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Ungeplant (German Edition)

Ungeplant (German Edition)

Titel: Ungeplant (German Edition)
Autoren: Melanie Hinz
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lieben wir uns in dieser Nacht, bis wir im Morgengrauen schließlich erschöpft einschlafen.
     
    Der Nachmittag des nächsten Tages zwingt uns schließlich aus dem Bett. Sven sucht seine restlichen Sachen zusammen und packt sie in eine Reisetasche, während ich uns Pfannkuchen mache. Keine Gelegenheit verstreicht ohne Küsse und Berührungen, aber wir reden nicht über das Unausweichliche. Jetzt will ich ihm sagen, dass ich ihn liebe und das er hier bleiben soll, doch es ist nicht richtig und wäre so egoistisch. Wir kennen uns schon fast unser ganzes Leben. Es ist unrealistisch, dass die erste Liebe auch die letzte bleiben soll. So etwas schreit nach Midlife-Crisis, wenn man sich schließlich ein gemeinsames Leben mit Haus und Kindern aufgebaut hat.
    Vernünftige Kopfentscheidungen wären so viel einfacher, wenn sie einem nicht manchmal das Herz zerreißen würden.
     
    Am späten Abend sehe ich vom Küchenfenster dabei zu, wie er in das wartende Auto seines Bruders Thomas steigt. Nicht einmal schaut er nach oben. Auch hat er mir verboten, ihn zum Flughafen zu begleiten.
    All das tut wesentlich mehr weh, als es eigentlich sollte.
    Work and Travel in Australien. Klingt aufregend, aber nicht für mich. Für mich klingt es danach, als würde ich einen Teil von mir verlieren.
     

2.
     
    Mein Plan war simpel. Zwei Tage Urlaub, um mich gepflegt bemitleiden zu können und anschließend so weitermachen, als wäre alles wie immer. Okay, nicht ganz. Ohne Sven in Reichweite kann es gar nicht sein wie immer.
    Meine Schwester gönnt mir jedoch gerade mal eine Nacht zum Durchheulen. Um sechs Uhr am nächsten Morgen klingelt sie mich bereits aus dem Bett.
    „Kim, was zur Hölle? Hast du mal auf die Uhr gesehen?“, begrüße ich sie, als sie die Treppe zu meiner Wohnung im zweiten Stock hoch sprintet.
    „Scheiß auf die Uhrzeit, Mausi. Schätz mal.“
    Sie steht mit ausgebreiteten Armen vor mir und dreht sich dann einmal im Kreis. Im Hausflur. Um sechs Uhr am Morgen.
    Meine Schwester war immer schon ein bisschen anders. Und mit anders meine ich irre. Sie hat keinen Partner, dafür aber einen festen Kinderwunsch. Was sie nicht davon abhält, jedes Wochenende durch die Kneipen zu ziehen, als gäbe es kein Morgen mehr. Unser Vater wird einen Herzinfarkt bekommen, wenn er von ihrer nächsten Schnapsidee erfährt.
    „Mir ist nicht nach Ratespielen.“
    Ich greife ein Haargummi von der Dielenkommode und binde meine blonde Mähne in einen nachlässigen Pferdeschwanz. Ungehalten winke ich sie rein und platziere sie in der Küche, um die Kaffeemaschine zu starten.
    „Was ist es diesmal?“, frage ich mit verheulter, rauer Stimme, während ich gemahlenen Kaffee in den Filter löffle. Ich bin nicht so naiv zu erwarten, dass ihr mein Zustand auffällt.
    „Schätz mal“, fordert sie wieder, viel zu euphorisch für diese frühe Uhrzeit.
    „Musst du eigentlich nicht arbeiten?“, frage ich, statt mich auf ihr dämliches Quiz einzulassen.
    „Ich bin schwanger“, platzt sie freudestrahlend raus.
    Mir fällt der Kaffeelöffel aus der Hand. Für einen Moment muss ich mich an der Arbeitsplatte abstützten und ein paar Mal tief durchatmen, um nicht auszuflippen. Einige Atemzüge später kümmere ich mich weiter um den Kaffee und überlege mir meine nächsten Worte. Ich nehme die Milch aus dem Kühlschrank und stelle sie vorsichtig auf den Tisch. Die Zuckerdose knallt dann doch heftiger auf.
    „Kim, was denkst du dir dabei? Wie soll das laufen? Verflucht! Ich kann und will dich nicht weiter unterstützen, nur weil du dein Leben nicht im Griff hast. Und jetzt das. Ist dir bewusst, welche Verantwortung da auf dich zukommt? Finanziell und emotional. Du kannst dich kaum um dich selbst kümmern und lässt dich schwängern.“
    Meine Schwester ist 29 und damit drei Jahre älter als ich. Dennoch bin ich es, die immer alles geregelt hat. Ich bin es, die ihr Geld geben muss, damit sie ihr nicht den Strom abdrehen und ich bin es, die sich kümmert, wenn einer unserer Elternteile mal wieder im Krankenhaus ist. Unsere Eltern gehen schon hart auf die 70 zu und sind beide gesundheitlich nicht besonders gut dabei.
    Irgendwie sind bei uns die Rollen vertauscht. Eigentlich sollte das jüngste Kind das verwöhnte Nesthäkchen sein. Meine Mutter war bei der Geburt meiner Schwester schon fast 40 und hat sie absolut verhätschelt. Ich war ein noch späterer Unfall und bin mehr nebenbei gelaufen.
    „Du bist nicht fair, Melina. Ich bin fast 30 und es ist Zeit
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