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Und nie sollst du vergessen sein

Und nie sollst du vergessen sein

Titel: Und nie sollst du vergessen sein
Autoren: Joerg Boehm
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als er die Nadel vorsichtig auf die Spritze steckte.
    â€žAlso habe ich mir – als ich die Rose nach Hause brachte – aus dem Keller Äther geholt und bin zurück zum Fest. Ich sah, wie sie Richtung Kreisstraße lief – ihrer Ewigkeit entgegen. Es konnte gar nicht besser laufen. Denn anstatt René, für den sie mit dem Dorf, mit ihrem Vater, mit mir brechen wollte, wartete ich an der Kreuzung. Ich musste nur den richtigen Augenblick abwarten und dann ging es ganz schnell. Dort oben sah uns niemand. Selbst in ihrem letzten Moment war ich ganz allein mit ihr.“ Er grinste über das gesamte Gesicht. Erst jetzt bemerkte Emma die Aknenarben in seinem Gesicht. Sie schüttelte sich, doch Thomas Albiez schien davon nichts mitbekommen zu haben.
    â€žEs war so kinderleicht, sie zu betäuben und dann ins Auto, das ich nur wenige Meter entfernt von ihr abgestellte hatte, zu schleppen und sie im heimischen Keller einzusperren. Meine Eltern waren im Urlaub, also hatte ich freie Bahn, sie bei uns zu verstecken.“
    â€žWarum hast du nicht mehr mit ihr gesprochen? Ihr gesagt, dass dich ihr Verhalten verletzt hat?“ Emma hasste sich für ihr mitfühlendes Geschwafel, doch als sie wenige Augenblicke zuvor die Spritze gesehen hatte, da wusste sie, dass nun auch ihr letztes Stündlein geschlagen hatte. Ein Stündlein, das man vielleicht noch etwas hinauszögern konnte, um sich einen Plan B zu überlegen, da bis jetzt immer noch niemand hier aufgetaucht war, um sie von diesem Psychopathen zu befreien.
    â€žMit Charlotte konnte man nicht reden, geschweige denn diskutieren. Aber wenn man jemanden liebt, dann nimmt man so etwas in Kauf. Schließlich ist sie ja meine Königin. So habe ich ihr ein Glas mit einem ganz besonderen Getränk darin gegeben. Du glaubst gar nicht, wie friedlich sie daraufhin eingeschlafen ist. Und so friedlich würde sie dort jetzt immer noch schlafen, wenn du sie nicht geweckt hättest.“ Seine Gesichtszüge verfinsterten sich, als er die Nadel in ein Fläschchen steckte und die Spritze aufzog.
    Es war das blanke Entsetzen, das sie übermannte, als sie „Luminal“ auf der durchsichtigen Flasche lesen konnte. „Luminal“ – ein Schlafmittel, das schnell wirkte und in hoher Dosis tödlich war.
    Sie wollte schreien, doch es kam kein einziger Ton aus ihrem Mund. Bitte, lieber Gott, ich will noch nicht sterben, flehte sie wortlos gen Himmel. Doch es schien, als sei es unmöglich, durch den Nebel irgendwelche Botschaften an eine höhere Macht transportieren zu können.
    â€žIch bin so froh, dass ich dir nun alles erzählen konnte. Es wäre wirklich schlimm gewesen, wenn du nun in den Schlaf der Gerechten fällst, ohne auch nur ansatzweise zu wissen, warum die Liebe die stärkste Macht der Welt ist. So stark, dass sie einen sogar zum Mörder macht.“
    Emma wehrte sich, soweit sie das in ihrem gefesselten Zustand überhaupt konnte. Doch Thomas blieb völlig unbeeindruckt vor ihr stehen, in der rechten Hand hielt er die Spritze. „Weißt du, Emma, das Schöne ist, dass ich für dieses Schlafmittel noch nicht einmal eine Vene treffen muss, um es dir zu verabreichen.“ Thomas grinste wieder abfällig, während er sanft ihre Wange streichelte.
    â€žDie Spritze ist nur da, falls etwas schiefgehen sollte.“
    Emma schaute ihn entsetzt an.
    â€žRate mal, was du eben getrunken hast? Arme Emma. Aber was bei Charlotte funktionierte, funktioniert auch bei dir.“
    Zärtlich nahm er eine Strähne ihres goldblonden Haars und wickelte zwei Finger liebkosend darin ein. „Dann schlaf mal gut, mein Engel. Dein ewiges Bettchen ist gleich fertig.“ Thomas stieg wieder in die Grube hinein, die mittlerweile nahezu überall einen halben Meter tief ausgehoben war, und kümmerte sich um die letzten Zentimeter, als Emmas Körper sich von der Tanne löste und wie eine Marionette, deren Fäden nach gelöster Spannung nachgeben, in sich zusammensackte. Sie versuchte krampfhaft, die Augen offen zu halten.
    Du darfst jetzt nicht einschlafen, sonst ist Opa ganz umsonst gestorben, appellierte sie an ihren Überlebenswillen und versuchte krampfhaft, ihre Augen offen zu halten.
    Ein weiterer Klumpen Erde, der mit einem platschenden Geräusch neben ihr aufschlug, war das Letzte, was sie sah.

epilog
    Im Raum war es dunkel.
    Stockfinster.
    Totenstill.
    Fast, denn außer dem
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