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Und wenn wir fliehen (German Edition)

Und wenn wir fliehen (German Edition)

Titel: Und wenn wir fliehen (German Edition)
Autoren: Megan Crewe
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prustend wieder ausspuckte, nachdem ich einmal nicht schnell genug reagiert hatte, als der Saugvorgang in Bewegung kam, konnten wir noch dreißig Liter zusätzlich in Kanister füllen, die wir anschließend im Kofferraum verstauten.
    »Ich versuche mal, ein paar dicke Schlafsäcke für nachts aufzutreiben«, sagte Gav, als er die Heckklappe schloss. »Und ich will sichergehen, dass wir mehr als genug zu essen dabeihaben, falls wir in Schwierigkeiten geraten. Wie weit fahren wir?«
    »Ich denk mal bis Ottawa«, antwortete ich. »Weil das die Hauptstadt ist – wenn die Regierung noch irgendwo Wissenschaftler hat, die an dem Virus arbeiten, dann doch sicher da, oder?«
    »Bestimmt«, sagte er.
    »Oder wir versuchen zuerst Halifax, weil das näher ist.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Was du über Ottawa sagst, leuchtet ein. Wenn in der Hauptstadt keiner ist, der helfen kann, dann wahrscheinlich nirgendwo.«
    Er sagte das so gleichgültig, dass ich innehielt und ihn ansah. »Glaubst du etwa nicht, dass wir jemanden finden?«
    «Ist ja keineswegs sicher, oder?«, erwiderte er. »Denk doch mal dran, wie schnell die Regierung uns hier draußen aufgegeben hat.«
    Als ich die Stirn runzelte, trat er zu mir und legte mir die Hände auf die Arme. »Ich verstehe, dass du das tun musst, Kae«, sagte er. »Und ich will mit dir kommen. Das ist doch die Hauptsache.«
    »Ich hatte schon immer vor, die Insel irgendwann zu verlassen«, fügte er hinzu, als ich nichts antwortete. »Warren und ich wollten im Land herumreisen, sehen, was wir alles verpasst haben.« Seine Stimme war ganz brüchig geworden, als er seinen besten Freund erwähnte, den er hatte sterben sehen. Aber dann zupfte er locker an meinem Jackenkragen. »Wenn ich nun stattdessen mit einem hübschen Mädchen losziehen muss, soll’s mir recht sein.«
    Die Wärme in seinem Blick ließ mich erröten. Er beugte sich vor, um mich zu küssen, und ich zog ihn noch näher an mich. In diesem Moment waren das Kribbeln auf meiner Haut und die Hitze, die mich dort überkam, wo sein Körper meinen berührte, das Einzige, was zählte.

    Als ich kurz vor dem Abendessen den Fressnapf der Frettchen füllte, klopfte Leo an Merediths Zimmertür.
    »Hey«, begrüßte er mich von der Türschwelle aus.
    »Auch hey«, erwiderte ich und versuchte, nicht besorgt zu klingen.
    »Tut mir leid wegen gestern«, sagte er. »Ich wollte dich nicht irgendwie runtermachen, oder das, was du vorhast. Es ist bloß … wenn ich daran denke, wie die Zustände da drüben waren, dann …«
    »Ist schon gut«, sagte ich.
    »Nein, ist es nicht, ehrlich.« Er holte Luft. »Ich wollte hören, ob ich helfen kann. Bei was immer du planst.«
    Ich zögerte. Als würde er spüren, dass ich seine Verfassung prüfen wollte, stellte er sich aufrechter hin. Obwohl er schon immer eine schlanke Statur gehabt hatte, sah er in seinem Sweatshirt und der Jeans zu dünn aus. Doch sein Blick war klar und sein Gesichtsausdruck entschlossen.
    »Du bist der Einzige, der seit Ausbruch der Epidemie weg von der Insel war, an den ich mich wenden kann«, sagte ich. »Wenn ich Mark zu viele Fragen stelle, erzählt er es bestimmt Nell. Ich brauche jemanden, der mir hilft, die beste Route zu finden.«
    »Klar«, sagte er. »Das kann ich machen.«
    Am nächsten Tag suchte ich den Autoatlas heraus und setzte mich zusammen mit Leo ins Wohnzimmer. Er fuhr mit dem Finger von dem grau hinterlegten Teil der Vereinigten Staaten über den Streifen, der Kanada darstellte.
    »Ich bin hier entlanggekommen«, sagte er, »quer durch Maine und dann nach New Brunswick. Wenn ihr nach Ottawa wollt, fahrt ihr am besten hoch nach Quebec und dann den Sankt-Lorenz-Strom runter.«
    »In welchem Zustand waren die Straßen?«
    »Die Schneemenge hielt sich noch in Grenzen. Aber es wird auf jeden Fall nicht mehr geräumt, und die Straßenbeleuchtung funktioniert nicht mehr. Wahrscheinlich müsst ihr an liegengebliebenen Autos vorbeimanövrieren. Ich glaube, einige Leute sind einfach so lange gefahren, bis ihnen der Sprit ausging.«
    Ich kaute auf der Lippe und studierte die Karte. Meine Großeltern, die Eltern von Dad, wohnten in Ottawa – früher hatten wir für die Fahrt dorthin immer anderthalb Tage gebraucht. Aber das war auf schneefreien Straßen und mit intakten Tankstellen entlang der Strecke gewesen.
    »Du bist doch sicher durch ein paar Städte gekommen«, sagte ich. »Was war da so los? Hast du viele Menschen gesehen?«
    Leo öffnete den Mund, und sein
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