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Und kein Ende (German Edition)

Und kein Ende (German Edition)

Titel: Und kein Ende (German Edition)
Autoren: Leo Permann
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jetzt alles ein Puzzlespiel, aber die Teile passen zusammen und aus was ich mir meine Krücken baue ist wohl auch meine Sache.

 
 
    Meine Eltern waren beide Anfang dreißig und ich war ein Betriebsunfall, weil unerwünscht und dann noch nicht einmal ein Mädchen. Den Namen Cornelia hatten sie sich schon bereits zurechtgelegt. So wie es in meinem Kopf aussah musste ich ein sehr lebhaftes Kind gewesen sein. Die Sage erzählt, dass meine Mutter mich einmal gerade noch so unter einem Auto, das gerade noch so zum stehen kam,   hervorziehen konnte. Abgesehen von kleineren Unfällen an die ich mich teilweise noch selbst erinnern kann, so wie zum Beispiel der Flug in die Glaskommode weil mir mein Bruder bei der Verfolgungsjagd in der Wohnung den Besen zwischen die Beine geworfen hatte, habe ich körperlich keinen Schaden davon getragen. Viel schlimmer waren die seelischen Verletzungen. Ich muss wohl Anfangs Menschen gegenüber recht aufgeschlossen gewesen sein. Ohne Scheu und mit einer gewissen Raffinesse muss ich wohl die eine oder andere Tafel Schokolade erbeutet haben.

 
    Die Sage erzählt aber auch, dass man mich im Alter von zweidreiviertel Jahren am Nikolausabend in einen Sack verfrachtet hat und dann aus dem Zimmer, den siebeneinhalb Meter langen Wohnungsflur entlang bis zur Haustüre geschleppt hat. Ab dieser Zeit ging ich in kein fremdes Haus mehr. Mit meinem wohl herzzerreißenden Geschrei konnte ich alle noch so lieb gemeinten Annäherungsversuche fremder Personen abwehren.

 
    Ich kann mich noch gut daran erinnern wie ich immer mir die Nase an der Scheibe platt drückte und hinaus in den Hinterhof schaute. Mein Bruder hatte viele Freunde in der Stadt, er war ja auch damals schon acht. Ich durfte nicht mit hinaus.
    „Du darfst in den Hof wenn die Sonne scheint.“ sagte meine Mutter.
    Die Sonne schien nur selten.
    Sie hieß Claudia Spatz. Mit ihr spielte ich an den   wenigen Sonnentagen Wettrennen im Hof. Mich störte immer wenn sie sagte:
    „Auf die Brette, fertig, Los“

 
 
    Meine Mutter hielt mir immer vor, ich wollte sie durch meine Ungezogenheit und Nörgelei wissentlich ins Grab bringen und sang mir dann immer vor.

 
 
    Es war einmal ein kleines Bübchen
Der bettelte so nett und süß
Mamatschi schenk mir ein Pferdchen
Ein Pferdchen wär’ mein Paradies
Und da erhielt der kleine Mann
Ein Pferdepaar aus Marzipan
Die blickt er an er weint und spricht
Solche Pferde wollt ich nicht
    Mamatschi schenk mir ein Pferdchen
Ein Pferdchen wär' mein Paradies
Mamatschi solche Pferde wollt ich nicht
    Der Winter war ins Land gezogen
Und seine Bitte ward erhört
Es kam das Christkindlein geflogen
Und brachte ihm was er begehrt
Unter dem Christbaum standen stolz
Zwei Pferde aus lackiertem Holz
Die blickt er an er weint und spricht
Solche Pferde wollt ich nicht
Mamatschi schenk mir . . . .
    Und viele Jahre sind vergangen
Und aus dem Jungen wurd' ein Mann
Da hielt, die Fenster dicht verhangen,
Vorm Haus ein prächtiges Gespann
Vor einer Prunkkarosse stehn
Vier Pferde reich geschmückt und schön
Die trugen ihm sein armes Mütterlein
Da fiel ihm seine Jugend ein
    Mamatschi schenk mir ein Pferdchen
Ein Pferdchen wär' mein Paradies
Mamatschi Trauerpferde wollt ich nicht

 
 
    Dieses Lied werde ich wohl nie vergessen.

 
 
    Meine wirkliche „Freundin“ war Frau Nuss. Sie war so um die sechzig und wohnte im gleichen Geschoss gegenüber.
    „Frau Nuss, ihr Hausfreund ist da“ rief ich laut vor ihrer Tür und betätigte dabei die Hausklingel.
    „Das darfst Du nicht sagen mein Junge, die Leute glauben das sonst noch“
    Frau Nuss hatte keine Kinder. Ich verbrachte oft die Tage bei ihr. Sie hatte viele Buntstifte.
    „Wenn Du groß bist darfst Du auch mit den Wasserfarben malen“
    Ich bekam immer ein Glas Milch und ein paar Kekse. So saß ich bei ihr am Küchentisch und   malte. Sie hatte auch einen Kanarienvogel, den Hansi.
    „Hör’ nur wir schön der singt“
    „Darf ich ihn in die Hand nehmen?“
    „Nein“
    Als ich fünf war zogen wir nach Volkersau. Ich sollte in den Kindergarten. Das war das erste Mal, dass ich in solch einer Institution war.
    „Spiel doch mit den anderen Kindern“
    Ich saß nur für mich allein.
    An einem Tag fuhr mich mein Vater sogar mit dem Moped dahin. Ich zeigt ihm kurz die Einrichtung, erklärte ihm die Spielgeräte und deren Funktionsweise im Garten. Das war’s dann auch.
    Dieses Intermezzo dauerte nur wenige Tage. Ich glaube meine Mutter war ganz froh, als
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