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Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Titel: Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)
Autoren: Cynthia Hand
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Mandarinchinesisch erzählt, dass ich ‹ein nettes Mädchen und sehr schlau› sei. Als ich sie das sagen höre, muss ich mir große Mühe geben, nicht zu lächeln.
    Angela findet meine Idee, Ärztin zu werden, sofort ganz toll. «Echt cool», sind ihre genauen Worte. «Weißt du, ich glaube, wir sollten unsere Gaben nutzen, so richtig, nicht einfach bloß draufhocken und sie nur rausholen, wenn wir irgendwelche Engelpflichten zu erledigen haben. Wenn du das ganze Blut und die Eingeweide und das alles erträgst – was ich definitiv nicht könnte, also Hut ab, Clara –, wenn du das kannst, dann solltest du dich durch nichts davon abhalten lassen.»
    Nur Christian hält es für keine gute Idee.
    «Ärztin», wiederholt er, als ich es ihm erzähle. «Wie bist du denn jetzt darauf gekommen?»
    Ich erkläre ihm, was während des Dauerlaufs passiert ist, erzähle von Amys wundersam geheiltem Knöchel und meinem darauf folgenden Aha-Moment. Ich erwarte, dass er beeindruckt ist. Sich für mich freut. Mir zustimmt. Aber er runzelt die Stirn.
    «Es gefällt dir nicht», bemerke ich. «Wieso?»
    «Es ist zu riskant.» Es scheint, als wolle er noch etwas anderes sagen, aber wir stehen im Gedränge auf dem Gehweg vor der Stanford-Buchhandlung. Da habe ich ihn praktisch über den Haufen gelaufen, als ich mich mit einem ganzen Arm voll Lyrikanthologien für meinen Geisteswissenschaftskurs und einem zehn Pfund schweren Chemielehrbuch abschleppe. Und genau dieses Buch mit dem Titel Chemie: Wissenschaft der Veränderung hat den Anstoß zu dem Gespräch gegeben. Man könnte dich dabei erwischen, dass du den Glanz einsetzt , sagt er in meinem Kopf.
    Bleib mal locker , antworte ich auf die gleiche Weise. Ich will ja nicht jetzt sofort loslaufen und Wunderheilungen vollbringen. Ich sehe das als einen möglichen Beruf für mich, mehr nicht. Keine große Sache.
    Aber es fühlt sich an wie eine große Sache. Es fühlt sich an, als ob mein Leben endlich – anders kann ich es nicht ausdrücken –, endlich einen Sinn und einen Zweck hat, einen Zweck, der nichts mit der Aufgabe von Engelblutwesen zu tun hat, aber das Engelblut in mir dennoch zum Einsatz kommen lässt. Es fühlt sich richtig an.
    Er seufzt.
    Versteh schon , sagt er. Ich will auch Menschen helfen. Aber wir müssen den Ball flach halten, Clara. Du hattest Glück, dass dieses Mädchen, das du geheilt hast, nicht sehen konnte, was passiert ist. Wie hättest du es erklärt? Was würdest du tun, wenn sie auf dem ganzen Campus herumerzählt, dass du magische leuchtende Hände hast?
    Darauf weiß ich keine Antwort. Ich hebe den Kopf. Aber sie hat nichts gemerkt. Ich werde vorsichtig sein. Ich würde den himmlischen Glanz nur einsetzen, wenn ich wüsste, es wäre sicher, und ansonsten würde ich nur den normalen Medizinkram benutzen. Deshalb will ich ja Ärztin werden. Ich habe die Macht, Menschen zu heilen, Christian. Diese Fähigkeit darf ich doch nicht ungenutzt lassen, oder?
    Eine Weile stehen wir da, verstrickt in einen wortlosen Streit darüber, ob es das Risiko wert ist oder nicht, bis klar wird, dass keiner von uns beiden seine Meinung ändern wird. «Ich muss gehen», sage ich schließlich und versuche, nicht zu schmollen. «Ich muss ein paar Aufgaben zum Thema Quantenmechanik durcharbeiten, es sei denn, du denkst, das ist zu gefährlich.»
    «Clara …», setzt Christian an. «Ich finde es großartig, dass du jetzt weißt, in welche Richtung du gehen willst, aber …» Du brauchst nur einen einzigen kleinen Fehler zu machen , sagt er. Irgendwann beobachtet dich vielleicht der Falsche dabei, und dann findet man womöglich heraus, was du bist, und schon sind sie uns auf den Fersen.
    Ich schüttle den Kopf. Ich kann doch nicht mein ganzes Leben lang in Angst vor dem schwarzgeflügelten Kinderschreck verbringen. Ich muss mein Leben leben, Christian. Ich mache schon keinen Blödsinn mit dem himmlischen Glanz, aber ich will auch nicht tatenlos rumsitzen und auf meine Visionen warten.
    Das Wort Visionen erinnert ihn an eine andere Sorge, und mir fällt ein, dass er versprochen hatte, mir etwas zu erzählen. Aber jetzt will ich es nicht hören. Ich will schmollen.
    Ich hebe meine schwere Bücherlast auf den anderen Arm. «Ich muss jetzt los. Wir sehen uns dann.»
    «Ist gut», sagt er steif. «Bis dann.»
    Ich mag das Gefühl nicht, das wie eine dunkle Wolke über mir hängt, als ich zu meinem Wohnheim zurückgehe.
    Ich mag nicht, dass es keine Rolle spielt, was ich meinte, als
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