zuzutreiben und wurde im Näherkommen noch größer. Dann eine weitere - o Gott! Eine dritte kam hinzu, schien mit den zwei anderen zu einer riesigen undeutlichen Form zu verschmelzen, die sich immer mehr näherte, ihn zu überwältigen drohte. Es, was immer es war, wußte von ihm! Er wich zurück, öffnete und schloß den Mund, brachte aber keinen Ton heraus. Er beschleunigte seinen Rückzug, ohne sich umzudrehen, sondern rückwärtsgehend, da er die Augen nicht von den Gestalten abzuwenden wagte, die größer und größer vor ihm auf- ragten.
    Plötzlich stieß er gegen etwas Festes. Er flog herum, verlor vor Schreck das Gleichgewicht und fiel auf die Knie. Eine weitere schwarze Gestalt stand vor ihm, stumm und bedrohlich.
    Auf einmal mußte er lachen. Tränen der Erleichterung rannen ihm über die Wangen, und er schlug in beinahe hysterischer Heiterkeit mit der Faust auf den Boden.
    Er war in eine Kuhherde geraten. Er schüttelte sich vor Lachen, bis er außer Atem war und schnaufend die dicke Luft in die Lungen sog, während die Kühe ihn mit dumpfer Neugierde betrachteten und von Zeit zu Zeit ein leises Muhen hören ließen.
    Er brauchte volle fünf Minuten, um wieder zu sich zu kommen und tadelte sich selbst wegen seiner Einfalt. Sich von einer Kuhherde ins Bockshorn jagen lassen! Der alte George Ross, dem die Herde gehörte, würde vor Lachen brüllen, wenn er ihm die Geschichte erzählte. Kein Wunder, daß er gedacht hatte, die Gestalten schwebten über dem Bo- den; der Nebel war so dick, daß man die Beine der Kühe kaum ausmachen konnte!
    Ja, er hatte heute eine Lektion gelernt. Das Unbekannte war meist erschreckender als die Wirklichkeit.
    Er benötigte weitere zwanzig Minuten, um aus dem Nebel herauszufinden.
    Der Mann kauerte tief in den Büschen, als ein Rascheln von Blättern an sein Ohr drang. Mensch oder Tier? Tom Abbot mußte vorsichtig sein. Wenn er sich wieder beim Wildern in Oberst Merediths Revier erwischen ließ, würde er in ernste Schwierigkeiten geraten. Letztes Mal hatte Oberst Meredith ihn auf frischer Tat ertappt und ihm eine >ordentliche Tracht Prügel< gegeben, wie der Oberst in der Dorfschenke zu prahlen beliebte, und ihn verwarnt, daß er ihn, sollte es noch einmal geschehen, >tout de suite< zum Polizeirevier ab- führen würde. Tout de suite! Er und seine aufgeblasene Sprache. Nein, er sollte ihn nie wieder erwischen. Letztes Mal war es nur geschehen, weil er wegen seines Jagdpechs in den frühen Morgenstunden zu lange im Revier geblieben war. Der Oberst hatte ihn in seinem Versteck in den Büschen ausgemacht, sich angeschlichen und ihm dann seinen dicken Spazierstock auf Kopf und Schultern geschlagen. Zu überrascht und bedrängt, um Widerstand zu leisten, hatte Tom sich am Kragen packen und mit der Drohung einer An- zeige und einer >weiteren ordentlichen Tracht Prügel< bis an die Grenze des Landgutes treiben lassen, als ob er irgend- welches Gesindel wäre.
    Nein, Oberst Meredith, du wirst den alten Tom nicht noch mal erwischen, sagte er sich selbst. Er ist zu schlau für dich und deinesgleichen, mit deinem feinen Haus und den großen Wagen und vornehmen Freunden. Einen hübschen kleinen Fasan habe ich hier, und bevor ich gehe, werde ich mir noch einen holen. Es ist früh genug, daß einer wie du noch in den Federn liegt und schnarcht, und mir bleibt eine gute Stunde, bevor du auf die Beine kommst. Drei Monate habe ich stillgehalten, damit du glauben solltest, du hättest mich abgeschreckt, aber nichts da! So leicht gibt der alte Tom nicht auf. Dieser Fasan wird einen hübschen Preis bringen, und niemand wird fragen, woher ich ihn habe.
    Der Wilderer kroch vorsichtig weiter und spähte durch die Büsche, in Gedanken noch immer mit dem verfluchten Großgrundbesitzer beschäftigt. Dann erstarrte er in der Bewegung. Ja, da war etwas, aber kein Mensch. Er sank lang- sam nieder, vermied jede rasche Bewegung und wartete, daß es herauskäme, was es auch war. Wieder ein Fasan, wette ich, dachte er. Wald und Feld waren voll von ihnen, und alle standen unter dem Schutz des verdammten Obersten Meredith. Nun, Tom hatte Geduld; er konnte warten, bis das Tier sich zeigte. Er konnte noch fast eine Stunde warten, ohne auch nur mit einem Muskel zu zucken. Laß dir nur Zeit, mein Täubchen, Tom hat es nicht eilig.
    Er
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