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Und so verlierst du sie

Und so verlierst du sie

Titel: Und so verlierst du sie
Autoren: Junot Díaz
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Haus gefahren bin, ihr Briefe geschrieben und sie nachts immer wieder angerufen habe, wieder zusammengekommen sind. Was nicht heißt, dass ich noch mal bei ihrer Familie am Tisch sitzen durfte oder ihre Freundinnen begeistert waren. Diese cabronas waren eher so, Nein, jamás, niemals. Sogar Magda war anfangs nicht gerade scharf darauf, dass wir uns wieder näherkamen, aber ich hatte die Wucht der Vergangenheit auf meiner Seite. Als sie mich fragte, Warum lässt du mich nicht in Ruhe?, habe ich ihr die Wahrheit gesagt: Weil ich dich liebe, mami. Ich weiß, das klingt wie ein Haufen Kacka, aber es ist wahr: Magda ist mein Herz. Ich wollte nicht, dass sie mich verlässt, ich wollte mir keine neue Freundin suchen, nur weil ich es einmal versaut hatte.
    Glaubt nicht, es wäre ein Kinderspiel gewesen, das war es nämlich nicht. Magda ist stur; als wir zusammengekommen sind, hat sie gesagt, sie würde erst mit mir schlafen, wenn es mit uns mindestens einen Monat gehalten hat, und dabei ist sie geblieben, egal, was ich versucht habe, um ihr an die Wäsche zu gehen. Sie ist auch sensibel. Saugt den Schmerz auf wie Papier Wasser. Ihr glaubt nicht, wie oft sie gefragt hat (vor allem nach dem Vögeln), Hättest du es mir irgendwann erzählt? Das und Warum?, waren ihre Lieblingsfragen. Meine Lieblingsantworten lauteten Ja und Es war ein dummer Fehler. Ich habe nicht nachgedacht.
    Manchmal haben wir sogar über Cassandra geredet, meistens im Dunkeln, wenn wir uns nicht sehen konnten. Magda fragte mich, ob ich Cassandra geliebt hätte, und ich sagte, Nein, habe ich nicht. Denkst du noch manchmal an sie? Nein. Hat es Spaß gemacht, sie zu vögeln? Süße, ehrlich gesagt war es mies. Das hört sich nie besonders glaubwürdig an, aber ihr müsst es sagen, egal, wie blöd und unwahr es klingt: sagt es.
    Und als wir wieder zusammenkamen, lief es eine Weile lang wunderbar.
    Aber nicht lange. Nach und nach, beinahe unmerklich verwandelte sich meine Magda in eine andere Magda. Die nicht mehr so oft bei mir übernachten wollte oder mir den Rücken kraulte, wenn ich sie darum bat. Erstaunlich, was einem da auffällt. Etwa, dass sie früher nie gesagt hat, ich soll noch mal anrufen, wenn sie gerade mit jemandem telefonierte. Ich hatte immer Vorrang. Jetzt nicht mehr. Natürlich habe ich ihren Freundinnen die Schuld an dem ganzen Mist gegeben, ich wusste genau, dass sie mich bei ihr schlechtmachten.
    Sie war nicht die Einzige, die Ratschläge bekam. Meine Jungs meinten, Die kann dich doch mal, schieß die Schlampe ab, aber wenn ich es versuchte, konnte ich es nie. Ich stand so richtig auf Magda. Ich habe mich wieder voll bei ihr reingehängt, aber nichts schien zu ziehen. Jedes Mal, wenn wir ins Kino gingen, jedes Mal, wenn wir abends rumgefahren sind, jedes Mal, wenn sie doch bei mir übernachtet hat, schien sich irgendwas Negatives an mir zu bestätigen. Es fühlte sich an, als würde ich stückchenweise sterben, aber wenn ich es ansprach, meinte sie nur, ich sei paranoid.
    Etwa einen Monat später fängt sie mit Veränderungen an, die einen paranoiden Nigger aufgeschreckt hätten. Schneidet sich die Haare ab, kauft besseres Make-up, trägt neue Klamotten, geht freitagabends mit ihren Freundinnen tanzen. Wenn ich sie frage, ob wir abhängen können, bin ich nicht mehr sicher, dass sie Ja sagt. Oft kommt sie mir wie Bartleby mit einem Nein, lieber nicht. Ich frage sie, was zum Teufel das hier für sie ist, und sie sagt, Genau das will ich herausfinden.
    Ich weiß, was das soll. Sie will mir zeigen, dass ich in ihrem Leben auf wackligem Posten stehe. Als wüsste ich das nicht.
    Dann kam der Juni. Heiße weiße Wolken hingen wie festgepappt am Himmel, Autos wurden mit Gartenschläuchen abgespritzt, Musik drang auf die Straße. Alle bereiteten sich auf den Sommer vor, sogar wir. Wir hatten Anfang des Jahres eine Reise nach Santo Domingo geplant, ein Geschenk zu unserem Jahrestag, und mussten uns entscheiden, ob wir immer noch fliegen wollten. Das Problem war schon vor einer Weile am Horizont aufgetaucht, aber ich dachte, es würde sich von selbst lösen. Als es das nicht tat, holte ich die Tickets heraus und fragte sie, Was meinst du?
    Das ist mir irgendwie zu verbindlich.
    Könnte schlimmer sein. Mein Gott, es ist nur ein Urlaub.
    Es fühlt sich aber an wie Zwang.
    Muss es aber nicht.
    Ich weiß nicht, warum ich mich so daran festbeiße. Warum ich jeden Tag davon anfange und versuche, sie dazu zu überreden. Vielleicht war ich unsere Situation
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