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Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman
Autoren: Heyne
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Velloni aus seinen Studien in der Vaticana und begab sich mit ihm zur Stadtverwaltung. Dort fand er mit Hilfe des Philologen den Hinweis, nach dem er gesucht hatte. Cavalcanti wohnte noch kein Jahr in dem Kasten, nur wenige Monate bevor das erste Mädchen verschwand, war er dort eingezogen. Klarer konnte ein Zusammenhang doch gar nicht sein. Valenti beschloss deshalb, mitternachts bei dem Präfekten einzubrechen. Velloni ließ sich nicht davon abbringen, ihn zu begleiten. Sie schlugen in alten Gerichtsakten nach, denn der Philologe erinnerte sich, dass der Palazzo früher einmal der Familie Cenci gehört hatte, bis die Kinder ihren Vater töteten und dafür auf dem Schafott endeten. Vorher hatte sie der geizige Alte aber mehr oder weniger gefangen gehalten. Velloni hoffte nun, in den Verhörprotokollen der Kinder Beschreibungen des Arrests zu finden. Als wertvoll erwies sich ein Hinweis der schönen Tochter des Edelmannes, Beatrice Cenci, demnach sie aus dem Keller in den Garten entkam. Die beiden Männer beschlossen, diesen Hintereingang zu nutzen, und hofften inständig, dass er noch
existierte, denn die Ereignisse lagen nun über einhundert Jahre zurück.
    Den verbleibenden Nachmittag und den Abend verbrachten die Freunde mit Fechtübungen. Valenti wollte den Philologen wenigstens in die Grundzüge des Degenkampfes einweisen, obwohl ihm die Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen jede Stunde deutlicher vor Augen trat. Zumindest wusste er jetzt, wie rum man ein Rapier anfasste, tröstete sich der Graf.
    Dann schlugen die Glocken Roms endlich Mitternacht. Durch die dunklen Gassen begaben sie sich zum Palast des Präfekten, der gegenüber des Ghettos aufragte. Sie trugen jeder eine schwarze Hose, ein dunkles Hemd und einen schwarzen Justacorps. Valenti hatte sich und den Philologen mit Dolch und Rapier ausgerüstet.
    Mit Hilfe einer kleinen Strickleiter überwanden sie die Mauer. Der Garten selbst wirkte verwildert, doch vor ihnen begann eine Art Trampelpfad. Sie schlichen zum Hintereingang des Palastes, der still und schwarz vor ihnen lag. Alle schienen bereits zu schlafen, denn sie sahen weder ein Licht, noch vernahmen sie ein Geräusch. Die Tür war zum Glück nicht verschlossen - offenbar hatte Cavalcanti nicht die geringste Ahnung, wie leicht die Palazzomauer zu überwinden war, oder er fühlte sich in seiner Stellung als Polizeipräfekt schlicht und ergreifend zu sicher. Valenti schlüpfte als Erster hinein, Velloni folgte. Der Graf zündete ein Öllämpchen an. Ein schmaler Gang führte geradeaus, eine Treppe in den Keller. Sie entschieden sich für den Keller. Am Fuße der Treppe erwartete sie ein Kellergang, der nach wenigen Schritten vor einer Tür endete. Die beiden tauschten einen hoffnungsvollen Blick. Befanden sich dahinter vielleicht schon Cäcilia und Deborah? Ihnen hüpfte vor
Aufregung das Herz im Leib. Sie öffneten die Tür, traten ein und empfingen Schläge. Valenti fiel das Öllämpchen aus der Hand. Jeder Versuch, sich zu wehren, war aussichtslos. Unzählige Fäuste prasselten in der Dunkelheit auf sie nieder. Schließlich wurden sie von kräftigen Armen gepackt und gefesselt. Dann schleifte man sie über den rauen Steinfußboden. Eine Falle, dachte Valenti, aber wer sollte von ihrem Plan gewusst haben? Gesicht und Körper brannten von den vielen Schlägen, die er hatte einstecken müssen. Er spürte, wie sein linkes Auge zuschwoll. Nach einer Ewigkeit, wie ihm schien, entzündete jemand eine Fackel. Valenti schaute in die schmutzigen Gesichter vermummter Gestalten. Auf einem Sessel saß ein Mann von schlanker Statur, aus dessen Körpermitte sich jedoch ein kugelrunder Bauch wölbte. Er trug schmutzige grüne Hosen und am Oberkörper einen Überwurf von gleicher Farbe. Auf seinem Kopf thronte wie eine Krone ein hoher schwarzen Hut, unter dessen Krempe glattes schwarzes Haar hervorlugte. Unterhalb der Nase bog sich ein Bart, dessen Enden bis zu den Mundwinkeln reichten. Sein ganzes abenteuerliches Aussehen ließ Valenti vermuten, dass vor ihm der Hauptmann der Bande saß, die sie gerade zusammengeschlagen hatte. Unwillkürlich musste Valenti grinsen. Im Keller des Palastes des Polizeipräfekten von San Angelo hauste eine Räuberbande.
    »Was grinst der so?«, fragte feindselig einer der Diebe. Valenti versuchte sie zu zählen. Er kam auf sieben Männer, wusste aber nicht, ob er wirklich die gesamte Bande vor sich hatte.
    »Er sieht nicht so aus, als ob ihn Signorina Cavalcanti geschickt hat«,
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