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und der Herr der Loewen

und der Herr der Loewen

Titel: und der Herr der Loewen
Autoren: Dorothy Gilman
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sich nicht zu entschuldigen. Ich weiß, wie es ist, wenn man das Bewußtsein verliert; wie es ist, wenn einem übel wird.«
    »Plötzlich sind Sie ganz anders«, stellte Mrs. Pollifax erstaunt und fast anklagend fest. »Sie sprachen gerade ein perfektes Englisch. Geben Sie es zu!«
    Er zuckte die Schultern. »Ich dachte, Sie wären in mein Geschäft gekommen, um... Aber jetzt erinnere ich mich an Sie. Sie waren schon einmal hier, nicht wahr? Sie kamen mit der Polizei und brachten uns Mfumo Sammat zurück, und Dr. Hopkirks Tochter war bei Ihnen.«
    Mrs. Pollifax nickte. »Ja, ich war hier. Kannten Sie Kadis Vater?«
    »Vor langer Zeit, ja. Jeder kannte Dr. Hopkirk.«
    »Er wurde ermordet. Wann war es gleich - vor fünf Jahren? Oder sechs?«
    »Ja, das habe ich gehört.«
    »Gehört?«
    Er nickte. »Ich war im Gefängnis.«
    »Oh.«
    Eine längere Stille setzte ein. Keiner sah den anderen an, bis Mrs. Pollifax schließlich doch einen kurzen Blick auf sein narbiges Gesicht warf und fragte: »Wie lange waren Sie eingesperrt?«
    Er hob sieben Finger. »Bis vergangenes Jahr, als Mfumo Sammat zurückkehrte und uns befreite.«
    Er hatte nun ihre volle Aufmerksamkeit. »Sieben Jahre! Das ist ja furchtbar!«
    Unwillkürlich wanderte seine Hand zu der schrecklichen Narbe im Gesicht. »Das Gefängnis lehrt einen nicht gerade Vertrauen.« Seine Stimme klang düster. Die cha mwai - die Glück hatten -, starben früh.«
    »Folter«, murmelte sie nickend und erinnerte sich an ihre eigene Erfahrung damit in Hongkong. Impulsiv berührte sie seine Hand, zog sie jedoch rasch zurück, aus Angst, das könnte ihn beleidigen.
    Er wandte sich ihr voll zu. »Warum sind Sie nach Ubangiba gekommen?«
    Da er so offen zu ihr gewesen war, wollte auch sie aufrichtig zu ihm sein. Seufzend gestand sie: »Ich hatte die unerklärliche Angst, daß Kadi - Dr. Hopkirks Tochter - sich hier in Gefahr befinden könnte, und daß sie nicht allein kommen sollte.«
    Er dachte darüber nach. »Dann sind Sie gütig und weise. Sehr weise.«
    »Weise?« wiederholte sie verblüfft. »Wieso sagen Sie das?«
    »Kamen Sie vergangenes Jahr nicht mit einer Art Polizist? Sind Sie bei so etwas wie der Polizei?«
    »O nein«, antwortete sie. »Das heißt...« Sie schneuzte sich. »Nicht direkt.«
    »Nicht direkt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Jetzt nicht, nicht während dieser Reise«, und als er nickte: »Sie haben plötzlich aufgehört zu schauspielern. Wer sind Sie?«
    »Ich? Ein Niemand.«
    »Sie haben bestimmt nicht immer alte Fahrräder geflickt und verkauft.«
    Er streckte seine Beine in den Sonnenschein und betrachtete scheinbar erstaunt ihre Länge.
    Nachdenklich und ausdruckslos murmelte er: »Wer bin ich?« Er seufzte. »Vor langer Zeit war ich ein mwamuaa, ein Mann; ich hatte ein Haus, eine Frau, zwei Söhne. Sie sind alle tot.
    O ja, ich war einmal ein Mann, doch daran erinnere ich mich kaum noch.«
    »Aber sieben Jahre im Gefängnis - aus welchem Grund?«
    »Es ist am besten, im Dunklen zu bleiben. Warum sollte ich es Ihnen erzählen?«
    »Mir fällt kein Grund ein, warum Sie es mir erzählen sollten«, sagte sie ehrlich.
    »Und auch keiner, warum ich es nicht sollte. Aber das ist alles schon so lange her, als Zammat VIII. noch König war und ich bei der Polizei. Nach seinem Tod, nach dem Attentat auf seinen Sohn, riß Chinjata die Macht an sich und erbaute den ersten Palast in unserem Land. Es herrschte großer Hunger, und als die Hungeraufstände begannen oh, war er da wütend! Viele ließ er ins Gefängnis werfen, vor allem die Polizei. Er tötete und tötete.« Er zuckte mit den Schultern. »Jetzt bin ich ein Niemand, repariere alte Fahrräder und verkrieche mich wie jeder es sollte, der ein Niemand ist.« Es kostete ihn Mühe, sich Mrs. Pollifax wieder zuzudrehen. Mit einer Handbewegung wischte er die Vergangenheit zur Seite und sagte: »Es tut mir leid, daß Sie in dieses Land gekommen sind, in dem einem so viele Mißgeschicke widerfahren können...«
    »Welcher Art?« fragte sie rasch.
    Ihre Frage ignorierend sagte er: »Ich könnte Ihnen das Rad schenken, aber das würde mir kein Essen auf den Tisch bringen.
    Ich werde es Ihnen für hundert Gwar verkaufen, wenn Sie es noch möchten.«
    Sie respektierte seinen Themenwechsel und nickte. »Zwanzig US-Dollar sind ein
    angemessener Preis, und Sie waren sehr gütig. Ich möchte mich nochmals entschuldigen, daß ich so plötzlich... so plötzlich...«
    Mit rauher Stimme entgegnete er: »Sie sind müde. Sie
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