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Unguad

Unguad

Titel: Unguad
Autoren: Ingrid Werner
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Bücherei finster. Ich
saß nicht beim Griechen. Deshalb fuhr Isabell zu uns nach Hause.
    Dort warteten bereits Linus und Frau Langenscheidt. Kristina, Sie
wissen schon. Isabell erzählte alles, und die Vermutung lag nahe, dass Hecker
mich irgendwohin verschleppt hatte. Isabell erinnerte sich daran, dass
Heidemarie in der Bücherei arbeitete und ich ihr gerade am Nachmittag berichtet
hatte, dass der Hecker ihr Sohn wäre. Also fuhren sie nochmals gemeinsam zur
Bücherei. Öffneten auch die Vordertür, scheiterten aber bei der Tür in den
Keller. Linus, mein kluger Junge, konnte die beiden anderen darüber aufklären,
dass sich dort unten das historische Verlies befand. Und – das ist der Knaller!
– vom KUSS aus ebenfalls ein unterirdischer Gang hinführte. Also fuhren sie in Windeseile
zum KUSS .
Isabell hatte gottlob den Schlüssel dabei. Kristina hatte vorher noch die
Verstärkung angefordert. Und dann hatten sie mich gerettet. So einfach war das.
    Als Martin nach Hause kam – er war beim Schafkopfen gewesen –,
schlug er die Hände über dem Kopf zusammen, was seiner Frau schon wieder alles
zugestoßen war. Anschließend holte er mit Isabell mein Auto vom Kirchplatz.
Runa war inzwischen munter und wartete ein wenig vorwurfsvoll darauf, endlich
aus dieser Box gelassen zu werden. Zu Hause trank sie ihren ganzen Wassernapf
aus und ging mit leicht wackeligem Gang in den Garten. Zum Glück war das
Beruhigungsmittel, das der Hecker in einem Stück Wurst verpackt hatte, nicht zu
stark gewesen. Sie würde es verkraften.
    Der Hecker war übrigens von seiner Mutter in den Wald geschickt
worden, um mich zu holen. Da sie gut aufgepasst hatte, wusste sie, dass ich
immer um halb neun dort spazieren ging. Er hatte auch noch Glück, da ich aus
Versehen das Auto offen gelassen hatte. Allerdings hatte er entsprechendes
Werkzeug dabei, falls dem nicht so gewesen wäre.
    Ich erzählte von Heidemaries »Geständnissen« im Verlies und dass ich
vermutete, dass sie einige Heimbewohner in den Tod gespritzt hatte. Da kam
jetzt jede Menge Arbeit auf Kristina zu. Letztendlich musste sie alle in Frage
kommenden Todesfälle im Sonnenhügel untersuchen.
    Ja, unglaublich. Ich hätte nie gedacht, dass sich hinter der netten
Fassade von Heidemarie Wieland so viel Böses versteckt hielt. Aber so ist es
auf der Welt. Es wäre sehr viel einfacher, wenn man den Menschen gleich ansehen
könnte, was für einen Charakter sie haben.
    Dem Himmel sei Dank, es ist alles noch einmal gut gegangen. Da
hatten wohl meine Schutzengel, meine Krafttiere, und was es sonst noch so alles
an himmlischen Helfern gibt, das Ihre dazu beigetragen. Aber das behielt ich
für mich. Zwar fragte Martin, wie ich es denn geschafft hätte, in dem
unübersichtlichen Gewirr der unterirdischen Gänge gerade den Weg zum KUSS zu finden. Das wäre mehr als Glück gewesen. Ich hätte ja auch in eine Sackgasse
laufen können, und dann wäre das mein Ende gewesen. Darauf plapperte ich etwas
von Zufall. Die Welt ist noch nicht so weit, auch Außergewöhnliches zu akzeptieren.
Zumindest Martin nicht.
    Ich versprach Kristina noch, am nächsten Morgen zur
Protokollaufnahme bei ihr vorbeizukommen, dann fiel ich hundemüde ins Bett.

Donnerstag, den 25. Juni
    Elf Uhr
    Nach einem ausgiebigen Frühstück fuhr ich am nächsten Morgen zu
meinen Eltern. Ich wollte ihnen einen schonenden Bericht über die letzten
Geschehnisse liefern.
    Als ich auf den Parkplatz einbog, sah ich einen großen Umzugswagen
vor dem Eingang stehen. Anscheinend zieht wieder jemand ein, dachte ich mir und
drückte mich an der heruntergelassenen Ladefläche vorbei.
    Im Foyer saßen wie erwartet die alten Damen und hielten Wache.
»Guten Morgen«, begrüßte ich sie laut.
    »Morgen, Morgen«, kam es freundlich zurück.
    »Wissen Sie, wer einzieht?«
    Sie winkten ab. »Na, einziehen tut niemand. Auszog’n werd.«
Allgemeines Feixen.
    Jetzt hatten sie mich aber erstaunt. »Wer zieht denn aus?«
    Die Damen zeigten auf jemanden hinter mir. Ich drehte mich um. »Na,
die Frau von Hohenstein.«
    Tatsächlich. Da kam sie. Arm in Arm mit Bärbel Lehner, ihrer
»persönlichen Gesellschafterin«, die eine große Hutschachtel trug. Beide
strahlten.
    »Machen Sie nicht so ein verdattertes Gesicht, meine Liebe!«, sagte
Frau von Hohenstein gut gelaunt. Sie ließ Bärbel los, die die Schachtel zum
Wagen brachte, und hakte sich bei mir ein. »Wohl noch niemanden ausziehen
gesehen?«
    »Doch, natürlich. Allerdings ist es im Altersheim
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