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Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Titel: Unglaubliche Reise des Smithy Ide
Autoren: R McLarty
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Spur.«
    Mom packte uns ein Lunchpaket, und Pop warf ein paar Sachen in seinen kleinen blauen »American Tourister«-Koffer. Wir beschlossen, dass Mom die Stellung halten und in der Nähe des Telefons bleiben sollte. Wir fuhren bei meiner grässlichen Wohnung in Pawtucket vorbei, damit ich ein paar Sachen holen konnte, und dann wechselten wir uns am Steuer ab und fuhren hinauf zum Level Wind Lodge.
    Pop war kein Plauderer, und so fuhren wir die meiste Zeit schweigend. Erst kurz bevor wir den Lunch aßen, den Mom uns eingepackt hatte, sagte mein Pop: »Man fragt sich … Ich meine, es ist vermutlich nur natürlich: Man wird älter und überlegt sich, was für einen Weg man gegangen ist. Aber deine Mutter und ich … So schwer … Was soll man tun? Wie … Ich weiß es nicht. Woher soll man wissen, was zu tun ist? Deine vollkommene Tochter, dein schönes, liebes Kind. Und dann türmt sich ein Jahr auf das andere. Eins sage ich dir – und ich musste ein alter Knacker werden, um es zu begreifen, aber ich sage dir: Auf dem ersten Stück hat’s geregnet …, und dann ging’s kopfüber in den Schlamm. Ich wünschte bei Gott, ich wäre nie geboren worden.«
    Ich saß auf dem Beifahrersitz, und deshalb gab ich ihm ein halbes Mortadella-Käse-Sandwich und Kaffee aus der Thermosflasche. Ich aß die andere Hälfte und teilte mir den Kaffee mit ihm. Wir fuhren auf der 495 um Boston herum und dann auf der 93 nach New Hampshire.
    »Ich hab das nicht so gemeint – dass ich wünschte, ich wäre nie geboren worden. Dann hätte ich euch ja nicht. Dich und Bethany.«
    »Ich weiß, Pop«, sagte ich. Er hörte mich nicht. Er drehte das weinende Gesicht zur Seite.

73
    I n San Gabriel war es heiß. Ich war auf ein anderes Oktoberende eingestellt, auf Kälte, auf Feuchtigkeit. Die Luft war abgestanden, windstill, heiß. Ich hielt auf dem Gehweg des Valley Boulevard an, zog den Jogginganzug aus und behielt nur ein blaues T-Shirt und schlotternde Laufshorts an. Meine Socken fühlten sich feucht an; also zog ich sie auch aus und lüftete meine Zehen. Dann aß ich meine letzte Banane und trank das letzte Mineralwasser. Ich saß zwischen zwei Autos auf dem Randstein und genoss das Essen.
    Als ich weiterfuhr, folgte ich dem Valley Boulevard bis zur Mission Road und kam wie durch ein Wunder auf den breiten Ursprung des Sunset Boulevard. Noch mal: Es ist verblüffend, ein Mann zu sein und die Reise eines Jungen zu machen, sozusagen. Ich weiß nur, es ist völlig ausgeschlossen, dass Smithy Ide auf irgendeine andere Art und Weise dahin fahren könnte, wo er jetzt hinfuhr, nach Venice, zum Bestattungsinstitut Cheng Ho. Die beiden schmalen Reifen trugen mehr als nur meinen schwindenden Körper zu Bethany. Sie trugen das, was ich war, was immer es war. Nichts Neues, nichts Altes, einfach nur mich. Ich wusste, ich würde sie sehen können, und ich wusste, sie würde es mir erlauben.
    Anfangs fuhr ich entspannt, sicher und zuversichtlich. Ich sagte mir immer wieder, es gebe keinen Grund zur Eile. Ich war früh losgefahren und deshalb gut vorangekommen; trotz der doppelten Reifenpanne konnte ich zwischen vier und fünf in Venice sein. Aber ich fuhr doch schneller, als Bethany mich auf dem Kofferraum eines flachen, schnittigen Mercedes Benz überholte. Sie lächelte und lachte und rief meinen Namen.
    »Hook ist hier!«, schrie ich und trat fester in die Pedale und radelte über die Ebene des Sunset in West Hollywood.
    Ich überfuhr eine rote Ampel, und dann noch eine. Zügig ließ ich Restaurants und Bürogebäude hinter mir, glitt vorbei an riesigen Villen und Hotels. An der Einmündung des Coldwater Canyon hörte ich hinter mir Bremsen quietschen. Ich flog. Vor mir sprang Bethany lächelnd und rufend in ihrem Hochzeitskleid von einem Auto zum andern.
    »Hook ist hier!«, brüllte ich, und die trockene Luft brannte in meinem behaarten Gesicht.
    Den letzten Teil des Sunset Boulevard legte ich wie eine Cartoonfigur zurück. Noch immer sehe ich eine Flammenspur hinter mir. Meilen über Meilen voller Tempo und Geschrei. Und dann stand ich an einem Geländer auf einem langen, schmalen Parkplatz und schaute auf das Meer hinaus. Noch nie hatte ich einen so breiten und leeren Strand gesehen. Ein Mann in einem Anzug mit Weste lehnte mit dem Bauch am Geländer und steuerte einen Drachen über Strand und Highway. Er steuerte ihn mit einer Schnur in jeder Hand, und man konnte wirklich sagen, er war der Pilot.
    »Ist das Venice?«, fragte ich und deutete zum
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