Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
und der tanzende Derwisch

und der tanzende Derwisch

Titel: und der tanzende Derwisch
Autoren: Dorothy Gilman
Vom Netzwerk:
Gartenzentrum war, der ihr mitteilen wollte, daß der bestellte Dünger eingetroffen sei; oder Mrs. Tilliwit, die sie an die Umweltschützer-Versammlung am Mittwoch erinnern wollte. Widerstrebend gab sie ihren Kaffee auf und hob den Hörer beim fünften Klingeln ab. »Hallo«, sagte sie seufzend.
    »Welch eine Begrüßung«, erklang eine mitfühlende und sehr vertraute Stimme. »Ich hoffe, ich störe keine Totenwache?«
»B-Bishop?« stammelte sie. » Bishop?«
» Kein anderer«, versicherte er ihr. »Geht es Ihnen nicht gut?«
Sie lachte zittrig. »Nur ein schauderhafter Anfall von Januarlangeweile. «
»Dann ist es ja der passende Augenblick, Sie zu fragen«, sagte er vergnügt, »ob Sie vielleicht morgen nach Marokko fliegen könnten, in einer Angelegenheit speziell für Carstairs. Auf etwa eine Woche ...«
»Marokko!« keuchte sie, und sofort empfand sie wieder dieses herrliche Gefühl der Erwartung und zu etwas nütze zu sein; sie spürte, wie die Mauern ihres Lebens sich weiteten, wie die seltsame Klaustrophobie schwand, die sie erdrückt hatte. Nicht zu alt, dachte sie und jubelte stumm die Worte, nicht zu alt, nicht zu alt! Und dann sagte sie einfach: »Ja, Bishop, ich kann morgen nach Marokko fliegen. Ich freue mich.«
»Wundervoll! Ich komme am Nachmittag zu Ihnen, dann können wir alles besprechen. Holen Sie Ihren Reisepaß hervor es sind weder Visa noch Impfungen nötig -und fangen Sie schon an zu packen.« Nachdem er eingehängt hatte und sie den Hörer auflegte, stellte sie überrascht fest, daß auch das Wohnzimmer, in dem sie sich befand, lebendig geworden war. Die Farben hoben sich leuchtend von den weißen Wänden ab, die Geranie auf dem Tisch strahlte in flammendem Rot. Dabei hatte vor wenigen Minuten noch alles so düster ausgesehen; es hat gar nicht an dem Zimmer gelegen, dachte sie, sondern an mir, und ich habe es zugelassen. Verärgert fügte sie hinzu: »Und jetzt, da ich Ja zu Marokko gesagt habe, werde ich mich plötzlich an alle Gefahren erinnern, ohne die es bei Carstairs Aufträgen nie abgegangen ist, und werde über meine Verwegenheit entsetzt sein.«
Sie lachte laut. Wie schwierig es war, ein Mensch zu sein, wie schwierig, konsequent zu sein. Sie beruhigte sich damit, daß Emerson Standhaftigkeit das Schreckgespenst kleiner Geister genannt hatte. Nachdem sie sich derart getadelt und getröstet hatte, stieg sie vergnügt die Treppe hoch, um zwei Reisetaschen zu packen und auf Bishop zu warten.
Er kam um halb drei. Der Kaffee begann bereits ungehalten zu blubbern, als sie einen Wagen die Kieseinfahrt hochbrummen hörte. Sie beeilte sich, die Tür zu öffnen. Es war Monate her, seit sie ihn das letztemal gesehen hatte, und als er jetzt aus einem knallroten Auto stieg, grüßte sie ihn mit einem fröhlichen: »Bishop - ein Jaguar?«
»Nur ein Leihwagen.« Er grinste sie an und nahm seine Aktentasche vom Vordersitz, ohne die man ihn nie sah. »Mit achtzehn war es ein Jeep, in meinen Zwanzigern und Dreißigern war es mir egal, aber wenn man beginnt, auch die letzten Reste seiner Jugend zu verlieren, braucht man so eine Art von Spielzeug.«
»Nicht ungewöhnlich!« Sie nickte. »Aber was ist die Ursache für diese erstaunliche Tiefsinnigkeit?«
»Das mittlere Alter.« Er stieg die Stufen hoch und fügte düster hinzu: »In zwei Monaten werde ich vierzig.«
»Entsetzlich. Kommen Sie herein, ersäufen Sie Ihre Mid-lifecrisis in Kaffee und erzählen Sie mir vo n Marokko.«
»Gut.« Er warf seinen Mantel über eine Sessellehne. »Unterhalten wir uns in der Küche, ich mag Küchen. Junggesellen kriegen selten Küchen zu sehen, und ich mag sie!«
»Und ich wußte das nicht«, sagte sie trocken. »Eine ihrer ungeahnten Seiten, Bishop.«
In der hellen, gemütlichen Küche legte er seine Aktentasche auf den Tisch, setzte sich und lächelte sie glücklich an. »Ich habe so viele Seiten, die den Leuten nicht auffallen, das ist die Tragik meines Lebens.«
»Vor allem den Blondinen nicht, für die Sie so schwärmen?«
»Vor allem denen nicht.«
»Ich weigere mich, Mitleid mit Ihnen zu haben.« Sie schenkte zwei Tassen Kaffee ein und brachte eine Platte mit Heidelbeerkuchen.
»Mmmmm«, murmelte er. »Ausgesprochen verlockend dieser Kuchen. Ich muß unbedingt ein Stück kosten, danke.«
»Tun Sie das«, sagte sie zwinkernd; sie zweifelte nicht im geringsten, daß er alle sechs verschlungen haben würde, ehe er sich verabschiedete. »Geht es Mr. Carstairs gut?«
Bishop nickte. »Aber er sehnt sich nach
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher