Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und Rache sollst du nehmen - Thriller

Und Rache sollst du nehmen - Thriller

Titel: Und Rache sollst du nehmen - Thriller
Autoren: Craig Robertson
Vom Netzwerk:
College kennengelernt hatte, das Mädchen, das ich zum Teenage-Fanclub-Konzert in den Barrowlands Ballroom geschleppt hatte. Das Mädchen, das schwanger geworden war, als wir uns gerade mal ein Jahr lang kannten. Die beste Mutter der Welt, eine wunderschöne, witzige, warmherzige Frau. Ich hatte sie fast vergessen. Aber nicht nur, weil ich keinen Blick mehr für sie gehabt hatte, sondern auch, weil sie fort gewesen war. Sie war am selben Tag verschwunden wie Sarah.
    Wir sanken unterm Reden aufs Sofa. Aber diesmal hielten wir keinen Sicherheitsabstand ein, diesmal saßen wir beieinander. Ich war weiter in die Mitte gerückt,
sie hatte sofort verstanden und direkt neben mir Platz genommen. Wahrscheinlich wirkten wir wie ganz normale Leute.
    Sie kuschelte sich an mich. Wie lange war uns diese Wärme entgangen, uns beiden. Was vor allem meine Schuld war. Nein, Wallace Ogilvies Schuld. Blitzartig loderte wieder Hass in mir auf; die Rache war serviert, aber der Hass ließ nicht locker. Das spürte sie. Sie nahm ihren Kopf von meiner Schulter und blickte mich fragend an. Ich legte ihr eine Hand aufs Haar und drückte ihr den Arm, um ihr zu signalisieren, dass alles in Ordnung war. Da rutschte sie wieder an meine Seite.
    Es durfte nicht an die Oberfläche kommen, ich musste es zurückdrängen und tief in meinem Inneren verscharren. Die Schreie mussten für den Moment aussetzen.
    Ich drückte ihren Arm ein zweites Mal, eher um mich selbst zu beruhigen, aber das brauchte sie nicht zu wissen. Im Fernsehen lief ihre Seifenoper, und sie genoss es sehr, dass ich sie tatsächlich mit ihr anschaute. Dass wir zusammen waren.
    Erst jetzt wurde mir klar, wie lang es schon her war, dass ich überhaupt jemanden berührt hatte. Doch irgendetwas an unserer Berührung fühlte sich falsch an. Meine Hände waren an anderen Orten gewesen, hatten andere Dinge getan. Meine Hände waren schmutzig und verschlagen. Meine Hände hielten sie fest, als hätten sie sich nichts vorzuwerfen. Als hätten sie noch das Recht, einem anderen Menschen Trost zu spenden.
    Ich hatte sie nicht mehr berührt, weil ich innerlich tot war. Und ich durfte nicht wieder damit anfangen, weil
ich es nicht wert war. Diese Hände konnte man niemals mehr reinwaschen.
    Denk nicht daran. Lass es.
    Halt sie einfach nur fest.
    Sie vergrub ihren Kopf tiefer an meiner Schulter, als hätte sie diese Geborgenheit schon lange vermisst und würde sich nun sehr, sehr wohlfühlen. Sie schien eine Art Frieden gefunden zu haben. Sofort war die Stimme wieder da, in meinem Kopf: Sie hat Frieden gefunden, weil sie froh ist, dass du Wallace Ogilvie getötet hast.
    Wehr dich. Sperr die Stimme aus.
    Ich starrte über ihren Kopf hinweg, über den Fernseher hinweg, in die Dunkelheit, die Vergangenheit. Gleichzeitig zog ich sie enger an mich heran. Und merkte, wie sie sich darüber freute.
    So saßen wir beieinander, sie in meinen Armen, bis sie schließlich wegdämmerte. Nicht allein wegen der Tabletten, sondern vor allem aus tiefer Zufriedenheit. Sobald ich mir sicher sein konnte, dass sie nicht mehr da war, küsste ich sie auf die Stirn und strich ihr durchs Haar. Sie schlief tief und fest, während ich ihr Entschuldigungen und Rechtfertigungen ins Ohr flüsterte. Während ich ihr erklärte, was ich bereute. Und was ich nicht bereute.
    Ich sagte ihr, dass ich sie liebte.
    Ich hätte sie nach oben tragen und ins Bett legen sollen. Ich hätte sie ausziehen und gut zudecken sollen, ich hätte sie warm eingehüllt zurücklassen sollen, geborgen in ihren Erinnerungen an Sarah. Stattdessen wand ich mich vorsichtig unter ihr hervor und achtete darauf, dass ich sie nicht aufweckte.

    Es war ein schönes Gefühl, sie so zu sehen. Sie wirkte beinahe glücklich. Sie schmiegte sich an die Sofalehne, als würde ich noch dort sitzen. Auf einmal erschien sie um Jahre verjüngt, zwar nicht jünger, als sie tatsächlich war, aber deutlich jünger, als sie geworden war.
    Ich stand in der offenen Tür und ließ den Blick noch eine Weile auf ihr ruhen. Ich dachte an nichts Bestimmtes, ich schaute sie einfach nur an. Dann nahm ich die Hand von der Klinke und schlich mich zurück ins Zimmer, gerade lang genug, um sie auf die Lippen zu küssen. Sie zuckte sachte, und tief aus ihrem Inneren stieg der Anflug eines Lächelns auf.
    Das war mehr, als ich verdient hatte.
    Zeit zu gehen. Zeit für das letzte Opfer.

50
    Das Cineworld in der Renfrew Street ist das höchste Kino der Welt. Im Jahr 2004 gewann es die Wahl zum
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher