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Und dann kam Ute (German Edition)

Und dann kam Ute (German Edition)

Titel: Und dann kam Ute (German Edition)
Autoren: Atze Schröder
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meine Speedo und in meiner desolaten körperlichen Verfassung würde ich nicht mal den kleinsten Nippelalarm in den gepflegten Bikinihalbschalen bei Miami Beachs Strandnixen auslösen.
    Wohin sollte der Adler also fliegen? Fakt war: Ich hatte einen sensationellen Körper in schlechter Verfassung. Außerdem zeigte der Blick in mein eingefallenes Gesicht, dass diesmal etwas mehr fällig war als eine uninspirierte Werkspflege mit Cockpitspray. Am besten käme eine dezente Wellness-Kur – aber auf keinen Fall die tuckige Variante! Gurkenscheiben gehören bei mir in den dänischen Gurkensalat, nicht auf die Klüsen. Auch wichtig: Fitness und Sport auf höchstem Niveau und im Abendprogramm gerne ein bisschen was Süßes fürs Auge – keine Krapfen mit schlabberigem Marmeladeneinschuss, sondern Top-Stöckelwild! Mit Frauen, die auch mal einen ausgeben. Schlanke Champagnerflöten im noblen Chalet statt Kellergeisterdosen in der klammen Kurmuschel. Ich wollte nur vom Feinsten! Bei diesen knallharten Kriterien lag die Entscheidung auf der Hand: zehn Tage Winterurlaub in St. Moritz. Aber nicht in so einem von Russen überlaufenen Fünf-Sterne-Frikadellenpuff, sondern exklusiver als exklusiv: im «Grande Grand Hotel Le Chevalier du Chef». Das einzige Hotel weltweit mit behördlich bestätigtem Sieben-Sterne-plus-Zertifikat. Das letzte Mal, dass dieser sagenumwobene Tempel der Gastlichkeit in der Öffentlichkeit erwähnt wurde, war in der Abschlusszeitung der Weltausstellung 1911 in Turin. Weil Rocco Bagatelli, der Wirt des Hotel garni «La Gondola» in Turin, sich weigerte, die Rennkamele des Scheichs von Abu Dhabi in der Tiefgarage zu parken, sprang der damalige Besitzer des «Chevalier» generös ein und brachte die edlen Tiere im Kletterzimmer der Luis-Trenker-Suite unter. Doch leider setzte der Kamelmist dem Mauerwerk schwer zu. Nach der Abreise des Scheichs war das Hotel nicht mehr zu retten. Aber der Scheich ließ das Gebäude originalgetreu im Maßstab 1:1 ein Dorf weiter wieder aufbauen. Seitdem wird die Adresse nur noch per Mundpropaganda weitergegeben, was die edelste aller Luxusherbergen im Lauf der Jahrzehnte praktisch unauffindbar gemacht hat. Kurzum: Der Laden steht noch nicht mal im Internet. Google Street View? Ich lach mich tot! Die Adresse wird strenger gehütet als die Goldreserven in Fort Knox. Die Buchungsbedingungen sind für Normalsterbliche kaum zu erfüllen: Jeder Gast muss wenigstens einen Paten vorweisen, um auch nur in die Nähe der goldbestickten Rezeption zu gelangen oder ein einfaches Mansardenzimmer ohne Minibarnutzung zu ergattern. Einmal zugeteilte Reservierungen können vererbt werden, da die Direktion Stornierungen nicht einmal im Todesfall akzeptiert und die Warteliste lang ist. Als Elvis am 30. April 1967 ein Zimmer für seine Hochzeitsreise buchen wollte, bekam er aufgrund seines Mega-VIP-Status vom damaligen Hoteldirektor Maurice «Monty» Montreux umgehend die Zusage für ein Zimmer zugeteilt. Allerdings erst für den 17. August 1977 – das nenn ich mal Schicksal. Aber so ist das eben mit dem «Grande Grand Hotel Le Chevalier du Chef» – dafür ist die Gästeliste immer hochexklusiv. Sach einen – waren alle schon da: Onassis, Prinz Charles, Adnan Kashoggi, der Aga Khan, Ivan Rebroff, Tony Curtis, Liz Taylor, Amy Winehouse, Whitney Houston.
    Ich selbst hatte durch meinen guten alten väterlichen Mentor, die Moderatorenlegende Dieter Thomas Heck, von diesem Hotel erfahren. Ja, DER Heck. DIE Ikone. DIE Legende. Der Mann, der mit traumwandlerischer Sicherheit hochprosaische Ergüsse in kühn reduzierte Minimalansagen verwandelte. Der geniale Moderationsklassiker kreierte wie: «Ich sage nur – PUR!» Kultsätze wie «Der nächste Titel wird abgefahren» fanden ihren Weg in die Jugendsprache und wurden so unsterblich. Aus drittklassigen Kirmesmusikanten machte er «großartige Interpreten», aus banalen Schunkelliedern «tolle Titel», und wo ein obszönes «Ich kann den Mist nicht mehr hören!» angebracht gewesen wäre, sagte er nur formvollendet taktvoll: «Dreimal dabei gewesen, bitte nicht wiederwählen.» Überhaupt ist Dieter Thomas Heck ein Gentleman wie aus dem Lehrbuch: selbstlos, hilfsbereit und für seine Freunde immer erreichbar. So kennt man, so schätzt man diesen feinsinnigen Freund der schönen Künste.
    Ich saß also in meinem Porsche auf der A 5 Richtung Basel, als ich zum Telefon griff und seine Nummer wählte. Dreimal tutete das Freizeichen, dann hörte ich
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