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Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden

Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden

Titel: Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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bemüht, keinen Lärm zu machen, kroch er auf allen vieren am Sims entlang in Richtung Ahornbaum. Dort zog er sich an einem Ast hinauf. Selbst in der Dunkelheit war es kinderleicht, mit den Füßen die in die Rinde geschnittenen Kerben zu finden. Sobald er den Stamm ertastet hatte, ließ sich Jason einfach hinunterrutschen.
    Vorsichtshalber hockte er sich danach eine Weile ins Gebüsch. Er schaute zum Haus und sah, dass Julia ihn von einem Fenster des Turmzimmers aus beobachtete. Er hob eine Hand und winkte, obwohl er sich nicht sicher war, ob sie ihn von dort aus überhaupt sehen konnte.
    Dann schaute er auf die Uhr.
    Fünf Minuten nach Mitternacht.
    Hinten im Garten gab Nestor zum zweiten Mal sein Lichtsignal. Jason schlich darauf zu und durch das Gartentor auf die Straße hinaus zum Motorrad, dessen schwarz lackierter Beiwagen ihn ein bisschen an einen riesigen Skarabäus erinnerte. Nestor, der neben seiner Maschine stand, stellte gerade den Scheinwerfer niedriger, mit dem er ihm die Signale gegeben hatte.
    »Wir sind spät dran«, sagte er zur Begrüßung.
    Er reichte Jason eine lederne Fliegermütze und setzte sich eine zweite selbst auf. Mit der Mütze und der alten Schutzbrille, die er sich über die Augen zog, sah er aus wie der Rote Baron. Jason stieg in den Beiwagen und nahm seinen Rucksack auf den Schoß. Damit niemand auf sie aufmerksam wurde, schaltete Nestor den Motor nicht an, sondern ließ die Maschine im Leerlauf die Küstenstraße hinunterrollen.
    Zehn nach zwölf zeigte die Uhr, die Rick von seinem Vater geschenkt bekommen hatte. Es waren nur noch wenige Meter zum Bahnhof von Kilmore Cove.
    Bis zur Abfahrt blieben ihm zehn Minuten.
    »Nach London«, murmelte der junge Banner und versuchte, sich geistig auf die bisher längste Reise seines Lebens vorzubereiten.
    Jason war immer noch nicht da. Langsam wurde Rick nervös. Er begann, hin und her zu gehen und blieb schließlich an einer dunklen Ecke stehen, einige Meter von der nächsten Straßenlaterne entfernt. Drei Minuten später hörte er Schritte und drehte sich in der Hoffnung um, Jason sei endlich gekommen. Doch anstatt des Freundes marschierten drei dunkle Gestalten auf ihn zu.
    »Jason?«, fragte Rick, der in der Dunkelheit kaum etwas erkennen konnte.
    Dann ging er auf die Gruppe zu. Aber warum waren es drei? Hatte Nestor schließlich doch zugestimmt, dass Julia mitkam? Allein schon die Vorstellung, es könnte so sein, machte ihn glücklich.
    »Julia? Bist du auch dabei?«
    Doch als die drei in den Lichtkegel der Straßenlaterne traten, sah er, dass er sich geirrt hatte.
    »Nein, Banner, ich bin nicht Julia«, lachte der kleine Flint höhnisch. »Und auch nicht dieses Weichei von ihrem Bruder.«
    »Kuckuck!«, sagte der große Flint und schnitt eine Grimasse. »Überraschung!«
    Der mittlere Flint beschränkte sich darauf, zu kichern, und wusste wohl selbst nicht so genau warum.
    »Was machst du denn hier so alleine mitten in der Nacht?«, fragte der kleine Flint grinsend.
    Die Landschaft flog nur so an ihnen vorbei.
    Der kalte Fahrtwind drang unter Jasons Fliegermütze und drückte ihm auf die Ohren. Nestor hatte sich tief über den Lenker gebeugt und legte sich in die Kurven wie ein Rennfahrer.
    In nur wenigen Minuten erreichten sie den Fuß der Klippen von Salton Cliff und rasten am Haus von Doktor Bowen und dem Zentrum von Kilmore Cove vorbei.
    Als sie am Vorplatz des Bahnhofs ankamen, konnten sie Rick nirgends sehen. Jason sprang aus dem Beiwagen und nahm die Fliegermütze ab. Nestor ließ den Motor weiterlaufen und richtete den Strahl des Scheinwerfers auf den Fahrkartenschalter.
    »Hast du auch alles dabei?«, fragte er Jason.
    »Ja, ich glaube schon.«
    »Handelt bitte immer vernünftig und vorsichtig. Und wenn ihr dort seid und nichts finden könnt, dann kehrt sofort nach Hause zurück.«
    »Es wird schon alles klappen.«
    Nestor überlegte. »Medikamente?«, fragte er dann.
    »Ich denke, ich habe alles.«
    »Wörterbuch?«
    »Ja, ist eingepackt.«
    »Die Goldtaler?«
    »Hier«, antwortete Jason und holte einen davon aus der Tasche.
    »Es sind meine Ersparnisse, also versuche, nicht zu viele von ihnen auszugeben.«
    Jason grinste. Dann sah er sich suchend nach seinem Freund um.
    »Los, geh jetzt«, sagte Nestor. »Ihr habt nur noch wenige Minuten Zeit. So wie ich Rick kenne, wartet er schon am Bahnsteig auf dich.«
    Rasch verabschiedeten sie sich voneinander. Jason lief über den Platz und am Bahnhofsgebäude vorbei einen Pfad
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