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und der tanzende Derwisch

und der tanzende Derwisch

Titel: und der tanzende Derwisch
Autoren: Dorothy Gilman
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ist, wohl aber uns?«
Carstairs lächelte. »Wir haben eine weiße Weste - nun, verhältnismäßig jedenfalls«, ergänzte er trocken. »Versuchen Sie, ob Sie sie telefonisch erreichen, und fragen Sie, ob sie einen Auftrag für uns übernehmen und gleich morgen nach Marokko fliegen kann, und wenn ja - helf uns Gott, wenn nicht -, gehen Sie heute nachmittag zu ihr und erklären ihr alles.«
»Mit Vergnügen«, versicherte ihm Bishop erfreut. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen, rase ich mit schicklicher Eile und Daumen haltend zu meinem Telefon.«
»Ein kleines Gebet würde vielleicht auch helfen«, rief ihm Carstairs nach, doch Bishop war bereits in seinem Büro verschwunden und warf die Tür hinter sich zu.
    Mrs. Pollifax hatte den Morgen damit begonnen, ein paar Geranien in ihrem neuen Gewächshaus zu stutzen, doch nachdem sie das bei dreien gemacht hatte, ertappte sie sich dabei, daß sie trübsinnig aus dem Fenster starrte. Es interessiert mich nicht die Bohne, was ich hier mache, dachte sie. Sie legte die Gartenschere zur Seite, ging in die Küche, schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und setzte sich damit an den Eßtisch, wo ihr gewöhnlich die besten Einfälle kamen.
    Etwas stimmt nicht, gestand sie sich ein. Vorsichtig ging sie der Sache auf den Grund. Sie bedauerte nicht, daß sie nicht mit Cyrus nach Kenia geflogen war, immerhin hatten sie Weihnachten bei ihrem Sohn Roger in Chicago verbracht und Silvester bei ihrer Tochter Jane in Arizona, und es war sehr schön gewesen, wieder zu Haus zu sein, nur hatte niemand damit gerechnet, daß Lisas Baby einen Monat zu früh käme, und die freudige Nachricht sie erreichte, noch ehe sie ihre Koffer von der Weihnachtsreise ausgepackt hatten.
    Vielleicht hatten zu viele Gästezimmer sie ganz einfach müde gemacht; vielleicht lag es auch daran, daß es Januar war und der Himmel von endlosem Grau; doch weder der eine noch der andere Gedanke brachte eine Reaktion, so gab sie beide ungeduldig auf. Als sie tiefer bohrte, stieß sie auf etwas, das sie erschreckte: ihr war langweilig - gräßlich und geistraubend langweilig. O Gott! dachte sie, langweilig?
    Sofort wurde ihr klar - was ihr Unterbewußtsein schon die ganze Zeit gewußt hatte -, daß etwas in ihrem Leben fehlte. Jetzt ist es schon ein ganzes Jahr her, dachte sie. Halten sie mich für zu alt?
    »Sie«, sagte sie verärgert laut, weigerte sich, Carstairs, Bishop und die Abteilung beim Namen zu nennen, während sie blicklos durchs Fenster auf den Garten schaute, den das Januartauwetter in Matsch verwandelt hatte. Es war schon einige Jahre her, daß sich Mrs. Pollifax, einsam, gelangweilt und verwegen zum CIA begeben hatte, um ihren Kindhe itstraum, Spionin zu werden, einzugestehen und ihre Dienste anzubieten. Durch puren Zufall — bestimmt war es ein Wunder gewesen, oder? — war sie Carstairs im Wartezimmer aufgefallen, der für einen wichtigen Kurierauftrag verzweifelt nach einer »harmlosen Touristin« gesucht hatte. Und schon war sie unterwegs nach Mexiko gewesen. Seither schien ihr, als hätte sie ihr wirkliches Leben erst richtig während jener Gelegenheiten gelebt, da sie Urlaub von Komitees und Gartenclub nahm, um in seinem Auftrag hinaus in die Welt zu reisen. Immerhin hatte sie dabei Cyrus kennengelernt, sowie alle möglichen anderen faszinierenden Leute, von denen einige ganz versessen darauf gewesen waren, sie umzubringen. Niemandem dergleichen wäre sie in ihrem Gartenclub begegnet.
    Ich bin verwöhnt, dachte sie. Ich habe mich so sehr an diese Unterbrechungen meines Alltags gewöhnt, die das Adrenalin durch die Adern rasen lassen und die Kämpf-oder-FliehReaktionen auf Hochtouren bringen; und das schaffen weder meine Geranien noch der Gartenclub. Cyrus ist wundervoll, aber ich fürchte, nach unseren Abenteuern im vergangenen Januar, die wir auf den Hochebenen von Thailand fast nicht überlebt hätten, genießt er das ruhige Leben, froh darüber, daß alles gut ausgegangen ist.
    Genau wie ich, fügte sie rasch und reuevoll hinzu. Aber so bot ihr das Leben keine Herausforderung, nicht einmal die wöchentlichen Karatestunden erschienen ihr sonderlich sinnvoll. Schließlich drehte sie das Messer noch in der Wunde und sagte laut: »Vielleicht bist du jetzt wirklich zu alt für gefährliche Abenteuer, Emily Pollifax.« Das Läuten des Telefons ließ sie zusammenfahren, riß sie jedoch nicht aus ihren trüben Gedanken. Sie wußte - sie war sich absolut sicher -, daß der Anrufer entweder Amos vom
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