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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder
Autoren: Susanne Hanika
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beim Schmalzlwirt ist.«
    Â»Ah, geh, Lisa. Wenn einer schwul ist, dann zieht er sich doch nicht
so bescheuert an wie der Troidl«, widersprach mir Anneliese. »Die achten auf
Mode. Was der Troidl trägt, ist eine modische Verfehlung.«
    Â»Solange er keinen umbringt«, erwiderte ich, »kann uns das alles
wurscht sein.«
    Anneliese sah mich an, als wäre ich verrückt. Und Großmutter
schnalzte mit der Zunge.
    Â»Das mit den Riemchensandalen«, fügte ich erklärend hinzu.
    Die beiden schwiegen. Ich hatte das Gefühl, dass mir Anneliese
dringend etwas Babymäßiges erzählen wollte.
    Â»Und immerhin hat er schon einmal hier übernachtet, der
Rosenmüller«, zitierte ich die Rosl, was mir den nächsten unwilligen Blick
einbrachte.
    Â»Ich muss dann«, sagte Anneliese und hob grüßend die Hand. »Servus!«
    Â»Und, wie war’s?«, fragte Max.
    Er hatte wohlweislich nicht direkt bei der Kirche auf uns gewartet.
Großmutter hakte sich bei ihm unter, sodass mein Lieblingsarm schon belegt war.
Max zwinkerte mir zu und legte mir den anderen Arm um die Hüfte.
    Â»Alle waren in der Kirche«, erläuterte Großmutter schlecht gelaunt,
»es hätte nur noch gefehlt, dass der Loisl, dieses besoffene Waagscheitel, da
ist.«
    Max seufzte etwas schwer, was er oft machte, wenn er wieder einmal
nichts verstand.
    Â»Betrunkene Kutschendeichsel«, erklärte ich liebenswürdig. Das
verstand er jetzt bestimmt auch nicht, anscheinend hatte er noch nie gesehen,
wie so eine Kutschendeichsel schwankt, sonst hätte er die Parallele zur
Trunkenheit gleich erkannt.
    Â»Die Predigt hat ned passt«, sagte Großmutter mürrisch. »Und er hätt
auch was sag’n können, ob des nun ein Heiliger ist oder ned.«
    Max hob erstaunt die Augenbrauen.
    Â»Des wär ja schon wichtig.«
    Max verstand überhaupt nichts, seinem Blick nach zu schließen.
    Â»Der Schmalzlwirt spinnt doch«, stellte ich richtig. »Und der
Metzger auch. Ignatius von Loyola. Den kennt doch keiner, wieso sollte der
ausgerechnet hinter der Erntedankkrone stehen?«
    Â»Na ja, aber so einen Heiligen. Des hat ned jeder«, wägte Großmutter
ab und schnalzte dann ein wenig mit der Zunge, als würde sie sich selbst rügen.
»Aber wie stehen wir dann da?«
    Max sah nicht aus, als würde er jetzt mehr verstehen. Ich hingegen
hatte sofort verstanden. Wie stehen wir dann da, wir, die wir heilige Knochen
im Orgelaufgang rumgeworfen haben, als wären es die von einem Viech?
Andererseits hatten wir ja nicht gewusst, was in der Kiste ist. Okay. Ich hatte
gewusst, dass Knochen in der Kiste sind, aber dass es sich um heilige Knochen
handelt, hatte ich ja nicht ahnen können!
    Â»Und überhaupt, wieso sollte das Kistl heilig sein? Nur weil der
Ignaz im Orgelaufgang steht?«, schimpfte ich weiter.
    Â»Wegen dene ganzen Rosenkränze. Und dem Heiligenbilderl«, erklärte
Großmutter.
    Â»Heiligenbild?«, fragte ich erstaunt. »Rosenkranz?«
    Â»Na, die waren doch mit in dem Kistl.«
    Â»Hab ich nicht gesehen«, widersprach ich.
    Â»Na, die sind Gott sei Dank nicht rausg’fallen.«
    O. Je.
    Â»Und die Rosl hat gemeint, zwei so alte Rosenkränze, das muss was zu
sagen haben.«
    Na ja. Ich würde Großmutter wahrscheinlich auch den alten Rosenkranz
ins Grab mitgeben. Deswegen war meine Großmutter noch lange nicht heilig. Aber
irgendwie traute ich mich das an dieser Stelle nicht zu sagen.
    Â»Stimmt das?«, fragte ich Max böse. Wenn schon streiten, dann mit
Max und nicht mit Großmutter.
    Â»Was?«, fragte Max scheinheilig.
    Â»Zwei Rosenkränze«, sagte ich streng und schubste seine Hand von
meinem Hintern.
    Seinem Blick nach war das ein Dienstgeheimnis, aber ich konnte ihm
trotzdem ansehen, dass es stimmte. Ich warf Großmutter einen bösen Blick zu.
Das hätte sie mir auch früher sagen können.
    Eine Weile hingen wir unseren Gedanken nach. Großmutter dachte
wahrscheinlich an die Knödel (dass die nicht zerfallen im heißen Wasser). Max
dachte vermutlich an sein »Obduktionsprotokoll«, das er bestimmt erst in einer
Woche bekommen würde. Ich dachte wieder jede Menge unlautere Gedanken, die man
keinem Menschen sagen konnte.
    Â»Hast du eigentlich den Hund gewaschen?«, wollte Großmutter wissen,
die anscheinend doch nicht an das zerkochte Essen dachte. »Der stinkt so,
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