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...und noch ein Küsschen!

...und noch ein Küsschen!

Titel: ...und noch ein Küsschen!
Autoren: Roald Dahl
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wo ich in einem Liegestuhl die Abendsonne genießen wollte.
    Ich ging zur Bar, bekam das Bier und schlenderte mit der Flasche und einem Glas in der Hand durch den Garten zum Bassin.
    Es war ein sehr schöner Garten mit Rasenflächen, Azaleenbeeten und hohen Kokospalmen. Der Wind fuhr durch die Wipfel der Palmen und ließ die Blätter zischen und knistern, als stünden sie in Flammen. Unter den Blättern sah ich die großen braunen Nüsse in Büscheln hängen.
    Rings um das Schwimmbecken standen viele Liegestühle, weiße Tische und riesige bunte Gartenschirme. Braungebrannte Männer und Frauen im Badeanzug saßen teils in der Sonne, teils im Schatten.
    Im Wasser tummelten sich drei oder vier Mädchen und etwa ein Dutzend junger Männer, die übermütig herumplanschten, viel Lärm machten und mit einem großen Gummiball spielten.
    Ich blieb stehen und beobachtete sie. Die Mädchen waren Engländerinnen aus dem Hotel. Die Jungen kannte ich nicht, aber da sie wie Amerikaner sprachen, nahm ich an, sie seien Seekadetten von dem U S-Schul schiff , das am Morgen den Hafen angelaufen hatte.
    Nach einer Weile ging ich weiter. Ich steuerte auf einen gelben Schirm zu, unter dem vier leere Stühle standen, setzte mich, füllte mein Glas mit Bier, zündete mir eine Zigarette an und lehnte mich bequem zurück.
    Es war sehr angenehm, mit einem Bier und einer Zigarette im Freien zu sitzen. Und es machte Spaß, den Badenden zuzuschauen, die sich in dem grünen Wasser vergnügten.
    Die amerikanischen Jungen kamen sehr gut mit den englischen Mädchen zurecht. Sie waren schon so weit mit ihnen, dass sie tauchten und ihnen nach den Beinen griffen.
    Mein Blick fiel auf einen kleinen, ältlichen Mann, der forsch und sehr schnell um das Becken herumging. Bei jedem seiner kurzen, hüpfenden Schritte federte er auf den Zehen hoch. Er trug einen makellos weißen Anzug und einen breitrandigen cremefarbenen Panamahut. Während er dicht am Rande des Bassins entlangtrippelte, musterte er die Leute und die Liegestühle.
    Er machte neben mir halt und zeigte lächelnd zwei Reihen winziger, schiefstehender, leicht verfärbter Zähne. Ich lächelte zurück.
    «Bittäh Entschuldigung, aber darf ich hier sitzen?»
    «Gewiss», antwortete ich. «Ist ja alles frei.»
    Er tänzelte auf einen Liegestuhl zu und prüfte ihn von allen Seiten auf seine Sicherheit. Dann ließ er sich nieder und schlug die kurzen Beine übereinander. In seine weißen Wildlederschuhe waren kleine Löcher gestanzt – wegen der Ventilation.
    «Eine schöne Abend», sagte er. «Die Abende alle sind schön hier in Jamaica.» Ich kam nicht dahinter, ob er mit italienischem oder spanischem Akzent sprach, aber ich war sicher, dass er aus Südamerika stammte. Und dass er älter war, als er auf den ersten Blick wirkte. Achtundsechzig vielleicht, wenn nicht gar siebzig.
    «Ja», sagte ich. «Es ist herrlich hier.»
    «Und wer, darf ich fragen, sind diese Leute? Die sind nicht von Hotel.» Er wies auf die Badenden im Bassin.
    «Ich glaube, es sind amerikanische Kadetten», erwiderte ich. «Amerikaner, die zu Marineoffizieren ausgebildet werden.»
    «Natürlich es sind Amerikaner. Wer sonst auf Welt macht denn so viel Lärm? Aber Sie, Sie sind nicht Amerikaner, nein?»
    «Nein, ich nicht.»
    Plötzlich stand ein amerikanischer Kadett vor uns. Er kam geradewegs aus dem Wasser und triefte vor Nässe. Eine der jungen Engländerinnen war bei ihm.
    «Sind diese Stühle besetzt?», fragte er.
    «Nein», antwortete ich.
    «Gestatten Sie, dass ich mich setze?»
    «Nur zu.»
    «Danke», sagte der Junge. Er hatte ein zusammengerolltes Frottiertuch in der Hand, und als er saß, holte er daraus ein Päckchen Zigaretten und ein Feuerzeug hervor. Das Mädchen lehnte die Zigarette ab, die er ihr anbot; dann hielt er mir das Päckchen hin, und ich griff zu. Der kleine Mann sagte: «Danke, nein, aber ich werde rauchen Zigarre.»
    Er nahm eine Zigarre aus einem krokodilledernen Etui, brachte ein Taschenmesser zum Vorschein, an dem sich auch eine kleine Schere befand, und knipste das Ende der Zigarre ab.
    «Warten Sie, ich gebe Ihnen Feuer.» Der junge Amerikaner hob sein Feuerzeug.
    «Das wird nicht gehen in diese Wind.»
    «O doch. Es geht immer.»
    Der kleine Mann nahm die unangezündete Zigarre aus dem Mund, legte den Kopf schräg und sah den Jungen an.
    «Im-mer?»,
wiederholte er langsam.
    «Gewiss. Es versagt nie. Jedenfalls nicht bei mir.»
    Der kleine Mann hielt den Kopf noch immer zur Seitegeneigt,
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