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Und die Ratte lacht - Roman

Und die Ratte lacht - Roman

Titel: Und die Ratte lacht - Roman
Autoren: Persona Verlag
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der Bauer war gezwungen, die Frau wieder freizulassen. Solche Geschichten erzähle ich dem Mädchen nicht.
    Durch den Spalt in der Wand hat sie dem blumengeschmückten Sarg nachgeschaut und beobachtet, wie er sehr langsam hinuntergelassen wurde.
    Wo sind die Toten, Stasch?
    Ich weiß es nicht.
    Sie stocherte in der Erde, nahm ein Stück Kohle und malte einen Strich an die Wand.
    Wer weiß es?
    Keine Ahnung.
    Wenn sie unten sind, warum habe ich sie dann nicht gesehen?
    Ich hätte sie gerne getröstet und ihr gesagt, dass ihr Vater und ihre Mutter irgendwo noch am Leben seien, aber ich muss die Erinnerung an sie abdämpfen, damit der Schmerz über ihren Verlust sie nicht überwältigt. Und während ich dies schreibe, trifft mich die Erkenntnis, dass es vielleicht die Sünde der Verzweiflung ist, die mich dazu bringt, die Erinnerung an ihre Eltern auf diese Art auszulöschen, weil ich mit ihnen um ihre Liebe wetteifere.
    Ich möchte diese Liebe für mich allein.
    Vergib mir nicht. Ich bin es nicht wert.
7. April 1944
    Karfreitag
    Sie haben ihre Nahrung in Körben zur Kirche gebracht. Später ging ich von Haus zu Haus, von Tisch zu Tisch, und sprach den Segen.
    Je mehr ich mich in Stasch verwandle, umso leerer wird ihr Gedächtnis und umso voller das meine. Was ihr in der Dunkelheit angetan wurde, brennt in mir, ich bin es, der jetzt ihre Wunden trägt.
    Ich muss mich beherrschen, mich nicht in ihrer Anwesenheit zu übergeben.
9. April 1944
    Ostern
    Vor der Auferstehungsmesse schossen die Männer als Zeichen der Freude mit ihren Gewehren in die Luft. Ich hielt dem Mädchen die Ohren zu.
    Im Morgengrauen, gleich nach dem Gebet, drängten sie sich durch die Tür, an ihrer Spitze der Sohn des Bauern, der die anderen aus dem Weg stieß, um der erste zu sein, denn wer zuerst zu Hause war, würde vor allen anderen seine Ernte einbringen.
    Das Mädchen und ich sitzen auf der Erde und essen Ostereier. Die Schalen werden wir an meinen Birnbaum hängen, als Zeichen der Fruchtbarkeit.
    Mädchen, diese Bräuche liegen tief in mir. Würde ich sie nicht ausführen, wäre dein Leben gefährdet. Ich wünschte, ich wüsste, wann die Juden ihre Feste feiern. Mein Gedächtnis ist nicht groß genug, und es gibt niemanden, den ich fragen könnte. Es gibt Gerüchte … nein, es kann nicht sein. Das Gehirn ist nicht fähig, so etwas …
    Mädchen, Ostern soll für dich Pessach sein.
    Und Pfingsten das Wochenfest.
    Und Sonntag Schabbat.
1. Mai 1944
    Heute Morgen kam die Frau des Bauern zur Kirche. Im Dorf tuscheln die Leute über den neuen Wohlstand des Paares. Sie haben einen weiteren Acker gekauft, und jetzt erstreckt sich ihr Land bis zum Wald.
    Mit sicherem Schritt kam sie bis zum Altar und verkündete, sie habe eine würdige Partie für ihren Sohn gefunden. Nachdem sie sich in unserem Dorf vergeblich umgeschaut habe, habe sie im Nachbardorf eine Braut gefunden, die ihren Ansprüchen genüge. Sie habe ihren Sohn losgeschickt, damit er frische Birkenzweige auf die Schwelle der Auserwählten lege, als Zeichen seiner Absicht. Sie verlangte von mir einen Termin für die Trauung.
    Wie kann ich den Hochzeitssegen über diesen Mann sprechen, dessen Namen mir nicht über die Lippen kommen will.
    Was hat er dem Mädchen in der Dunkelheit angetan.
    Manchmal glaube ich, es selbst fühlen zu können.
    Die Bauersleute waren viele Jahre kinderlos geblieben. Um Nachwuchs zu bekommen, hatten sie gefastet und großzügig gespendet. Am Schluss hatten sie eine Wallfahrt zur schwarzen Madonna von Tschenstochau unternommen, und diese hatte ihr Flehen erhört. Im Dorf gibt es niemanden, der sich nicht an die Taufe dieses Sohns erinnert.
    Ich wünschte, ich könnte der Heiligen Schrift »Samen um Samen« hinzufügen. Wie kannst du von mir verlangen, ihn und seine zukünftige Frau zu segnen. Verflucht seien seine Kinder, und verflucht sei sein Name.
    Draußen feiern sie. Sie haben sich die Haare mit duftenden Halmen und Eschenzweigen geschmückt und tragen in einer Prozession die grün gekleidete »Maikönigin« mit sich.
    Kommen Sie heraus zu uns, Pater Stanislaw. Die Luft riecht nach Frühling. Alles wird neu.
    Ihr Frühling ist mein ewiger Winter. Vergib mir nicht, mein Vater. Für mich gibt es keine Heilung.
    Ich verstecke mich zwischen den Zweigen und entleere mich.
3. Mai 1944
    Fest der Jungfrau
    Der Tag der ersten Aussaat. Die Bauern tragen ihre besten Kleider. Erst nachdem ich die Säcke mit der Saat gesegnet habe, werden sie auf die Felder gehen und mit
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