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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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Wünsche auszumerzen – doch er selbst hatte es schließlich auch geschafft.
    Er unterbrach sich erneut und beendete – nicht wesentlich verzögert, wie er hoffte – seine Rede: „Amen.“
    „Diese und alle meine Sünden tun mir von Herzen leid“, fiel sie in das Ritual ein. „Mein Jesus, Barmherzigkeit.“
    “Ego te absolvo a peccatis tuis in nomine patris et filii et spiritu sancti.”
    „Amen.“
    „Danket dem Herrn, denn er ist gütig.“
    „Sein Erbarmen währet ewiglich.“
    „Der Herr hat dir die Sünden vergeben. Geh hin in Frieden.“
    Unter seinem Segen senkte sie, wie es vom Beichtenden erwartet wurde, den Kopf und betete stumm.
    Arno seufzte erneut, selbstredend so, dass sie es nicht hörte. Da verlangte man ihm einiges ab! All dieser Aufwand – für ein Mädchen, das sich von vornherein nicht zur Nonne eignete.
    Langsam erhob er sich, um sich durch den Versorgungsgang der Kirche zur Bibliothek zu begeben.
     
    In Menschen wie Mathilda konnte Arno lesen wie in einem offenen Buch. Das war auch bei ihrem Vater beim Vorgespräch so gewesen. Das bloße Auftreten dieses adligen Mannes, gesundheitlich angeschlagen, jedoch hocherhobenen Hauptes und autoritätsgewohnt, hatte ihm alles gesagt. Solche Leute machten immer Ärger. So auch der Graf von Finkenschlag.
    Noch heute musste Arno seinen Groll in seine eiligen Schritte ableiten, während er die Situation, die mittlerweile mehr als einen Monat zurücklag, in seinem Kopf erneut abspulen ließ.
     
    „Ich bin bereit, meine Tochter diesem Kloster anzuvertrauen – unter zwei Bedingungen“, waren die ersten Worte des Grafen, kaum dass er Arno gegenüber, aber jenseits des hölzernen Trennungsgitters im Redhaus, Platz genommen hatte.
    „Wir sind es, die Bedingungen stellen“, fiel Arno ihm sogleich ins Wort, bevor er seine überhaupt hätte vorbringen können. „Die Klostersatzung schreibt vor, dass sowohl Postulats- als auch Noviziatszeit außerhalb des Klosters verbracht werden“, holte er seinerseits aus. „Durch regelmäßige Befragungen hier im Konvent erreichen wir, dass die zukünftige Nonne ihr weltliches Leben allmählich hinter sich lässt, um sich dem geistlichen, das sie hier erwartet, immer mehr anzugleichen. Wenn sie dann ins Kloster eintritt, verlangen wir in hohem Maße Demut und die Fähigkeit, sich selbst zurückzunehmen. Sie muss sich in das Gefüge des Klosters einpassen, ohne anzuecken. Und da hilft es ihr nicht, wenn Ihr als Vater mit weltlichen Bedingungen ...“  
    „Grundsätzlich gebe ich Euch vollkommen recht, Bruder ...?“
    Eine grundsätzliche Frechheit! „Pater Wayden, Herr Graf“, verbesserte Arno ihn. „Mit Verlaub.“
    „Verzeiht meine Unachtsamkeit, Hochwürden!“ Kaum ironisch.
    Arno dadurch zwingend, sich zu konzentrieren, sein Gemüt freizumachen von allen persönlichen Regungen und ausschließlich Priester zu sein. Und das beherrschte er ungleich besser als der eigentliche Prior, Pater Johannes Palgmacher, mit seinem ungezügelten Temperament. Wenn Arno sich die Eitelkeit, das zu bemerken, auch nicht oft gestattete.
    „ Meine Forderung ist nicht weltlicher Natur – zumindest nicht eigentlich.“  
    Jetzt war es schon eine 'Forderung' . Arnos Schnauben, das er natürlich unterdrückte, ließ seinen Nacken prickeln.  
    „Etwas zu fordern ...“, wollte er seine fällige Lektion beginnen, wurde jedoch unhöflichst unterbrochen:
    „Mathilda wird nur hierher kommen, sofern sie erstens sofort aufgenommen und zweitens in allen wesentlichen Bildungsbereichen angemessen unterrichtet wird.“
    Was sich diese Leute immer einbildeten! „Sie ist ein Mädchen, Graf“, belehrte Arno selbigen milde. „Es ist uns in diesem Kloster unmöglich, unsere Nonnen auf intellektuellem Gebiet auszubilden. Die heilige Birgitta schon hat zu ihrer Zeit verfügt ...“
    Schon wieder wurde er rüde ausgebremst. „Ich weiß, dass meine Tochter ein Mädchen ist, und ich wiederhole meine Bedingungen: Mathilda wird sofort kommen und an ebenso qualifiziertem Unterricht teilnehmen wie jeder eurer männlichen Novizen. Ich meine übrigens gelesen zu haben“, seine Miene verhieß nichts Gutes, „dass auch das den Regeln Eurer teuren Birgitta widerspricht: Novizen zu unterrichten.“ Er maß Arno mit einem triumphierenden Blick.
    Der verlagerte das Kräuseln seiner Lippen in die Schluckbewegung. Dieser Mann hatte sich grundlegend über die Schwachstellen des Klosters informiert. Nun, das war ärgerlich, aber nicht zu ändern.
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