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Und immer wieder Liebe Roman

Titel: Und immer wieder Liebe Roman
Autoren: Paola Calvetti
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auf einem Garagendach
herumtanzt und Gitarren schwingt, als wären es Waffen. Ansonsten sieht man rein gar nichts.
    »Was machst du denn hier im Dunkeln, Schatz?«
    Mattia schaut auf. Sein Gesicht ist tränenüberströmt.
    »Was ist denn passiert? Warum weinst du?«
    Die Frage kann ich nicht mehr zurücknehmen. Man fragt nicht, warum jemand weint, wenn jemand weint. Aber wenn ein Junge von fast zwei Metern von Schluchzern geschüttelt wird, kann man als Mutter keinen klaren Gedanken mehr fassen. Man denkt sofort an das Schlimmste – was auch immer das sein mag. Drogen. Oder dass er etwas ganz Schreckliches angestellt hat, dass er geklaut oder jemanden mit dem Mofa umgenietet hat, solche Sachen. Irgendetwas Tragisches jedenfalls.
    Mattia sucht meinen Blick, als wäre er auf der Suche nach einer Lösung. Mit Leidensmiene drückt er den Rücken durch.
    »Es ist nichts, Mama. Ich habe nichts.«
    »Wie, nichts? Ist irgendetwas passiert?«
    Natürlich ist etwas passiert, sonst würde er ja nicht weinen. Wie dämlich kann eine Mutter eigentlich sein?
    Ich gehe vorsichtig auf ihn zu.
    Manchmal, wenn ich ihn umarmen will, schiebt er mich weg. Diese Gefahr besteht auch jetzt, und ich könnte es nicht ertragen, mich nutzlos zu fühlen.
    Plötzlich habe ich einen Geistesblitz.
    »Carlotta?«
    »Ja.«
    »Ist ihr etwas passiert?«
    »Mehr oder weniger.«
    »Verdammt, Mattia, kannst du etwas deutlicher werden? Was hat sie? Geht es ihr schlecht? O Gott, ist sie schwanger? Ihr bekommt ein Kind!«

    »Schön wär’s, Mama. Ich weiß nicht einmal, ob wir überhaupt noch zusammen sind.«
    »Schön wär’s? Und wie würdet ihr ein Kind versorgen wollen? Ihr studiert doch beide noch und seid vollkommen mittellos. Und außerdem... Entweder man ist zusammen, oder man ist nicht zusammen. Ihr könnt doch wohl nicht immer noch an diesem Punkt sein. Aber warum weinst du denn jetzt?«
    Wieder bin ich versucht, ihn in den Arm zu nehmen, aber wenn ich mich neben ihn setzen würde, statt wie ein Polizist hier herumzustehen, wäre in Anbetracht der Größenverhältnisse er es, der mich in den Arm nehmen würde. Am Ende setze ich mich zu ihm auf den Boden und sehe ihm ins Gesicht. Er bemüht sich um eine gleichgültige Miene, aber eigentlich möchte er von mir Lösungen hören. Was tun Mütter, wenn sie den Liebesschmerz ihrer Kinder, der ihnen selbst genauso wehtut, nicht lindern können?
    »Woran erkennt man, ob man mit jemandem zusammen ist und ob der andere denkt, dass er mit dir zusammen ist? Das kann ich sie ja wohl kaum fragen, Mama.«
    Er tut so, als wäre ich eine Expertin, dabei verstehe ich nicht ganz, was er mir überhaupt sagen möchte. Sie bekennen sich zu ihren Gefühlen, diese empfindlichen Zwanzigjährigen, aber die eigentliche Frage ist viel komplexer. Tja, woran erkennt man, ob man mit jemandem zusammen ist? Von männlichen gebrochenen Herzen ist mir nichts bekannt, von Petrarca mal abgesehen, dem allerdings vorgeworfen wurde, sein Leid aus literarischen Gründen erfunden zu haben. Für Frauen hingegen ist es von wesentlicher Bedeutung, aus Liebe zu leiden. Wenn Frauen nicht leiden, lieben sie nicht, und wenn sie nicht leiden, fühlen sie sich auch nicht gut unterhalten. Ich habe, ehrlich gesagt, noch nie von einer Frau gehört, die nicht wegen der Liebe leiden würde. Die Männer – wenigstens die meiner Generation – schweigen, und
wenn sie leiden, tun sie es im Stillen. Mattia nicht. Er hat dazugelernt, trotz seines Vaters.
    Wieso fühle ich mich jetzt, da ich meinen Sohn im Arm halte, wie eine Karikatur? Ich komme mir vor, als wäre ich halb Mutter, halb Frau und halb Geliebte. Warum kann ich meine heitere Gelassenheit nicht wiederfinden, nachdem ich sie so oft gepredigt habe? Federico, verdammt. Wo bist du?
    »Schatz, man erkennt es daran, dass man es sich sagt und so lange wiederholt, bis der andere es begriffen hat. Man muss daran glauben. Wenn Carlotta allerdings nicht überzeugt ist, dass sie dich genauso liebt wie du sie, dann dräng sie nicht. Lass ihr die Freiheit, es nicht zu wissen. Irgendwann wird sie dir dankbar dafür sein. Und hab Vertrauen. Jetzt koche ich dir erst einmal etwas zu essen. Geh du ruhig duschen, mein Schatz. Und hinterher kommst du zu mir in die Küche. Dann reden wir in Ruhe über alles.«
    »Okay. Danke, Mama. Ich geh duschen und bau mir dann einen Joint. Wir können ihn zusammen rauchen, hast du Lust?«
    »Ich habe noch nie einen Joint geraucht, Mattia.«
    »Dann wird es aber Zeit. Du wirst
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